Beschwerde gegen Bankenunion Abwicklung auf Kosten der Steuerzahler?

Stand: 27.11.2018 12:51 Uhr

Seit vier Jahren werden große Banken in Europa unter dem Dach der EZB überwacht. Für den Notfall zahlen die Eurostaaten zusätzlich Geld in einen Fonds ein. Jetzt befasst sich das Verfassungsgericht mit der Bankenunion.

Einheitliche Bankenaufsicht in ganz Europa - das klingt gut angesichts der vielen Bankenkrisen in den letzten zehn Jahren. Doch eine Gruppe um den Berliner Finanzwissenschaftler Markus Kerber hat größte Bedenken gegen die Überwachung durch die Europäische Zentralbank (EZB).

Sie zog deswegen vor das Bundesverfassungsgericht. Ihre Befürchtung ist, dass mit der neuen sogenannten Bankenunion letztlich deutsche Sparer für notleidende Geldinstitute, vor allem in Südeuropa, zahlen müssen.

Steuerzahler sollen nicht mehr haften

Im November 2014 hat die EZB mit der europäischen Aufsicht begonnen. Sie soll die gut 120 größten Banken im Euroraum selbst überwachen und im Ernstfall auch abwickeln. Falls dafür Geld benötigt wird, soll die EZB sich aus einem gemeinsamen Fonds bedienen können.

Die Idee hinter der gesamten Bankenunion: Die Aufsicht soll von der Regierung des jeweiligen Landes unabhängiger werden. Und es sollen nicht mehr die Steuerzahler in allen EU-Ländern für die Rettung von Banken haften müssen.

So wurde die EZB zum Beispiel im Juni 2017 aktiv: Die sechstgrößte Banks Spaniens, die Banco Popular, besaß kein Geld mehr. Die Kunden hatten so viel abgezogen, dass der Bank der unmittelbare Bankrott drohte.

Die Bankenaufsicht der EZB organisierte den Verkauf an eine andere Bank, an die Banco Santander für genau einen Euro. Die Aktien der Banco Popular waren also nichts mehr wert, die Anleger hatten indirekt die Rettung finanziert. Aber die Sparer konnten immerhin am nächsten Tag wieder ganz normal Geld abheben.

EZB-Gebäude

Seit 2014 hat die Europäische Zentralbank die Aufsicht über die größten Banken in Europa.

Interessenkonflikt der EZB?

Für die Kritiker, die jetzt vors Bundesverfassungsgericht gezogen sind, gibt es aber genügend negative Beispiele. Sie verweisen darauf, dass dagegen die drittgrößte Bank Italiens, Monte die Pasci, 2016 nicht abgewickelt, sondern wieder mit viel Geld aus dem italienischen Steuersäckel gestützt wurde.

Die Aufsicht durch die Europäische Zentralbank ist für sie undurchschaubar. Sie sehen die Machtverlagerung hin zur EZB auch deshalb kritisch, weil diese ja vorrangig für die Preisstabilität zuständig sei. Aus Sicht der Kläger ein Interessenskonflikt. Denkbar zum Beispiel, dass die EZB eigentlich die Leitzinsen erhöhen müsste, um für einen stabilen Euro zu sorgen - dass sie aber davor zurückschrecken könnte, weil ein höherer Zins instabilen Banken das Leben erschwert.

Gibt die "Bankenunion" der EU zu viel Macht?

Ganz besonders kritisch finden die Kläger den gemeinsamen Fonds, mit dem Wackelkandidaten stabilisiert werden sollen. In den müssten zum Beispiel deutsche Banken einzahlen. Die deutsche Regierung könne aber nicht mehr bestimmen, wie das Geld verwendet wird.

Sie beschweren sich deshalb beim Bundesverfassungsgericht: So viel Macht dürfe nicht an die EU abgegeben werden, das sei von den europäischen Verträgen nicht vorgesehen. Deutschland hätte dort nicht mitmachen dürfen, damit habe der Bundestag das gesprengt, was nach dem Grundgesetz erlaubt ist.

Das Bundesverfassungsgericht will heute den ganzen Tag über die Beschwerden verhandeln. Eine Entscheidung kommt aber erst in einigen Monaten.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 25. November 2018 um 18:40 Uhr.