Nach Kritik an Hafenbeteiligung BASF-Chef beklagt "China-Bashing"
Der Chef des Chemie-Konzerns BASF setzt auch weiter auf die Volksrepublik und plant den Ausbau des Engagements dort. Defizite und Risiken gibt es aus seiner Sicht nicht nur mit Blick auf China.
BASF-Chef Martin Brudermüller will in China weiter wachsen - und weiter investieren. "Wir kommen in der Summe zum Schluss, dass es vorteilhaft ist, unser Engagement dort auszubauen", sagte er heute im Rahmen der Veröffentlichung der Zahlen zum dritten Quartal.
Die Aussage des DAX-Chefs steht dabei im starken Kontrast zum schärferen Kurs, den die Bundesregierung gegenüber China fahren will. Beim Treffen der G7-Handelsminister im vergangenen Monat hatte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) eine robustere Handelspolitik gegenüber der Volksrepublik angekündigt. Die "Naivität gegenüber China sei vorbei", sagte er.
Auch der Einstieg der chinesischen Staatsreederei Cosco in die Betreibergesellschaft eines Container-Terminals im Hamburger Hafen hatte zuletzt große Kritik ausgelöst. Dabei geht es auch darum, wie abhängig sich Deutschland wirtschaftlich von der Volksrepublik machen will, wenn sie es nicht schon ohnehin ist. Die Debatte über Geschäftsbeziehungen nach China trifft dabei auch die für Deutschland wichtige Chemiebranche und den Automobilsektor.
"Selbstkritisch auf uns gucken"
BASF-Chef Brudermüller forderte dagegen eine "Resilienz-Strategie" von der Bundesregierung. "Sie sollte hinaus in die Welt blicken und schauen, wo ist etwas nicht so, wie es sein sollte." Es gebe Defizite und Risiken nicht nur mit Blick auf China. "Ich glaube, es ist dringend notwendig, dass wir vom China-Bashing wegkommen und mal etwas selbstkritisch auf uns gucken."
Bereits in einem Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" im April war Brudermüller gefragt worden, wie riskant die Beziehung zu China sei - auch weil der Fall Russland zeige, wie schnell Wirtschaftspartnerschaften mit Autokratien zerbrechen können. Brudermüller antwortete damals, dass China und Russland nicht zu vergleichen seien. "Mit China haben wir keine Energiepartnerschaft, das Land ist für viele deutsche Industrien ein wichtiger Markt". In der Chemie werde China bis 2030 für 50 Prozent des Weltmarktes stehen, ungefähr 75 Prozent des weltweiten Wachstums werde bis dahin in China stattfinden. "Wollen und können wir uns davon verabschieden?", fragte Brudermüller bereits da.
Sorgen um langfristige Entwicklung?
BASF errichtet aktuell etwa einen Verbundstandort in China, für den der Konzern nach früheren Angaben bis 2030 bis zu zehn Milliarden Euro investieren will. Die Volksrepublik bleibe für den DAX-Konzern ein wichtiger Markt. "Wir machen uns um die langfristige Entwicklung keine Sorgen", betonte der BASF-Chef, der nach eigenen Angaben Anfang November Teil der Reisegruppe von Bundeskanzler Olaf Scholz bei dessen Besuch in China sein wird.
Der Konzern hat heute indes auch sein hartes Sparprogramm verteidigt, das Mitte Oktober veröffentlicht wurde und 2023 bis 2024 umgesetzt werden soll. Die Kostenstruktur müsse so schnell wie möglich und auch dauerhaft angepasst werden, sagte Brudermüller dazu und betonte: "Wir müssen als Unternehmen jetzt handeln". Das Sparprogramm soll nach der Umsetzung Einsparungen von jährlich rund 500 Millionen Euro bringen.
Geringes Wachstum und steigende Energiekosten
"Zum einen wächst der europäische Chemiemarkt seit rund einem Jahrzehnt nur noch schwach", zum anderen setzten der deutliche Anstieg der Erdgas- und Strompreise die chemischen Wertschöpfungsketten unter Druck, begründete Brudermüller das Sparprogramm. In den ersten neun Monaten des Jahres hätten sich die Mehrkosten für Erdgas an den europäischen BASF-Standorten auf rund 2,2 Milliarden Euro im Vergleich zum Vorjahreszeitraum belaufen. "Um diese Mehrkosten abzufedern, haben wir weitere Preiserhöhungen umgesetzt", so der Chef.
Europa und insbesondere Deutschland sollen angesichts der sich verschlechternden Rahmenbedingungen im Fokus des Sparprogramms stehen. Mehr als die Hälfte der Einsparungen will der Vorstand am Standort Ludwigshafen realisieren, wo BASF rund 39.000 seiner weltweit etwa 111.000 Mitarbeiter beschäftigt. Sowohl Unternehmens-, Service- und Forschungsbereiche als auch die Konzernzentrale sollen gestrafft werden, hieß es. Dabei schließt das Unternehmen Stellenstreichungen nicht aus.
Der aktuelle Umbau soll jedoch nicht das letzte Sparprogramm bei BASF bleiben. Der Vorstand arbeitet zudem an Maßnahmen zur mittel- und langfristigen strukturellen Anpassung des Produktionsverbunds in Europa, die im ersten Quartal des kommenden Jahres bekanntgegeben werden sollen.
Operatives Ergebnis bricht ein
BASF konnte zwar den Umsatz im dritten Quartal dank höherer Preise und günstiger Wechselkurse im Jahresvergleich um zwölf Prozent auf knapp 22 Milliarden Euro steigern. Das operative Ergebnis - der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Sonderposten - brach jedoch um 28 Prozent auf 1,35 Milliarden Euro ein. Im dritten Quartal sei der operative Gewinn in den beiden Segmenten von 1,5 Milliarden Euro im Vorjahr auf 600 Millionen gesunken.
Der Gewinn nach Steuern ging wegen Wertberichtigungen auf die Mehrheitsbeteiligung am Gas- und Ölkonzern Wintershall Dea von 1,25 Milliarden Euro auf 909 Millionen zurück. Diese Wertberichtigungen seien eine Folge der teilweisen Abschreibung der von Wintershall Dea gehaltenen Beteiligung an der Nord Stream AG, die die Nord Stream 1 Pipeline betreibt. Seit Wochen fließt durch die Pipeline kein Gas mehr von Russland nach Deutschland. Zuletzt gab es mehrere Lecks in der Leitung.
Prognose für 2023 bekräftigt
BASF bekräftigte trotz der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die sich immer weiter eintrüben, die Prognose für dieses Jahr. Brudermüller hatte diese noch Ende Juli angehoben. Demnach rechnet der Ludwigshafener Konzern weiter mit einem Umsatz von 86 bis 89 Milliarden Euro und einem bereinigten operativen Ergebnis von 6,8 bis 7,2 Milliarden Euro.