Rede zur Finanzlage in Italien Berlusconi setzt auf Rechtfertigung statt Kurswechsel
Lang war sie erwartet worden, die Stellungnahme des italienischen Ministerpräsidenten Berlusconi zur wirtschaftlichen Situation seines Landes. Doch viel Neues verkündete er nicht. Statt konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der Lage anzukündigen, lobte er das italienische Bankensystem.
Von Stefan Troendle, ARD-Hörfunkstudio Rom
Das ist keine europäische Krise sondern eine weltweite - und unsere Regierung hat viel gemacht. Das ist in etwa das Fazit der lang erwarteten Rede von Silvio Berlusconi zur wirtschaftlichen Situation Italiens, die am Morgen auch noch kurzfristig auf eine Zeit nach Börsenschluss verschoben wurde.
Was dann 25 Minuten zu hören war, klang eher nach Rechtfertigung und war bestenfalls eine Bestandsaufnahme. Die Situation der Staatsverschuldung sei besser als in anderen Ländern, die italienischen Banken seien stabil und für deren starke Kursverluste gebe es keinen vernünftigen Grund.
"Die Bewertung unserer Staatsanleihen durch die Investoren würdigt nicht die solide Stärke unseres Bankensystems", so Berlusconi. "Die Entwicklung unserer öffentlichen Ausgaben ist das günstigste Ergebnis im Vergleich mit den meisten anderen hochentwickelten Ländern." Die Märkte ignorierten vielmehr die Stärke der italienischen Wirtschaft. Daher müsse das Land noch mehr tun. Nur was, das sagte Italiens Ministerpräsident nicht.
Aufruf zur überparteilichen Zusammenarbeit
Berlusconi äußerte weder Selbstkritik, noch kündigte er einen Kurswechsel oder konkrete weitere Maßnahmen an, die die wirtschaftliche Situation des Landes wieder in Schwung bringen sollen. Er ging erneut auf den vor kurzem verabschiedeten Sparhaushalt ein und auf ein schon beschlossenes Infrastrukturpaket für den armen Süden Italiens, das dort den Aufschwung bringen soll.
Wirtschaftsfachleute kritisierten anschließend, diese Rede hätte Berlusconi auch schon vor drei Monaten halten können. Sie habe nämlich überhaupt nichts Neues enthalten. Allerdings enthielt die Rede ein innenpolitisch interessantes Element: Berlusconi forderte die Opposition zur Zusammenarbeit auf, beschwor den nationalen Zusammenhalt des Landes und lobte sogar Staatspräsident Giorgio Napolitano.
Die Opposition ging auf dieses Angebot nicht ein. Der Chef der Partito Democratico, Pier Luigi Bersani, forderte dagegen erneut Neuwahlen. Er sagte in seiner Erwiderung, alle von der Regierung verabschiedeten Schritte würden ohne einen Wechsel an der Spitze nichts bringen.