FAQ zur Neuberechnung des BIP Drogen für die Konjunktur
Die deutsche Wirtschaft ist heute Früh auf einen Schlag um rund drei Prozent gewachsen - statistisch gesehen. Möglich macht es eine Neuberechnung des BIP. Doch wie funktioniert die? Und warum werden Drogenhandel und Prostitution einbezogen? Ein Überblick.
Warum werden die Zahlen neu berechnet?
"Schuld" sind die Vereinten Nationen. Diese haben 2008 die Einführung eines einheitlichen "System of National Accounts" beschlossen, um Konjunkturdaten weltweit besser vergleichbar zu machen.
Was ist aus deutscher Sicht die wichtigste Änderung?
Das Geld, das Unternehmen in Forschung und Entwicklung stecken, wird künftig als Investition verbucht. Bislang wurden diese Ausgaben vor allem als sogenannte Vorleistungen angesehen und fielen weitgehend aus dem BIP heraus. Auch staatliche Rüstungsausgaben werden künftig anders behandelt: Diese Anschaffungen fallen nicht mehr unter den Staatskonsum, sondern sind ebenfalls Investitionen. Auch Pensionsansprüche und Versicherungen werden anders bewertet.
Was ist mit illegalen Geschäften wie dem Drogenhandel?
Da für das Bruttoinlandsprodukt "grundsätzlich alle wirtschaftlichen Aktivitäten einer Volkswirtschaft" erfasst werden sollen, werden erstmals auch Drogen und geschmuggelte Zigaretten berücksichtigt. Da über illegale Aktivitäten keine amtlichen Bilanzen vorliegen, arbeitet das Statistikamt mit Modellrechnungen und tauscht sich mit Experten - etwa vom Bundeskriminalamt - aus. "Der Einfluss der künftig zu erfassenden illegalen Aktivitäten auf die Höhe des BIP ist gering", meint allerdings das Bundeswirtschaftsministerium. Übrigens, auch die Prostitution - obschon in Deutschland erlaubt - wird statistisch als "illegale Aktivität" erfasst, weil sie anderswo in der EU zum Teil verboten ist.
Was sind die Folgen der Neuberechnung?
Die Wirtschaftsleistung ist um durchschnittlich etwa drei Prozent höher als bislang berechnet, schätzt das Statistische Bundesamt. 2013 betrug die Summe aller hergestellten Produkte und erbrachten Dienstleistungen nach alter Berechnung 2738 Milliarden Euro. Nun sind es 72 Milliarden Euro mehr.
Müssen auch die Wachstumsraten korrigiert werden?
Ja, allerdings nur um wenige Zehntel Prozentpunkte. Das Bruttoinlandsprodukt wird bis in das Jahr 1991 zurückberechnet. Im Schnitt werden die alten Ergebnisse um bis zu 0,3 Punkte angepasst. So wurde das Wachstum für 2013 von ursprünglich 0,4 auf 0,1 Prozent nach unten revidiert.
Welche Folgen hat das für das Defizit?
Deutschlands Schuldenstand - die Verbindlichkeiten des Staates im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung - fällt kleiner aus. Zurzeit betragen die Schulden 78,4 Prozent des BIP. Aufgrund der Neuberechnung dürften es nur noch rund 76 Prozent sein.