Der Vorsitzende der US-Notenbank Jerome Powell macht während des Jackson Hole Economic Symposiums 2023 eine Pause.
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Notenbanker-Treffen in Jackson Hole Wehe, wenn Powell enttäuscht

Stand: 23.08.2024 06:08 Uhr

Wird Fed-Chef Jerome Powell auf dem Notenbanker-Treffen in Jackson Hole die Weichen für größere Zinssenkungen stellen? Die Erwartungen sind hoch - und damit auch das Enttäuschungspotenzial.

Von Angela Göpfert, ARD-Finanzredaktion

Einmal im Jahr wird ein kleiner Skiort im US-Bundesstaat Wyoming zum Nabel der Finanzwelt. Wenn die Federal Reserve Bank of Kansas ihr jährliches Treffen für Zentralbankführer aus aller Welt veranstaltet, hören Anleger, Marktbeobachter und Ökonomen ganz genau hin. Dabei ist es dieses Jahr so spannend, wie schon lange nicht mehr, findet das Stelldichein in Jackson Hole doch just einen Monat vor der Fed-Sitzung am 18. September statt, bei der die US-Notenbank die Zinswende einleiten dürfte.

Vor allem die heutige Rede von Fed-Chef Jerome Powell wird daher die Aufmerksamkeit der Anleger auf sich ziehen, jedes Wort dürfte auf die Goldwaage gelegt werden. Am Markt wird erwartet, dass Powell weitere Klarheit über den Zeitpunkt und den Umfang des bevorstehenden Zinssenkungszyklus schaffen wird.

Fed ist bei Zinswende ein Nachzügler

Während andere große Notenbanken wie die Europäische Zentralbank, die Schweizerische Nationalbank und die Bank of England die Zinswende bereits eingeleitet haben, hielt sich die Fed bislang zurück. Seit über einem Jahr liegt der US-Leitzins nun schon im Bereich von 5,25 bis 5,50 Prozent. Zu lange, wie nicht wenige Experten meinen.

Mit Austan Goolsbee und Mary Daly haben jüngst gleich zwei US-Notenbanker vor einer zu spät eingeleiteten Zinswende gewarnt. Sie haben dabei vor allem negative Effekte für den Arbeitsmarkt im Blick. Im Gegensatz zur Europäischen Zentralbank hat die Fed nämlich ein Doppelmandat: Ihre Aufgabe ist es nicht nur, für stabile Preise zu sorgen, sondern auch für Vollbeschäftigung.

Die Fehler der Vergangenheit

Erst Anfang des Monats hatten schwache Arbeitsmarktzahlen die Furcht vor einer Rezession in den USA geschürt. An den Märkten brach Panik aus. Mittlerweile ist der Kurseinbruch an den globalen Aktienmärkten zwar wieder nahezu komplett ausgebügelt.

Doch einige Marktbeobachter sehen weiterhin Risiken und verweisen auf die geldpolitischen Fehler der Vergangenheit: Auch in den Jahren 2019 und 2020 agierte die Fed aus heutiger Sicht womöglich zu verhalten, zu zögerlich: Sie senkte die Zinsen zu spät - und versäumte es so, die strauchelnde US-Wirtschaft beizeiten wieder anzuheizen.

Großer oder kleiner Zinsschritt?

Tatsächlich ist nun eine erste Zinssenkung im September am Markt bereits fest eingepreist. Die große Frage ist nur, wie hoch diese ausfallen wird. Dem "Fed Watch Tool" der CME Group zufolge rechnen knapp 70 Prozent der Marktteilnehmer mit einem Zinsschritt von 25 Basispunkten. Immerhin 30 Prozent trauen der Fed sogar einen großen Lockerungsschritt von 0,5 Prozentpunkten zu.

Die Experten der Helaba sehen die Wahrscheinlichkeit dafür jedoch als sehr gering an, zur Begründung verweisen sie auf die recht uneinheitlichen US-Konjunkturdaten. Powell selbst hatte auf der Pressekonferenz im vergangen Monat betont, dass 0,5 Punkte "nicht etwas sind, worüber wir im Moment nachdenken".

Das Risiko einer zu kleinen Zinssenkung

Die Befürworter eines großen Zinsschritts argumentieren hingegen, dass die Fed nur so ein "soft landing", also eine weiche Landung der US-Konjunktur und ein Ausbleiben einer Rezession, garantieren könne.

"Sollte die Fed im September nur um 25 Basispunkte lockern, steigt das Risiko, dass sie 'hinter die Kurve' kommt, zumal eine weitere Zinssenkung im November am Tag nach der US-Wahl fraglich erscheint", betont Eckhard Schulte, Vorsitzender des Frankfurter Vermögensverwalters MainSky Asset Management. "Wenn die Fed mit entscheidenden Zinssenkungen wartet, bis sich die Binnennachfrage weiter abschwächt, dürfte es zu spät sein."

Powell-Rede mit Enttäuschungspotenzial

Dabei war es vor allem die Hoffnung auf schnellere und stärkere Zinssenkungen noch in diesem Jahr, welche die Kurse nach dem "Black Monday" am 5. August wieder steil nach oben getrieben hat. Entsprechend groß ist nun das Enttäuschungspotenzial.

"Enttäuscht Powell mit Zurückhaltung, was den September-Termin angeht, droht drei Wochen nach dem ersten Ausverkauf durchaus eine Wiederholung des Geschehens", warnt etwa Jürgen Molnar vom Broker RoboMarkets. "Fed-Chef Powell sollte am Freitag schon einen sehr konkreten Hinweis darauf geben, dass im September die Zinsen gesenkt werden. Alles andere wäre eine große Enttäuschung und für viele Anleger ziemlich irreführend", betont auch Jochen Stanzl, Marktbeobachter bei CMC Markets.

Fallende Aktien, fallender Goldpreis?

Powell hat allerdings gute Gründe, in Sachen Zinsen nicht allzu weit voranzupreschen. Schließlich liegt zwischen seiner Rede in Jackson Hole und der nächsten Fed-Sitzung noch ein Arbeitsmarktbericht. Der Fed-Chef könnte daher nicht zum ersten Mal sein Mantra wiederholen, datenabhängig zu agieren.

Ob das den Märkten angesichts der hochgestochenen Erwartungen genügen wird, ist jedoch fraglich. Neue Turbulenzen an den Aktienmärkten im Nachgang von Jackson Hole sind damit nicht von vornherein ausgeschlossen. Auch der Goldpreis könnte unter Druck geraten, war doch auch hier die Erwartung sinkender Zinsen einer der Treiber der jüngsten Rekordjagd gewesen. Der Job von Jerome Powell ist also einmal mehr nicht der leichteste.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 17. Juli 2024 um 23:20 Uhr.