Massenklage gegen Freihandelsabkommen 125.000 Mal "Nein" zu CETA
Das CETA-Freihandelsabkommen der EU mit Kanada landet vor dem Bundesverfassungsgericht. Mehr als 125.000 Gegner reichten Verfassungsbeschwerde ein. Sie fürchten, dass CETA den Weg für das umstrittene TTIP-Abkommen mit den USA bereiten könnte.
Mehr als 125.000 Unterschriften gegen das CETA-Freihandelsabkommen der EU mit Kanada hat die Initiative "Nein zu Ceta" gesammelt und damit Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingereicht. Die Initiatoren sprachen von der größten Bürgerklage in der Geschichte der Bundesrepublik.
Darüber hinaus beantragten die CETA-Gegner eine Einstweilige Anordnung, mit der eine vorläufige Anwendung des Abkommens vor Abschluss der Ratifizierung in den nationalen Parlamenten der EU verhindert werden soll.
Über 70 Kartons mit Unterschriften
Organisatoren der Klage sind die Verbände Campact, Foodwatch und "Mehr Demokratie". Die Unterschriften der Bürger füllten über 70 Kartons und wurden per Lkw nach Karlsruhe gebracht. Etwa 200 Unterstützer der Initiative reichten die Kartons in einer Menschenkette bis vor das Gerichtsgebäude weiter. "Wir kämpfen für unsere Demokratie", rief Foodwatch-Aktivistin Lena Blanken. Das kurz vor der Unterzeichnung stehende Abkommen der EU mit Kanada müsse dringend verfassungsrechtlich überprüft werden.
CETA als Wegbereiter für TTIP
Die Klage wendet sich unter anderem gegen die Einrichtung sogenannter Investitionsgerichte für Schadenersatzklagen und einen Ausschuss, der zu eigenmächtigen Vertragsänderungen befugt sein soll. Per Eilantrag wollen die Initiatoren verhindern, dass CETA mit der für Ende Oktober geplanten Unterzeichnung für vorläufig anwendbar erklärt wird. Sie sehen in CETA einen Wegbereiter für das umstrittene EU-Freihandelsabkommen TTIP mit den USA.
Schwächung der EU?
CETA verstoße in mehreren Punkten gegen das Grundgesetz, so die Gegner. Es schränke das Recht der Bürger ein, über ihr eigenes politisches Schicksal zu bestimmen. Das Recht der EU und ihrer Mitgliedstaaten, eigenständig Gesetze und andere Regeln zu verabschieden, werde geschwächt. Das in Europa geltende Vorsorgeprinzip im Gesundheits-, aber auch dem Umwelt-, Verbraucher- und Lebensmittelschutz, werde nicht ausreichend abgesichert. Außerdem kritisieren die Gegner, dass nach dem Abschluss des Abkommens Vertragsteile nicht gekündigt werden könnten.
Es ist bereits die fünfte Verfassungsbeschwerde gegen CETA. Erst am Samstag hatte eine 70 Jahre alte Musiklehrerin aus Nordrhein-Westfalen eine Bürgerklage mit mehr als 68.000 Vollmachten eingereicht. Für den Erfolg der Beschwerde spielt die Zahl der Kläger keine Rolle.
Gabriel: Keine Vertrauensfrage auf SPD-Konvent
SPD-Chef Sigmar Gabriel betonte im Interview bei NDRInfo, er sei überzeugt, dass seine Partei trotz der Kritrik das Freihandelsabkommen mittragen wird. Der ausgehandelte Vertrag sei ein Quantensprung gegenüber früheren Regelungen. Es würden Standards gesetzt. Die Abstimmung über die Haltung der SPD zu dem Freihandelsabkommen auf einem Partei-Konvent Mitte September in Wolfsburg werde er nicht mit einer Vertrauensabstimmung über seine Person verbinden, so der Bundeswirtschaftsminister.
Mehr Mitbestimmung Europas
Für das von ihm erwartete Scheitern der Freihandelsgespräche mit den USA machte Gabriel die US-Regierung verantwortlich. Er sei nicht froh über die Entwicklung, doch "was nicht sein kann, ist, dass Europa sich den Vereinigten Staaten unterwirft. So haben die Amerikaner aber die Verhandlungen geführt." Europa müsse ein Interesse daran haben, die Regeln des wachsenden Welthandels mitzubestimmen. Gabriel äußerte aber Skepsis, dass die Kandidaten im US-Präsidentenwahlkampf ein solches Abkommen wollten.