Corona und die Konjunktur Der Staat soll der Wirtschaft helfen
Der Umsatz von Firmen, die Fertigsuppen herstellen, hat sich wegen Corona verdoppelt. In anderen Branchen hat man hingegen eher Angst vor der Pleite. Immer lauter werden daher Forderungen nach einem staatlichen Konjukturprogramm.
Wegen möglicher wirtschaftlicher Folgen der Corona-Epidemie mehren sich die Forderungen an die Bundesregierung, ein Konjunkturprogramm zu beschließen. "Gerade angesichts der sich abzeichnenden Corona-Folgen für die Wirtschaft ist es jetzt höchste Zeit, die Investitionen massiv hochzufahren", sagte Stefan Körzell, Vorstandsmitglied des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB).
Jahrzehntelang sei ohnehin zu wenig in Bildung, Krankenhäuser und Verkehrswege investiert worden. Hinzu komme nun, dass nach Sparrunden im öffentlichen Dienst Personal nicht nur in den Planungsbehörden fehle, sondern auch in den Gesundheitsämtern, die Infektionsschutz- und Quarantänemaßnahmen koordinierten.
DIW fordert "starke Signale"
Ähnliche Forderungen kommen auch vom Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Angesichts möglicher wirtschaftlicher Folgen der Corona-Epidemie sei es wichtig, Vertrauen wieder herzustellen. Das erfordere "starke Signale" wie ein "langfristiges Investitionsprogramm", sagte DIW-Präsident Marcel Fratzscher den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND). "Unternehmen und Verbraucher müssen wissen: In den nächsten Monaten wird es hart, aber langfristig können wir uns darauf verlassen, dass ein Schub kommt."
Am Sonntag wollen die Spitzen von Union und SPD im Koalitionsausschuss mögliche Maßnahmen beraten. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich sagte dem "Handelsblatt", die Regierungsparteien würden dann "wichtige Zeichen setzen". Eine Ausweitung des Kurzarbeitergeldes, gekoppelt mit Weiterqualifizierung, habe die SPD bereits vor dem Ausbruch der Corona-Epidemie vorgeschlagen. "Das kann aber gerade auch jetzt helfen", sagte Mützenich.
Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hatte einen Drei-Stufen-Plan vorgelegt, um die wirtschaftlichen Folgen des Coronavirus abzufedern. Der Plan sieht vor, notfalls bestehende Instrumente wie Kreditprogramme für angeschlagene Firmen auszuweiten und finanziell aufzustocken. In einer letzten Stufe wären demnach "weitergehende strukturelle und konjunkturelle Maßnahmen" denkbar. Dies könnten milliardenschwere Konjunkturprogramme sein.
Sichtbares Zeichen der wirtschaftlichen Folgen: Weil die ITB wegen Corona abgesagt wurde, bleibt auch der Ticketschalter der Messe Berlin geschlossen.
"Wachstum droht fast zum Erliegen zu kommen"
Der Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) sieht angesicht der Unsicherheiten durch die Corona-Epidemie sogar die Gefahr einer Rezession. "Das wirtschaftliche Wachstum droht fast zum Erliegen zu kommen", heißt es im neuen BDI-Quartalsbericht, der gestern vorgelegt wurde.
Die Bundesregierung sollte sowohl gezielte Stützungsmaßnahmen als auch langfristige Wachstumsmaßnahmen prüfen. Es gebe ohnehin einen massiven Investitionsstau in Deutschland, so der BDI. Erforderlich seien Investitionen in die Verkehrs- und Digitalinfrastruktur, in Bildung, Forschung und Klimaschutz. Notwendig sei ein auf mindestens zehn Jahre angelegtes, verlässliches Investitionspaket, mit ersten Maßnahmen noch in diesem Jahr. Zudem fordert der BDI, ohne weitere Verzögerungen die Regelungen für eine erleichterte Kurzarbeit wie in den Jahren der Finanzkrise 2008/2009 in Kraft zu setzen.
112 Prozent Plus bei Fertigsuppen
Wie groß die negativen Folgen für Deutschlands Wirtschaft tatsächlich sein werden, lässt sich derzeit noch nicht seriös abschätzen. Es gibt Branchen wie die Hotellerie, die schon jetzt stark betroffen sind - etwa durch die Absage von Messen wie der ITB oder die Stornierung von Reisen.
Andere - wie etwa die Hersteller haltbarer Lebensmittel - profitieren derzeit sogar: Laut Forschungsinstitut GfK stiegen die Umsätze bei Nudeln, Fisch- und Obstkonserven im Vergleich zur Vorwoche um rund 70 Prozent, bei Fertigsuppen sogar um 112 Prozent. Der gesamte Lebensmitteleinzelhandel verzeichnete damit in der vorigen Woche über alle Waren ein Plus von 14 Prozent.