Delivery Hero Berlin

Nach Wirecard-Pleite Delivery Hero steigt in den Dax auf

Stand: 19.08.2020 23:19 Uhr

Der Essenslieferdienst Delivery Hero steigt in den Deutschen Aktienindex auf. Das Berliner Unternehmen profitiert von der Insolvenz des Finanzdienstleisters Wirecard.

Der internationale Online-Bestelldienst Delivery Hero ist in den Deutschen Aktienindex aufgenommen worden. Das Unternehmen mit Sitz in Berlin übernimmt im Leitindex den Platz von Wirecard, wie die Deutsche Börse in Frankfurt mitteilte. Der Zahlungsdienstleister ist nach einem milliardenschweren Bilanzskandal insolvent. Delivery Hero wird nach dem Immobilienkonzern Deutsche Wohnen innerhalb weniger Wochen das zweite Berliner Unternehmen, das in die erste Börsenliga aufsteigt.

In der Corona-Krise zählt Delivery Hero zu den Profiteuren. Das einstige Start-up betreibt in mehr als 40 Ländern Bestellplattformen für Essen lokaler Anbieter und beschäftigt 25.000 Mitarbeiter, davon rund 1300 in Berlin. Die Angestellten vermitteln Lieferdienste zwischen Restaurants und deren Kunden. Das meiste Geld stammt aus Provisionen, die die teilnehmenden Restaurants bezahlen. Darüber hinaus betreibt Delivery Hero auch eigene Lieferdienste und Großküchen.

Hälfte des Umsatzes im Nahen Osten

Bestellungen deutscher Kunden nimmt das Unternehmen seit vergangenem Jahr allerdingst nicht mehr entgegen: Das Deutschlandgeschäft mit den Marken Pizza.de, Lieferheld und Foodora wurde verkauft. Der niederländische Konkurrenten Takeaway hat es in seine eigene Plattform Lieferando eingegliedert.

Mehr als die Hälfte des Umsatzes hat Delivery Hero 2019 im Nahen Osten und Nordafrika gemacht. Noch schreibt das Unternehmen aber rote Zahlen. Im ersten Halbjahr lag der um Sonderposten bereinigte Verlust vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen nach vorläufigen Zahlen bei 319,5 Millionen Euro. Die endgültige Halbjahresbilanz folgt am 27. August.

Delivery Hero ist zweitjüngstes Dax-Mitglied

Dank des starken Wachstums in der Coronakrise haben die Berliner die Prognose für das Gesamtjahr bereits erhöht. Erwartet wird ein Umsatz zwischen 2,6 und 2,8 Milliarden Euro und damit nahezu eine Verdoppelung gegenüber dem Vorjahr. Das 2011 gegründete Unternehmen ist das zweitjüngste Dax-Mitglied nach der Bayer-Ausgründung Covestro. Chancen auf den Dax-Aufstieg waren auch dem Duftstoff- und Aromenhersteller Symrise aus Holzminden in Niedersachsen eingeräumt worden.

Wirecard hatte aufgrund des Bilanzskandals um mutmaßliche Luftbuchungen erheblich an Wert an den Finanzmärkten verloren. Die Deutsche Börse überarbeitete angesichts der Insolvenz des Dax-Mitglieds zudem ihr Regelwerk nach Beratungen mit Marktteilnehmern. Gemäß den neuen Vorgaben werden zahlungsunfähige Unternehmen nun mit einer Frist von zwei Handelstagen aus den Dax-Auswahlindizes genommen. Wirecard hatte erst September 2018 den frei gewordenen Platz der Commerzbank im Dax eingenommen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete B5 aktuell am 20. August 2020 um 06:11 Uhr und 07:10 Uhr.