EU-Ausschuss zum Abgasskandal Konservative befürchten "Hexenjagd"
Ein Jahr hat der U-Ausschuss des EU-Parlaments Zeit, den VW-Abgasskandal zu beleuchten und Verfehlungen aufzudecken. Doch die Konservativen sehen den Ausschuss skeptisch - sie befürchten eine "Hexenjagd" auf die Autoindustrie.
Dem lettischen EU-Abgeordneten Krisjanis Karins war der Ärger deutlich anzumerken: Gerade hat zum ersten Mal der neue Untersuchungsausschuss des EU-Parlaments zur Abgas-Affäre getagt. Wäre es nach seiner Fraktion gegangen - der mächtigen, konservativen Europäischen Volkspartei - hätte er der Vorsitzende des Ausschusses sein sollen.
Es kam anders: Die belgische Sozialdemokratin Kathleen Van Brempt setzte sich durch, gestützt von Grünen und Linken. "Die Sozialisten haben mit den Kommunisten und anderen Mitgliedern der extremen Linken eine Koalition gebildet. Offenbar, um die Kontrolle über den Ausschuss an sich zu reißen. Sie haben die Mehrheit, so funktioniert Politik", sagte Karins.
Warum die Konservativen den Untersuchungsausschuss zur Diesel-Affäre überhaupt führen wollten, obwohl sie ihn eigentlich ablehnen, erklärte er hinterher so: "Wir haben die Sorge, dass hier eine Hexenjagd auf die Autoindustrie veranstaltet werden soll. Dabei haben wir mit unseren Umweltgesetzen die europäische Diesel-Industrie erst erschaffen. Es wäre sehr ungerecht, die Industrie dafür verantwortlich zu machen."
Klare Aufgaben, deutliche Hinweise
Dabei ist die Aufgabe des Ausschusses, der auf die Abkürzung EMIS hört, recht klar definiert: Die 45 Abgeordneten sollen innerhalb eines Jahres prüfen, ob es bei der EU-Kommission und den nationalen Regierungen der EU-Mitgliedsländern Versäumnisse bei der Kontrolle von Dieselmotoren gab und ob europäisches Recht nicht oder nur halbherzig angewendet wurde. Hinweise auf Verfehlungen gibt es genug: So wusste die Kommission schon 2012 von Manipulationen bei Abgastests.
Besonders die konservativen Abgeordneten haben nun Angst, dass es der Untersuchungsausschuss vor allem Europas Autobauer, die viel Geld in Dieseltechnologie investiert haben, an den Pranger stellen wird - und dadurch Jobs in der Industrie gefährdet sein könnten. Allen voran in Wolfsburg bei VW. "Es ist definitiv kein Volkswagen-Ausschuss, wir haben gar kein Volkswagen-Mandat. Insofern: Es ist kein VW-Ausschuss, es ist ein Abgas-Untersuchungsausschuss", stellte der niedersächsische EU-Parlamentarier Jens Gieseke von der CDU klar.
Hier gehe es nicht darum, einzelne Autohersteller anzuklagen, sondern um geltende Umweltgesetze durchzusetzen und die europäische Autoindustrie zukunftsfähig zu machen, sagen die Sozialdemokraten.
Die Grünen geben sich kämpferisch
Etwas kämpferischer klang das bei den Grünen: Deren Vorsitzende Rebecca Harms kündigte an, schon bald den ehemaligen EU-Industriekommissar Antonio Tajani in den Ausschuss einladen zu wollen. Tajani war von 2010 bis 2014 für die Autoindustrie zuständig - und ist heute Abgeordneter in der EVP-Fraktion.
Und Harms würde auch Tajanis Vorgänger, den ehemaligen EU-Kommissar Günter Verheugen, vorladen. "Der hat die gesamten Regulierungen, die für die Autoindustrie gemacht wurden, unter sehr starker Einbeziehungen der Industrie gemacht. Mich interessiert jetzt auch mal seine Haltung dazu", sagt Harms.
Zwölf Monate haben die 45 Abgeordneten im Ausschuss nun für die Aufarbeitung des Abgas-Skandals Zeit. Das nächste Treffen soll am 22. März stattfinden.