Folgen der Zinswende Zinsen für Dispokredite steigen deutlich
Die von der EZB eingeleitete Zinswende erreicht jetzt die Girokonten. Wer sein Konto überzieht, muss häufig mit deutlich höheren Dispozinsen rechnen. Viele Verbraucher könnten zusätzlich unter Druck geraten.
Nach einer Untersuchung der Zeitschrift "Finanztest" hat der Zinssatz für das Überziehen von Girokonten zuletzt deutlich zugelegt. Im Rahmen einer Stichprobe habe der Zinssatz im Mai im Schnitt bei 9,25 Prozent gelegen, wie Finanztest-Expertin Heike Nicodemus sagte. Bei noch 99 Kontomodellen war er damals nicht höher als acht Prozent. Bis Mitte November stieg der Zinssatz jedoch auf durchschnittlich 9,89 Prozent.
"Wenn Kreditinstitute derzeit die Dispozinsen erhöhen, dann gleich kräftig. Die Dynamik hat sich seit Mai verstärkt", meint die Finanzexpertin. Nur noch 69 Modelle von insgesamt knapp 440 wiesen nicht mehr als acht Prozent auf. Im teuersten Fall waren es 13,92 Prozent. "Alles bis acht Prozent ist aus unserer Sicht noch vergleichsweise günstig", so Nicodemus.
Schnelle Erhöhung bei den Dispozinsen
Wer ein Girokonto hat, kann es in der Regel bis zu einer festgelegten Summe überziehen. Nehmen Verbraucher den Kredit in Anspruch, müssen sie dafür in den allermeisten Fällen Zinsen zahlen. Der Dispozins ist dabei an einen Referenzzins wie den Drei-Monats-Euribor gekoppelt. Der Euribor gehe bei steigenden Zinsen zeitversetzt nach oben, berichtete Nicodemus. "Banken müssten die Erhöhung nicht umsetzen, aber sie können es. Wir haben festgestellt, dass Kreditinstitute im Schnitt vergleichsweise schnell die Zinsen erhöhen."
Steigende Dispozinsen können Verbraucher in Zeiten hoher Teuerungsraten zusätzlich in Bedrängnis bringen. "Ich vermute, dass manche Verbraucherinnen und Verbraucher angesichts der steigenden Inflation schneller in den Dispo rutschen werden als in der Vergangenheit", sagte Nicodemus.
Mehr Menschen mit Zahlungsproblemen
Auch nach Daten des Verbraucherportals Biallo sind die Dispozinssätze gestiegen. Noch teurer kann es unter Umständen werden, wenn der eingeräumte Disporahmen überschritten wird. Dem Portal zufolge wurden in diesem Fall nach Daten von knapp 1200 ausgewerteten Geldhäusern im Schnitt Überziehungszinsen von 12,39 Prozent fällig, im Oktober 2021 waren es noch 12,29 Prozent.
Nach einer Untersuchung der Wirtschaftsauskunftei Schufa von Anfang Oktober haben 24 Prozent der 1000 befragten Verbraucher in den vergangenen sechs Monaten ihr Konto überzogen. Ein Viertel zögerte die Zahlung von Rechnungen hinaus - bis zur Zahlungsfrist oder sogar darüber hinaus. Von August bis Oktober sei die Zahl der Personen mit sogenannten Zahlungsstörungen im Vergleich zum Vorjahr um 20 Prozent gestiegen. Schufa-Vorstandsmitglied Ole Schröder sprach von einer beunruhigenden Entwicklung.
Diskussion um Zinsdeckel
Verbraucherschützern zufolge sind zu hohe Dispozinsen schon lange ein großes Ärgernis für Verbraucherinnen und Verbraucher. "Die Forderung nach einem Deckel ist vielfach aufgeworfen, aber nie ernsthaft aufgegriffen worden", sagte Dorothea Mohn, Leiterin Team Finanzmarkt beim Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv).
Neben der Höhe des Zinses sollte alles dafür getan werden, dass der Dispo richtig genutzt werde, also als kurzfristige Überbrückung vorübergehender Liquiditätsengpässe. "Banken müssen mit in die Verantwortung genommen werden, dafür zu sorgen, dass der Dispo nicht zur Überschuldungsfalle wird", forderte Mohn.