Italiener soll neuer EZB-Chef werden Deutschland unterstützt Draghis Kandidatur
Im Juni soll der EU-Gipfel entscheiden, wer neuer Präsident der Europäischen Zentralbank wird. Nun legte sich die Bundesregierung auf einen Kandidaten fest: Sie unterstützt die Bewerbung des italienischen Notenbankchefs Draghi. Die FDP ist mit dieser Entscheidung nicht glücklich.
Die Bundesregierung hat sich für den italienischen Notenbankpräsidenten Mario Draghi als neuen Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB) ausgesprochen. Sofern die Kandidatur angemeldet werde, "werden wir sie unterstützen", sagte Regierungssprecher Christoph Steegmans. Die Regierung habe ihre Entscheidung nach Vorgesprächen auf nationaler und internationaler Ebene getroffen. Italien will Draghi voraussichtlich am kommenden Montag beim Treffen der Finanzminister der Eurogruppe offiziell ins Rennen schicken.
"Draghi steht unserer Vorstellungen nahe"
"Ich kenne Mario Draghi. Er ist eine sehr interessante und erfahrene Persönlichkeit", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel der Wochenzeitung "Die Zeit". "Er steht unseren Vorstellungen von Stabilitätskultur und solidem Wirtschaften sehr nahe", betonte Merkel.
Der bisherige EZB-Präsident Jean-Claude Trichet scheidet im Herbst aus dem Amt Die Entscheidung über einen Nachfolger soll auf dem EU-Gipfel am 24. Juni in Brüssel getroffen werden. Deutschland schickt nach dem Rückzug von Ex-Bundesbank-Chef Axel Weber, der ursprünglich als aussichtsreicher Bewerber für die Trichet-Nachfolge galt, keinen eigenen Kandidaten ins Rennen.
Merkel telefonierte mit Berlusconi
Frankreich und Italien unterstützen die Kandidatur Draghis. Deutschland hatte sich aber bislang zurückgehalten. Gestern telefonierte Merkel mit dem italienischen Ministerpräsident Silvio Berlusconi. Dabei wurde laut Regierungssprecher Steffen Seibert über "alle anliegenden europäischen Themen sowie internationale Fragen" gesprochen. Somit dürfte es auch um die deutsche Unterstützung für die Kandidatur Draghis gegangen sein.
Die FDP ist mit der Rückendeckung der Bundesregierung für die Kandidatur des italienischen Notenbankchefs unzufrieden. Zwar stehe die Qualifikation Draghis außer Frage, sagte der FDP-Finanzpolitiker Volker Wissing der Online-Ausgabe des "Handelsblatts". Wichtig sei aber auch, "dass die Personalentscheidung in ein Gesamtpaket von Maßnahmen eingebettet wird", ergänzte er. "Wir müssen den Finanzmärkten glaubhaft versichern, dass sich die Euro-Länder einer nachhaltigen Stabilitätskultur verpflichtet fühlen." Aus der SPD wurden Stimmen laut, die davor warnten, Draghi zu beschädigen. "Der Mann ist schlicht gut. Er kennt die Politik, die Verwaltung und das Bankgeschäft", sagte Fraktionsvize Joachim Poß dem "Handelsblatt". Es gebe keinen Grund, am Stabilitätswillen Draghis zu zweifeln. Er warf Kanzlerin Angela Merkel ein "Geschachere" um die Personalie des künftigen EZB-Präsidenten vor.