Krisentreffen von Sarkozy und Merkel Gipfel-Vorspiel in Frankfurt am Main
Krisentreffen statt Feierstunde: Eigentlich wollte man den Abschied des EZB-Präsidenten Trichet richtig feiern, doch bis zum Wochenende muss der Weg aus der Schuldenkrise feststehen. Der Druck ist hoch. Frankreichs Präsident Sarkozy kam kurzerhand nach Frankfurt, um mit der Kanzlerin sowie EU- und IWF-Vertretern zu beraten.
Wenige Tage vor dem EU-Gipfel zur Eurokrise steigt der Druck, ein umfassendes Paket gegen die Schuldenkrise zu beschließen. Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy reiste überraschend nach Deutschland, um mit Bundeskanzlerin Angela Merkel sowie Vertretern der EU und des Internationalen Währungsfonds (IWF) über Lösungen zu beraten. Sarkozy war daher bei der Geburt seiner Tochter nicht dabei: Carla Bruni brachte am Abend in Paris das erste gemeinsame Kind der Sarkozys zur Welt.
Kein Kommentar nach dem "informellen Treffen"
An den Gesprächen am Abend in Frankfurt am Main nahmen auch der scheidende Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Jean-Claude Trichet, sein Nachfolger Mario Draghi, EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy und EU-Kommissionschef José Manuel Barroso sowie die Leiterin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, teil. Hinzu kamen noch die Finanzminister Deutschlands und Frankreichs, Wolfgang Schäuble (CDU) und François Baroin. Es handele sich um ein "informelles Treffen" zur Vorbereitung des EU-Gipfels am Wochenende, teilte der Elyséepalast in Paris mit.
Das Gespräch dauerte rund zwei Stunden. Offizielle Stellungnahmen gab es danach nicht. Nach Angaben von deutschen Regierungskreisen ging es bei den Beratungen über Fragen zur Stabilisierung der Euro-Zone. Thema dürfte auch der Euro-Rettungsschirm gewesen sein - und hier vor allem die Frage, wie er schlagkräftiger gemacht werden soll.
Kanzlerin Merkel hatte zuvor die Verabschiedung von "Mr. Euro", Jean-Claude Trichet vom Amt des EZB-Präsidenten genutzt, um erneut für eine Änderung der europäischen Verträge zu werben. "Wir müssen die Krise als Chance ergreifen und auch zu unkonventionellem Handeln bereit sein. Für mich sind Vertragsänderungen kein Tabu."
Merkel fordert schon lange eine eine härtere Gangart gegenüber Schuldensündern in der Euro-Zone. Für Fälle, in denen Staaten sich nicht an die Stabilitätsverpflichtungen halten, soll es möglichst schnell "ein Durchgriffsrecht" geben. Notfalls müssten Staaten einen Teil der Souveränität abgeben. Änderungen der EU-Verträge sind aber schwer durchzusetzen, weil alle 27 EU-Länder zustimmen müssen.
Knackpunkt: Kredithebel
Ein Knackpunkt vor dem Gipfel ist die Frage, wie mit den Mitteln im Euro-Rettungsfonds (EFSF) durch einen finanztechnischen Hebel eine größere Wirkung erzielt werden kann. Ein Sprecher Schäubles dementierte Berichte, wonach es eine Einigung gibt, um die Wirkung der verfügbaren 440 Milliarden Euro auf ein und zwei Billionen Euro zu "hebeln".
Stattdessen werde über Möglichkeiten diskutiert, den Rettungsschirm unter der klar definierten Obergrenze so effizient wie möglich zu nutzen. "Es geht um nichts anderes als um die Frage: Wie weit kommen wir mit dem Sprit, den wir haben", sagte der Ministeriumssprecher. Durch einen Kredithebel könnten die vorhandenen Finanzmittel dafür sorgen, dass weitaus mehr Geld in die Stützung hoch verschuldeter Euro-Staaten fließt.
Genaue Summe völlig offen
Zuvor hatte die britische Zeitung "The Guardian" unter Berufung auf EU-Diplomaten berichtet, dass sich die Regierungen Deutschlands und Frankreichs auf das Ziel geeinigt hätten, den EFSF durch einen Kredithebel faktisch auf zwei Billionen Euro aufzustocken. Weder die angebliche Einigung noch die genannte Summe wurden offiziell bestätigt.
EU-Währungskommissar Olli Rehn wollte sich zu Einzelheiten der künftigen Befugnisse des EFSF nicht äußern. "Daran arbeiten wir noch", sagte er und fügte hinzu: "Wir wollen Flexibilität und Effizienz des EFSF stärken." Auch EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso verlangte eine Stärkung des Euro-Rettungsschirms.
Die Bundesregierung will die Fraktionen nach Angaben des Finanzministeriums so früh wie möglich über den Entwurf informieren, über den die Staats- und Regierungschefs bei ihrem Gipfel am Sonntag beraten wollen. Die Unionsfraktion plant für morgen eine Sondersitzung, um über die Pläne zu beraten. Auch die FDP-Fraktion erwägt eine Sondersitzung.
Rechnungshöfe wollen mitreden
Unterdessen meldet die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (FAZ), dass die Rechnungshöfe der EU-Staaten die Finanzkontrolle über den geplanten Rettungsschirm ESM beanspruchen. In einem Papier für das Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs am kommenden Wochenende fordern die Rechnungshöfe demnach Parlamente und Regierungen auf, die Satzung des ESM um Vorschriften für eine "wirksame externe Finanzkontrolle" zu erweitern, wie das Blatt unter Berufung auf eine Stellungnahme der Rechnungskontrollbehörden berichtet.
Verbesserte Kontrollbestimmungen seien Grundvoraussetzung, um eine unabhängige und objektive Unterrichtung der Parlamente zu gewährleisten und "prüfungsfreie Räume" zu vermeiden. Initiator des Papiers sei der Präsident des Bundesrechnungshofes, Dieter Engels.