Betreiber von AKW Isar 2 E.ON warnt vor Reservebetrieb
Der Betreiber des AKW Isar 2 hat das Wirtschaftsministerium vor einem Reservebetrieb der Anlage gewarnt - man habe keine Erfahrungswerte, heißt es in einem Brief, der dem ARD-Hauptstadtstudio vorliegt. Minister Habeck reagiert "irritiert".
Der Energiekonzern E.ON und dessen Tochter Preussen Elektra gehen in der Frage eines Weiterbetriebs seines Atomkraftwerks Isar 2 auf Konfrontationskurs zur Bundesregierung. "Wir haben am Montagabend kommuniziert, dass Kernkraftwerke aus technischen Gründen nicht für einen Reservekraftwerksbetrieb geeignet sind. Sie können davon ausgehen, dass wir auch dazu im Austausch mit der Bundesregierung sind", sagte ein E.ON-Sprecher auf Anfrage der Nachrichtenagentur Reuters.
Das Schreiben von Preussen Elektra-Chef Guido Knott ging an den Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, Patrick Graichen. Knott schreibt: "Zwei der drei laufenden Anlagen zum Jahreswechsel in die Kaltreserve zu schicken, um sie bei Bedarf hochzufahren, ist technisch nicht machbar und daher ungeeignet, um den Versorgungsbeitrag der Anlagen abzusichern."
Warnung bereits Ende August?
Man habe das Bundeswirtschaftsministerium bereits im August davon unterrichtet, dass im Reservebetrieb "ein flexibles Anheben oder Drosseln der Leistung nicht mehr möglich ist". Dies gelte umso mehr, wenn der Meiler komplett heruntergefahren sei und die Brennstäbe schon an das Ende ihrer Leistungsfähigkeit kämen. "Dann nämlich ist mit den eingeschränkten Möglichkeiten eines solchen Reaktorkerns ein Wiederanfahren im fortgeschrittenen Streckbetrieb nicht und schon gar nicht kurzfristig innerhalb einer Woche machbar", heißt es weiter.
Knott wies darauf hin, dass sein Unternehmen mit einem solchen Prozedere keine Erfahrungswerte habe. Er warnt deshalb, diese Option eines Wiederanfahrens ausgerechnet für diesen Winter zu erwägen. "Das Austesten einer noch nie praktizierten Anfahrprozedur sollte nicht mit einem kritischen Zustand der Stromversorgung zusammenfallen." Offenbar sieht Knott vor allem in der angespannten Lage der europäischen Stromnetze ein Risiko.
Betreiber erbittet "kurzfristige Klarheit"
Laut Knott kann das AKW Isar 2 mit den noch vorhandenen Brennelementen "eine Stromproduktion von vier Terawattstunden und eine gesicherte Leistung von bis zu 1400 Megawatt für den Strommarkt" zur Verfügung stellen. Der Reservebetrieb müsse aber intensiv vorbereitet werden; dies müsse bis Ende Oktober abgeschlossen sein. Daher bitte Preussen Elektra um "kurzfristige Klarheit", ob das AKW über den Jahreswechsel hinaus am Netz bleiben solle. Außerdem bot Knott dem Ministerium "nochmals ein Fachgespräch an, in dem wir die Möglichkeiten und Grenzen eines Winterbetriebs gerne persönlich erläutern".
Neue Gespräche sollen Klärung bringen
Wirtschaftsminister Robert Habeck reagierte irritiert: "Ich hab den Brief von Preussen Elektra mit einiger Verwunderung zur Kenntnis genommen", sagte er in Berlin. Ein Hoch- und wieder Herunterfahren der Anlagen sei nicht geplant - Preussen Elektra habe das Konzept Notfallreserve nicht verstanden.
Vorgesehen sei vielmehr, "einmal zu entscheiden, ob man die Kraftwerke braucht oder nicht". Das könne im Dezember, Januar oder Februar geschehen. "Das ist offensichtlich an den Technikern von Preussen Elektra vorbeigegangen", sagte Habeck. Er verwies auch auf den früheren Brief des Unternehmens aus dem August. Darin habe der Kraftwerksbetreiber noch geschrieben, dass die Anlagen auch bei einem längeren Streckbetrieb einen kurzen Stillstand bräuchten. Habeck sieht darin einen Widerspruch. In neuen Gesprächen solle nun geklärt werden, was gelte.
Nach dem Vorstellen der Stresstest-Ergebnisse hatte Habeck angekündigt, die Meiler Isar 2 und Neckarwestheim 2 bis Mitte April als Reservekraftwerke nutzen zu wollen.