Wirtschaftsausblick der EU-Kommission Wachstum dank Flüchtlingen
Die EU-Kommission rechnet mit einer positiven Wirtschaftsentwicklung in Europa. Ein Grund: Die Flüchtlinge, die auf den Kontinent drängen. Das stellt "herrschende Vorurteile in Frage", sagte der zuständige Kommissar Moscovici.
Von Kai Küstner, ARD-Hörfunkstudio Brüssel
Die Theorie, dass die vielen Flüchtlinge eine Art Mini-Konjunktur-Programm für Europas Wirtschaft bedeuten, gibt es schon länger. Die EU-Kommission stützt mit ihren Vorhersagen jetzt diese Annahmen.
Die nämlich kommt zu dem Schluss: Die Neuankömmlinge dürften das Wachstum in Europa beleben, wenn auch in bescheidenem Maße: "Das Bruttoinlandsprodukt dürfte sich dadurch bis zum Jahr 2017 um 0,2 bis 0,3 Prozent erhöhen. Ich denke, diese Erkenntnis stellt einige herrschende Vorurteile über Flüchtlinge in Frage", erklärte der für Wirtschaft und Finanzen zuständige EU-Kommissar Pierre Moscovici.
Gerade Deutschland profitiert
Migranten dürften vor allem deshalb als Konjunktur-Kurbel wirken, weil künftig schlicht mehr Arbeitskräfte und Steuerzahler zur Verfügung stehen. Zudem pumpen die Regierungen gerade Geld in die Wirtschaft, um die Versorgung der Schutzsuchenden sicherzustellen.
Mahnend heißt es aus Brüssel allerdings auch: es müsse die richtige Politik gemacht werden, die Flüchtlingen bei der Integration und beim Zugang zum Arbeitsmarkt helfe. "Die Zahlen sind noch mit Vorsicht zu genießen. Aber es ist unwahrscheinlich, dass sich der Zustrom von Flüchtlingen negativ auswirkt. Oder dass dadurch andere Menschen aus dem Arbeitsmarkt verdrängt werden."
Gerade die deutsche Wirtschaft übrigens wird nach Angaben der EU-Kommission von den Flüchtlingen profitieren. Insgesamt rechnet Brüssel mit drei Millionen Asylsuchenden von diesem Jahr an gerechnet bis Ende 2017. Dies ist genau der Zeitraum, auf den sich auch der heute vorgestellte Wirtschaftsausblick der EU insgesamt bezog. Knapp zusammengefasst fällt der aus Sicht der Kommission so aus: "Der wirtschaftliche Aufschwung ist da. Und er wird sich auch in den Jahren 2016 und 2017 fortsetzen."
Zwei Prozent Wirtschaftswachstum in der EU
Um zwei Prozent werde die Wirtschaft zum Beispiel im kommenden Jahr in der EU insgesamt wachsen, rechnete Moscovici vor. Besonders hilfreich sind dabei die niedrigen Energiepreise und der schwache Euro-Wechselkurs. Dennoch spricht die Kommission insgesamt von einem "gemäßigten Wachstum".
Deutschland befindet sich aus Sicht von Brüssel in gutem Zustand. In Griechenland hingegen schrumpft die Wirtschaft in diesem Jahr. Wirkliche Erholung wird erst für 2017 erwartet. Und dann ist da noch das Schwergewicht Frankreich: Zwar nimmt die Wirtschaft hier wieder Fahrt auf, doch Paris wird weiterhin zu viele Schulden machen, prognostiziert Brüssel. Auch 2017 werde das Minus im Staatshaushalt über der erlaubten drei-Prozent-Marke liegen. Das dürfte für Diskussionen sorgen. Zumal in Europa infolge der Griechenland-Krise gerade eine zaghafte Debatte über eine Vertiefung der Finanzpolitik in der EU begonnen hatte. Angestoßen hatte die übrigens Defizit-Sünder Frankreich.