Grundzüge des neuen Finanzrahmens stehen EU-Gipfel einig über 960-Milliarden-Plan
Reden, schweigen, ringen in Brüssel: Nach stundenlangen Verhandlungen haben sich die Staats- und Regierungschefs grundsätzlich auf den Finanzrahmen für die kommenden sieben Jahre geeinigt. Die Obergrenze liegt demnach bei 960 Milliarden Euro. Für Parlamentspräsident Schulz ist das Papier nicht zustimmungsfähig.
Nach einer langen Gipfelnacht haben sich die 27 EU-Staats- und Regierungschefs offenbar grundsätzlich auf einen Finanzpakt für die kommenden sieben Jahre verständigt.
Wie aus Verhandlungskreisen bekannt wurde, stimmten die Gipfelteilnehmer einem Vorschlag von Ratspräsident Herman Van Rompuy zu. Der Kompromiss sieht für die Jahre 2014 bis 2020 sogenannte Verpflichtungsermächtigungen von 960 Milliarden Euro vor. Das sind rund 12 Milliarden weniger als beim gescheiterten ersten Haushaltsgipfel im November diskutiert. Verpflichtungsermächtigungen sind über mehrere Jahre laufende Zahlungsversprechen. Für tatsächliche Auszahlungen sieht das Papier rund 908 Milliarden Euro vor.
Unklar ist noch, wie und vom wem die Haushaltstöpfe genau gefüllt werden. Nach Angaben von ARD-Korrespondentin Marion von Haaren werden bis auf Italien alle bisherigen Nettozahler zur Kasse gebeten. Deutschland würde jährlich 1,2 bis 1,3 Milliarden Euro mehr bezahlen.
Ein Vorschlag für die Geberländer?
Die gemeinsamen Beratungen waren kurz nach Mitternacht unterbrochen worden, weil die Kluft zwischen den Geber- und den Nehmerländern immer noch zu groß gewesen war. Es folgten intensive Einzelgespräche unter anderem mit Bundeskanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Präsident Francois Hollande und dem britischen Premierminister David Cameron. Mit seinem neuen Vorschlag kommt Van Rompuy nun diesen und anderen Geberländern entgegen.
Schulz: Parlament wird nicht zustimmen
Die EU-Kommission hatte für die Jahre 2014 bis 2020 ein Budget in Höhe von gut einer Billion Euro gefordert, was aber von einer Reihe von Staaten als zu hoch abgelehnt wurde. Viele sogenannte Nehmerstaaten wiederum lehnten weitere Einsparungen ab.
Fraglich ist auch, ob das Europäische Parlament dem Kompromiss zustimmen wird. Für Parlamentspräsident Martin Schulz ist der Fall klar. "Verantwortungsvolle Parlamentarier" würden diese "Defizit-Union" nicht mittragen, sagte er im ZDF-Morgenmagazin. Und er fügte hinzu: Wenn ein Parlament einen Haushalt zurückweist, dann ist er abgelehnt. "Wir beschließen gerade ein Defizit, und das ist juristisch in Brüssel verboten."
Der laufende Haushalt 2013 sei schon mit 16 Milliarden Euro verschuldet. Jetzt sollten weitere 52 Milliarden Euro dazukommen. "Ich sehe nicht, wie das eine Mehrheit finden soll. Das ist keine seriöse Politik", meinte Schulz.
Ein erster Anlauf, den EU-Finanzrahmen von 2014 bis 2020 zu vereinbaren, war im November gescheitert. Strittig waren dabei neben der Gesamthöhe auch die Verwendung des Geldes zwischen den verschiedenen Etatposten wie Landwirtschaft oder Forschung sowie eine faire Lastenverteilung unter den Nettozahlerländern.
Theoretisch haben die EU-Staaten noch bis zum Jahresende Zeit, den Finanzplan aufzustellen. Aber je später eine Einigung in diesem Jahr kommt, desto unwahrscheinlicher ist es, dass die Beschlüsse im Haushalt 2014 - dem ersten des neuen Finanzrahmens - berücksichtigt werden können.
Mit dem Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) legt die EU Obergrenzen und Schwerpunkte ihrer Haushalte fest. Für einen Zeitraum von sieben Jahren werden unter anderem die maximalen Gesamtausgaben und die Verteilung auf wichtige Aufgabenbereiche vereinbart. Innerhalb dieser Vorgaben müssen sich später die jährlichen Etats bewegen.
Wie der MFR zustande kommt, ist im Vertrag von Lissabon festgelegt. Es handelt sich im Kern um eine Verordnung. Den Vorschlag dafür legt die EU-Kommission vor. Im nächsten Schritt verhandeln die Regierungen der EU-Staaten über einen Kompromiss, sie können die MFR-Verordnung nur einstimmig beschließen. Zuvor muss aber auch das Europaparlament zustimmen. Wegen des drohenden Vetos beeinflussen die Änderungswünsche der Parlamentarier die Beratungen der Regierungen der EU-Staaten. Kommt es nicht rechtzeitig zu einer Einigung, gelten die Obergrenzen des letzten Jahres aus dem vorangegangenen MFR zunächst weiter.