Bilanz des EU-Gipfels Wer zahlt und wer profitiert?
In für die EU atemberaubender Geschwindigkeit hat sich der Gipfel am Donnerstag auf ein milliardenschweres Wachstumspaket geeinigt. Bis das wirken kann, sind aber noch einige Fragen zu klären. Vor allem: Wer zahlt in den Topf ein? Und wer bekommt was?
"Die Entdeckung der Schnelligkeit" - das scheint ein passender Titel zu sein für das Vorgehen der EU in den letzten Tagen des Jahres 2014. Eine schnelle wirtschaftliche Erholung erhoffte sich der neue EU-Ratspräsident Donald Tusk. Kurz nachdem ein nie dagewesener "Hochgeschwindigkeits-Gipfel" jenen Topf von Investitionen bewilligt hatte, der - in Windeseile von der Kommission ausgebrütet - eine Art Konjunktur-Doping bewirken soll.
"Jetzt muss es schnell gehen“, treibt auch Frankreichs Staatspräsident Francois Hollande Europa in Sachen Investitionen zur Eile an. Jedenfalls lautet das wichtigste Gipfel-Ergebnis: EU-Kommissions-Präsident Jean-Claude Juncker kann sich nun diesen Topf unter den Arm klemmen und lossprinten, um Milliarden-Gaben einzusammeln. Ziel ist es, dass sich im Topf bald 315 Milliarden Euro wiederfinden.
Nur ein erster Schritt
Die Lösung aller Probleme sei der Investitionstopf aber nicht. Sondern ein erster Schritt, trat Ratspräsident Tusk dann doch ein wenig auf die Bremse. In der Tat - entscheidende Fragen werden erst 2015 beantwortet: Wer gibt wie viel Geld? Werden es wirklich 315 Milliarden? Und: Für welche Projekte wird es dann ausgegeben?
"Wir wollen in keiner Weise daran beteiligt sein, dass Kernkraftwerke damit finanziert werden", stellte der österreichische Regierungschef Werner Faymann klar. Es kursiert bereits eine Wunschliste einzelner Mitgliedsstaaten, auf der die Atomenergie durchaus vertreten ist. Bis Juni 2015 soll Klarheit herrschen: Wer zahlt in den Topf ein? An wen wird der Inhalt ausgeschüttet?
Auch bei TTIP soll es schnell gehen
Die EU drückt also aufs Tempo. Und das auch beim Freihandelskommen mit den USA: Bis Ende kommenden Jahres sollen nach dem Willen von Merkel & Co. die Verhandlungen abgeschlossen sein. Hunderte Menschen legten am Freitag zeitweise das EU-Viertel lahm. Um gegen den Sparkurs und gegen den Freihandel mit den USA zu demonstrieren. Für kurze Zeit mag es ihnen gelungen sein, den EU-Betrieb etwas zu verlangsamen. Doch für Europas Staatenlenker waren sie selbst zu langsam. Die waren - unerwartet schnell - in der Nacht bereits wieder abgereist.
Vorher allerdings hatten sie sich noch jener Frage gewidmet, die Europa fast noch mehr ins Grübeln bringt als die eigene Wirtschafts-Krise: Wie kann und muss die richtige Strategie gegenüber Russland aussehen: "Wenn man mal überlegt, wie Europa aussah im Zusammenhang mit dem Irak-Krieg, als Europa wirklich in zwei Teile zerfallen war - da ist es jetzt gelungen transatlantisch, aber auch innereuropäisch zusammen zu bleiben. Ich halte das für einen großen Wert an sich", sagt Bundeskanzlerin Angela Merkel.
Schwierige Entscheidungen, die Haar-Risse in der Union zum Vorschein treten lassen könnten, stehen für die EU in diesem Moment nicht an. Die Sanktionen gegen Russland werden weder verschärft noch gelockert. Einigkeit herrscht auch in dieser Frage: für die Ukraine könnte 2015 ein noch schwierigeres Jahr werden als 2014. Sie wird neue Milliarden-Hilfen brauchen. Auch von der EU.