Entscheidung in Brüssel EU einigt sich auf Zeitplan für Bankenaufsicht
Im Streit zwischen Deutschland und Frankreich über die Einführung einer gemeinsamen Bankenaufsicht für die Eurozone ist am ersten Gipfeltag doch noch ein Kompromiss gelungen: Der rechtliche Rahmen für das Modell soll bis zum Jahresende stehen - aber erst im kommenden Jahr schrittweise umgesetzt werden.
Nicht zum 1. Januar, aber im Laufe des nächsten Jahres soll die europäische Bankenaufsicht an den Start gehen. Und der Rechtsrahmen dafür soll schon zum Jahresende stehen: So lautet der grobe Zeitplan, auf den sich laut EU-Kommission die EU-Staats- und Regierungschefs in Brüssel geeinigt haben.
Demnach konnte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel mit der Forderung durchsetzen, dass die EU sich mehr Zeit für die Bankenaufsicht lassen muss. Merkel hatte mit Blick auf die Bankenaufsicht in ihrer Regierungserklärung in Berlin betont, dass Qualität an dieser Stelle vor Schnelligkeit gehen müsse. Es gebe eine Vielzahl komplizierter rechtlicher Fragen.
Der Kompromiss soll die Konfrontation auflösen, in die die Kanzlerin und der französische Staatschef François Hollande gesteuert waren. Hollande hatte Merkel vorgeworfen, das Umsetzen alter Gipfelbeschlüsse zur Absicherung der Eurozone zu verzögern und vor Pressevertretern bei der Umsetzung der Bankenaufsicht Druck gemacht: "Im Juni haben wir beim Gipfel entschieden, bis zum Jahresende eine Bankenaufsicht umzusetzen."
"Südländer" wollen schnelle Umsetzung
Die "Südländer" wie Italien und Spanien hatten als Starttermin der neuen Aufsicht Anfang 2013 verlangt. Diese ist Voraussetzung dafür, dass marode Banken in Krisenstaaten direkte Hilfe aus dem Euro-Rettungsschirm ESM bekommen können. Spanien gilt als erster Anwärter dafür.
Dass die Aufseher unter dem Dach der Europäischen Zentralbank (EZB) wohl nicht bereits zum kommenden Jahreswechsel die Arbeit aufnehmen werden hatte sich bereits abgezeichnet. EZB-Präsident Mario Draghi hatte zuletzt Anfang 2014 als Startdatum genannt.
Harte Verhandlungen zwischen Merkel und Hollande
Deutschland und Frankreich hatten sich in Brüssel ein Duell von ungewöhnlicher Härte geliefert - nicht nur um den Zeitplan für die Bankenaufsicht. Auch den deutschen Vorstoß nach raschen Änderungen des EU-Vertrags zur Stärkung der Eurozone hatte Frankreichs Staatspräsident abgelehnt.
Hollande hatte bereits zuvor seine alte Forderung nach einer gemeinsamen Schuldenpolitik bekräftigt. Dies lehnt Deutschland kategorisch ab, weil es die Schuldenaufnahme verteuern würde. Auch Österreichs Kanzler Faymann plädierte für eine Vergemeinschaftung von Schulden.
Er lehnte auch den von der Kanzlerin vorgeschlagenen Topf von zeitlich befristeten und projektbezogenen Geldern ab: "Ich bin gar nicht der Meinung, dass wir zur Stunde so ein Eurozonenbudget brauchen." Nach Merkels Idee könnte das Budget aus Einnahmen der geplanten Börsensteuer gespeist werden.
Auch der von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und Merkel geforderte starke Währungskommissar, der ein starkes Durchgriffsrecht gegenüber nationalen Haushalten haben soll, ist umstritten. Merkel sagte, ihr sei bewusst, dass es in vielen Staaten dazu noch keine Bereitschaft gebe. "Das ändert nichts daran, dass wir uns dafür stark machen werden."
Aktuelle Krisen zunächst ausgeklammert
Aktuelle Krisen in Griechenland und Spanien blieben bei dem Spitzentreffen zunächst ausgeklammert. Der Madrider Regierungschef Mariano Rajoy äußerte sich in Brüssel nicht zu Spekulationen, wonach er schon bald neue Hilfen der Euro-Partner beantragen könnte. Dabei ginge es dann um Milliardenzahlungen an den Gesamtstaat - Madrid bekam bereits Unterstützung für seine maroden Banken zugesagt.