Juncker stellt EU-Investitionsprogramm vor 315 Milliarden Euro für Europa
Die Zahl klingt fast zu hoch, um wahr zu sein. Mit einem Investitionsprogramm will Brüssel 315 Milliarden Euro in die europäische Wirtschaft spülen. Das Problem: Von den 315 Milliarden sind bislang offenbar nur 13 Milliarden wirklich vorhanden.
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat ein milliardenschweres Investitionsprogramm für die europäische Wirtschaft vorgestellt. Der Plan habe das Ziel, Investitionen von mindestens 315 Milliarden Euro in den kommenden Jahren auszulösen, sagte Juncker im Europäischen Parlament in Straßburg.
Die in den vergangenen Tagen geäußerte Kritik, Brüssel stelle für den Plan gar kein neues Geld zur Verfügung, wies Juncker zurück. "Wir schichten nicht nur Geld um", sagte der Luxemburger. Ziel sei es, die Mittel angesichts leerer Staatskassen effektiv einzusetzen und private Anleger zu Investitionen zu bewegen.
Der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber hatte zuvor dem "Deutschlandfunk" gesagt: "Das ist zwar ein schönes Paket, das uns da kurz vor Weihnachten ins Fenster gestellt wird. Aber wenn man das Paket aufmacht, ist es eine große leere Box, wo wenig an Substanz drin ist."
Wie aus 21 Milliarden 315 Milliarden werden sollen ...
Die zentrale Rolle bei dem Investitionsprogramm wird der Europäischen Investitionsbank (EIB) zukommen - einer Art Hausbank der EU. Das Förderinstitut soll einen Garantiefonds von 21 Milliarden Euro auflegen, mit dem risikoreiche Bankkredite von bis zu 60 Milliarden Euro abgesichert werden. Konkret dürfte das heißen: Sollten die Banken mit ihren Krediten Ausfälle erleiden, übernimmt der EIB-Fonds einen Teil der Verluste.
Die Kredite in Höhe von 60 Milliarden Euro wiederum sollen im Laufe der kommenden drei Jahre Gesamtinvestitionen in Höhe besagter 315 Milliarden Euro auslösen. Ob sich dieser Hebel-Effekt tatsächlich einstellen wird, wird von vielen Ökonomen allerdings bezweifelt.
... und warum selbst die 21 Milliarden Euro Fragen aufwerfen
Ohnehin wirft das gesamte Konstrukt Fragen auf. Denn offensichtlich ist nicht einmal der 21-Milliarden-Euro-Fonds selbst vollständig gedeckt. Den Ausführungen Junckers zufolge sollen fünf Milliarden von den EIB kommen und acht Milliarden aus dem EU-Haushalt - dafür sollen schon bestehende Programme offenbar umgewidmet werden. Was die fehlenden acht Milliarden betrifft, ist vage von "EU-Garantien" die Rede. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte zuletzt offen gelassen, ob sich Deutschland an dem Topf beteiligen wird.
"Was wir hier heute erleben, mag nicht die Lösung aller Probleme sein. Aber es ist die große Chance, zu einem Richtungswechsel in Europa zu kommen", sagte EU-Parlamentspräsident Martin Schulz. Der Vorsitzende der Europäischen Volkspartei, Manfred Weber, warnte vor verfrühter Kritik an dem Programm. "Wir haben leider in Europa oft das Problem, dass man immer nur die Problematisierer hört, wenn ein neuer Vorschlag auf dem Tisch liegt."
Trotz alledem erhofft sich Brüssel bis zu 1,3 Millionen zusätzliche Jobs von dem Programm. Die italienische Regierung, die zurzeit turnusgemäß die EU-Amtsgeschäfte führt, hatte den Juncker-Plan zuletzt euphorisch als Kurswechsel der europäischen Wirtschaftspolitik gefeiert. Auch andere krisengeplagte Länder wie Frankreich oder Spanien setzen große Hoffnungen in das Vorhaben. Die EU-Staats- und Regierungschefs wollen bei ihrem Gipfel am 18. und 19. Dezember darüber entscheiden.