Kooperation mit dem Iran Retten, was zu retten ist
Bei dem Versuch, das Iran-Atomabkommen zu retten, geht es auch um viel Geld. EU-Unternehmen hatten große Pläne in dem Land, und der Iran hoffte auf eine Modernisierung. Was ist nun zu tun?
Von Ralph Sina, ARD-Studio Brüssel
Die EU versucht alles, um zu verhindern, dass der Iran wieder Uran zu militärischen Zwecken anreichert. Dem Team um Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker ist klar, dass dies nur gelingen kann, wenn das Atomabkommen auch nach dem Ausstieg der Amerikaner für die Regierung in Teheran wirtschaftlich attraktiv bleibt. Und zwar durch das Engagement europäischer Unternehmen.
Es geht um Investitionen wie die des französischen Energiekonzerns Total, der gemeinsam mit der National Iranian Oil Company das größte Gasfeld der Welt erschließt. Total beschäftigt gleichzeitig mehr als 7000 Arbeitnehmer in den USA und hofft, von Trumps Iran-Sanktionen ausgenommen zu werden. Falls nicht, fordert Total-Chef Patrick Pouyanné neue EU-Regeln zum Schutz europäischer Investitionen im Iran.
"Wir arbeiten an Plänen um die Interessen europäischer Firmen zu schützen", betonte eine Sprecherin der EU-Kommission nach der Ankündigung von US-Präsident Donald Trump, aus dem Vertrag auszusteigen. Aber sie könne jetzt noch keine weitere Details nennen.
Es geht um immense Summen
Für europäische Unternehmen steht im Iran viel auf dem Spiel: Peugeot hat gemeinsam mit einem iranischen Partnerkonzern einen 430 Millionen-Dollar-Vertrag zur Autoproduktion unterschrieben. Daimler-Benz will gemeinsam mit einem iranischen Unternehmen Lastwagen verkaufen. Und der dänische Pharmakonzern Novo Nordisk kündigte bereits 2016 an, als erstes westliche Pharmaunternehmen eine Produktionsanlage im Iran zu bauen.
Alle drei Unternehmen sind gleichzeitig stark in den USA engagiert. Allein Daimler beschäftigt 24.000 Arbeitnehmer in den USA und plant eine Milliardeninvestition im US-Bundesstaat Alabama. Die Hoffnung der Unternehmen, auch nach dem Ausstieg der USA aus dem Atomvertrag mit dem Iran in beiden Ländern gleichzeitig aktiv sein zu können, ist gering. Vor allem nach dem Tweet des neuen US-Botschafters in Deutschland, Richard Grenell, deutsche Firmen sollten sofort aus ihren Iran-Geschäften aussteigen.
Das Abkommen löste Hoffnungen aus
Um diese Geschäfte anzukurbeln waren im Mai 2016 mehr als 80 Unternehmer aus Nordrhein-Westfalen zu mehrtägigen Gesprächen nach Teheran geflogen. Die Vereinigung der bayerischen Wirtschaft vbw hatte sogar unmittelbar nach Abschluss des Atomvertrags mit dem Iran im September 2015 ein eigenes Büro in Teheran eröffnet.
vbw-Auslandsbüros gibt es darüber hinaus nur in Brüssel und New York - ein Zeichen dafür, welche Hoffnungen die bayerische mittelständische Industrie in das Iran-Geschäft setzt. Bayern steigerte sein Exportvolumen in den Iran allein im vergangenen Jahr um knapp ein Drittel und in den ersten beiden Monaten 2018 noch einmal um 20 Prozent.
"Wir hoffen, möglichst bald in Bayern die Niederlassung einer iranischen Bank zu haben", kündigte vbw-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt zu Beginn des Jahres gegenüber dem ARD-Studio Brüssel an. Die iranische Middle East Bank soll in Kürze über ihre Münchener Niederlassung den reibungslosen Geldtransfer ermöglichen.
Schwieriger Geldtransfer
Geldüberweisungen zwischen dem Iran und Europa waren schon vor Trumps Ausstieg aus dem Atomabkommen durch diverse spezielle US-Sanktionen extrem schwierig und nur nur über Umwege möglich, betont Brossardt. Für europäische Unternehmer ging dies zumeist nur via Banken im Oman, in Katar und der Türkei.
Das soll sich durch die Deutschland-Niederlassung der Middle East Bank ändern. "Dann wäre ein ganz normaler Zahlungsfluss möglich, weil wir dann eine durch die Bankenaufsicht BAFIN zugelassene Bank in der Bundesrepublik hätten", unterstreicht Brossardt, der den US-Ausstieg aus dem Atomabkommen als "mehr als bedauerlich" bezeichnet und die EU auffordert, sich gemeinsam mit China und Russland zum Iran-Atomabkommen zu bekennen.
Nach Einschätzung der Iran -Expertin Ellie Geranmayeh von der EU-Denkfabrik "European Council On Foreign Relations" müssen die Europäer jetzt alles versuchen, um der Regierung in Teheran und dem iranischen Volk deutlich zu machen, dass das Abkommen auch ohne Amerika keineswegs Makulatur ist, sondern den iranischen Interessen dient. Dazu müsse die EU mit Russland und China kooperieren. Und sie müsse vor allem dafür sorgen, dass der Iran weiterhin Öl exportieren kann: Ein Fünftel seiner Ölausfuhren gehen an EU-Staaten, vor allem an Italien, Spanien und Griechenland.