EU-Kommission senkt Konjunkturprognose für 2016 Verunsicherung frisst Wachstum auf
Die Wirtschaft der EU wächst - allerdings langsamer als noch im Herbst prognostiziert. Die Konjunkturabkühlung in China, die Flüchtlingskrise und eine mögliche weitere Einschränkung des Schengenraumes sorgen in Europa für Verunsicherung.
Von Ralph Sina, ARD-Studio Brüssel
Sehr gedämpft optimistisch fällt die Wachstumsprognose der EU-Kommission aus: Die Eurozone und die gesamte EU werden in diesem und nächsten Jahr zwar weiter wirtschaftlich wachsen. Aber 0,1 Prozentpunkte weniger stark als im Herbst von der Kommission prognostiziert.
1,7 Prozent Wachstum für die 19 Staaten der Eurozone im laufenden Jahr. 1,9 Prozent für die gesamte EU. 1,8 Prozent Wachstum in Deutschland. Und selbst dieses verlangsamte EU-Wachstum bleibt gefährdet. Und zwar durch die Wirtschaftskrise in China und durch die Gefährdung des Schengenvertrages der offenen innereuropäischen Grenzen.
Schengen reformieren, aber nicht aufgeben
"Wir müssen sicherlich den Schengen-Vertrag reformieren, aber wir dürfen das Schengen-Prinzip der offenen Grenzen auf keinen Fall aufgeben." betonte EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici in Brüssel.
Moscovici verwies auf die Studie einer Denkfabrik der französischen Regierung, wonach die dauerhafte Schließung der europäischen Grenzen des Schengenraumes die EU-Volkswirtschaft 110 Milliarden Euro kosten könnte. "Ein Scheitern von Schengen müsste Europa teuer bezahlen", warnt Moscovici.
Wie stark die von mehreren europäischen Staaten in den letzten Monaten eingeführten Grenzkontrollen die EU-Wirtschaft bereits belasten, ist unklar. Die Kommission verfüge über keine Zahlen, musste der Wirtschaftskommissar auf Nachfrage einräumen.
Ein möglicher "Brexit" wird nicht mit einberechnet
Und es gibt auch keine neuen Prognosen darüber, wie sich die hohe Zahl der Flüchtlinge auf die Wirtschaftsentwicklung auswirkt. Zwar hält die Kommission an ihrer Herbstprognose fest, dass die Flüchtlinge ein Wirtschaftswachstum in der EU von bis zu 0,3 Prozent auslösen könnten. Aber das sei kein Automatismus, schränkte Moscovici ein.
Ein möglicher Ausstieg Großbritanniens aus der EU würde die Wachstumsprognose der Kommission zur Makulatur machen. Den Risikofaktor "Brexit" berücksichtigt die Kommission bei ihren Voraussagen allerdings nicht. Schließlich kämpfe man für den Verbleib Großbritanniens, betonte Moscovici.
Die Bundesrepublik und die Niederlande forderte der EU-Wirtschaftskommissar wegen ihrer hohen Exportüberschüsse zu verstärkten öffentlichen Investitionen auf. Und Moscovici machte klar, dass Frankreich die Defizitlatte wohl auch 2017 reißen wird.