Ex-Troika und Griechen sprechen wieder Das erste Treffen mit der "Institution"
Sie heißt zwar nicht mehr Troika, die Experten von IWF, EZB und EU sind aber noch dieselben. Drei Wochen nach der Wahl haben Vertreter der Griechen Gespräche mit der "Institution" aufgenommen. Gesucht wird eine gemeinsame Linie im Schuldenstreit.
Als habe es überhaupt keine Neuwahlen in Griechenland gegeben, sitzen wie zu Zeiten der abgewählten Samaras-Regierung Vertreter der Troika und Finanzexperten aus Athen zusammen, und zwar in Brüssel. "Der griechische Premier Tsipras und Eurogruppenchef Dijsselbloem waren sich einig, dass sofort verhandelt werden muss", sagt der Sprecher der EU-Kommission dazu. Denn die EU-Finanzminister treffen am kommenden Montag erneut ihren griechischen Amtskollegen Yanis Varoufakis.
Der Eurogruppe sitzt der Schock über das gescheiterte erste Sondertreffen zum Thema Griechenland noch in den Gliedern, bei dem man sich Mittwochnacht buchstäblich auf nichts hatte einigen können - und Varoufakis auf Anweisung aus Athen sogar seine Zustimmung zur gemeinsamen Abschlusserklärung zurückzog.
Ausgerechnet das bei Griechenlands Regierungschef Alexis Tsipras und seinen Wählern so verhasste Troika-Aufsichtsgremium aus Internationalem Währungsfonds (IWF), Europäischer Zentralbank (EZB) und EU-Kommission sucht jetzt mit Tsipras' Zustimmung nach Verhandlungsparametern.
"Wir nennen die Troika aus Rücksicht auf unsere griechischen Freunde neuerdings nicht mehr Troika, sondern: 'Die Institution'."
Der Sprecher von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, Martin Jäger, über den neuen Namen der Troika
Suche nach Gemeinsamkeiten
Die Troika-Experten sollen gemeinsam mit Athener Finanzfachleuten versuchen, das eigentlich Unmögliche zu schaffen: Nämlich das Ende Februar auslaufende Hilfsprogramm für Griechenland so zu modifizieren, dass Tsipras es in Athen als Erfolg verkaufen kann, ohne dabei elementare Spar- und Reformauflagen auszuhebeln. Gemeinsamkeiten gelte es jetzt zu entdecken zwischen dem Hilfsprogramm für Griechenland und dem Programm der neuen Regierung in Athen, betont ein Sprecher der EU-Kommission in Brüssel.
Beide Seiten sind sich einig, dass die Steuerhinterziehung in Griechenland endlich konsequent bekämpft werden muss, ebenso wie die Korruption in den griechischen Finanzämtern und in der gesamten öffentlichen Verwaltung. Auch darüber, dass EU-Bürger ein Recht auf eine ärztliche Grundversorgung haben und Kinder nicht infolge der Sparpolitik in den Hunger getrieben werden dürfen, herrscht Einigkeit zwischen Brüssel und Athen.
Kunden ziehen offenbar massiv Geld aus griechischen Banken ab. Im Dezember waren es offiziellen Daten zufolge vier Milliarden Euro. Im Wahlmonat Januar dürften es sogar rund zwölf Milliarden Euro gewesen sein. Zuletzt hätten sich die Abflüsse auf 300 bis 500 Millionen Euro täglich summiert, zitierte die Nachrichtenagentur Reuters namentlich nicht genannte Mitarbeiter zweier Banken. An einigen Tagen könnten es sogar mehr als eine Milliarde Euro gewesen sein.
Als Grund gilt der ungewisse Ausgang des Schuldenstreits zwischen der neuen Regierung und den Euro-Partnern. Die EZB erlaubte griechischen Geldhäusern wegen des hohen Abflusses von Kundeneinlagen inzwischen den Zugang zu Nothilfen. Um rund fünf Milliarden auf nunmehr 65 Milliarden Euro wurde der Hilfsrahmen aufgestockt.
Bleibt es beim Primärüberschuss?
Doch die griechische Regierung hat nur dann finanziellen Spielraum für mehr Sozialleistungen, wenn sie keinen Haushaltsüberschuss von 4,5 Prozent vor Abzug der Zinzzahlungen mehr erwirtschaften muss. Ob die internationalen Geldgeber und die EU-Finanzminister bereit sind, diese sogenannte "Primärüberschuss"-Auflage zu modifizieren, und ob die zustimmungspflichtigen Parlamente Deutschlands, Finnlands, Estlands und der Niederlande eine solche Änderung ebenfalls akzeptieren, ist derzeit völlig offen.
Und völlig unklar ist, zu welchem Entgegenkommen die Tsipras-Regierung ihrerseits bis kommenden Montag bereit ist, und welche Zahlen über Griechenlands aktuelle Einnahmen und Ausgaben Finanzminister Varoufakis nach den Neueinstellungen im öffentlichen Dienst seinen Kollegen auf den Tisch legt.
Er sei noch echt pessimistisch, dass es bereits am kommenden Montag zu einer Einigung mit Griechenland komme, betonte Eurogruppenchef Dijsselbloom im niederländischen Fernsehen: "Die Möglichkeiten der griechischen Wirtschaft sind doch sehr, sehr beschränkt. Da ist noch eine enorme Anpassung nötig zwischen dem was politisch gewünscht wird und finanziell machbar ist."