Ein Smartphone mit der App Shein

EU will gegen Shein vorgehen "Hier liegen große Gefahren für Verbraucher vor"

Stand: 05.02.2025 16:08 Uhr

Der Online-Handel boomt in der EU, vor allem über chinesische Billigportale wie Shein. Doch viele Produkte entsprechen nicht den Standards bei Gesundheit oder Sicherheit. Nun hat Brüssel eine Untersuchung eingeleitet.

Die Online-Shopping-Lust der Europäer ist offenbar rasant gestiegen. Mehr als 70 Prozent der EU-Bürger bestellen im Netz - zunehmend aus fernen Ländern und gerne günstig oder billig.

Täglich würden zwölf Millionen Online-Warenpakete von außerhalb in die EU verschickt, sagt EU-Digitalkommissarin Henna Virkkunen. Die Zahl habe sich binnen eines Jahres verdoppelt. Sehr viele dieser Produkte wurden als unsicher eingestuft, weil sie nicht den EU-Standards entsprechen, wenn es um Sicherheit, Gesundheit und Umweltschutz gehe.

"Motorradhelme, die sofort brechen"

Die Liste der europäischen Verbraucherschutzbehörden über schadhafte oder schädliche Produkte wird immer länger. Die einzelnen Befunde sind zum Teil erschreckend, sagt Sylvia Maurer vom Europäischen Verbraucherschutz-Verband BEUC: "Wir finden sehr viele bedenkliche Chemikalien in Kinderspielzeug oder in Kosmetika. Aber auch Elektroprodukte, die Feuer verursachen können oder elektrische Schocks. Rauchmelder, die keinen Rauch melden. Motorradhelme, die absolut keinen Sicherheitsstandards entsprechen und sofort brechen. Hier liegen sehr große Gefahren für die Verbraucher vor."

Laut EU-Kommission kommen rund drei von vier der beanstandeten Waren über chinesische Händler. Deshalb stehen die großen in China gegründete Online-Marktplätze Temu und Shein besonders im Fokus, sagt der Kommissar für Justiz und Verbraucherschutz, Michael McGrath. Die EU habe deswegen eine Untersuchung gegen Shein eingeleitet wegen unlauteren und irreführenden Praktiken, die nach dem Europäischen Verbraucherschutzgesetz verboten seien.

Es geht um Fake-Rabatte, aggressive Verkäufe oder manipulatives Design, das die Kunden immer wieder zu bestimmten Produkten führt und dabei Preise verschleiert. Und es geht um gefälschte Kunden- und Produkt-Bewertungen.

Verfahren gegen Temu läuft bereits

Gegen den Konkurrenten Temu läuft bereits seit rund drei Monaten ein Verfahren nach den Europäischen Digitalgesetz. Hier wird geprüft, ob der Konzern ausreichend gegen den Verkauf illegaler Produkte tut - und wie er verhindert, dass Händler, die längst gesperrt wurden, unter neuem Namen wieder auftauchen.

All das soll nach dem Willen der EU-Kommission mit Zollrechtsreformen einhergehen. Gut viereinhalb Milliarden kleine Päckchen - jeweils im Warenwert von unter 150 Euro - kamen im vergangenen Jahr in die EU. Das waren doppelt so viele wie 2023, wie EU-Handelskommissar Maros Sefcovic sagt. Das sei eine enorme Menge an Arbeit für die nationalen Zollbehörden. "Und wir wissen, dass die Zahl der Pakete auch so sehr zugenommen hat, weil sie zum Teil absichtlich gestückelt werden, um jeweils unter 150 Euro zu bleiben." So sind sie bislang zollfrei und gelangen unkontrolliert in die EU.

Gebühr für kleine Päckchen

Das soll sich ändern: Mit einer Gebühr für kleine Päckchen will die EU-Kommission den Mehraufwand für das Rausfischen von Risikoprodukten finanzieren. Der Rat der 27 Mitgliedsstaaten und das Europäische Parlament müssen noch darüber abstimmen.

Was das am Ende für die Online-Shopper bedeutet - ob allen voran die chinesischen Plattformen, die mit dem Prinzip "billig, billiger, am billigsten" groß geworden sind, den Aufschlag an die Kunden weitergeben -, da wagt die EU keine Prognose. Es wäre aber wohl der Preis für etwas sicherere Produkte in Europa.

Kathrin Schmid, ARD Brüssel, tagesschau, 05.02.2025 12:19 Uhr