EU reagiert auf US-Zölle "So blöd müssen wir auch sein"
Die EU-Kommission findet die angekündigten US-Strafzölle "blöd". Sie will nun mit "Revanche-Blödheit" antworten - und schickt eine Mahnung an die USA.
Es kommt selbst in Brüssel selten vor, dass jemand öffentlich ankündigt, etwas Blödes zu tun - und dafür auch noch Applaus bekommt. "So blöd können wir auch. So blöd müssen wir auch sein", sagte EU-Kommissionpräsident Jean-Claude Juncker jüngst in Hamburg.
"Revanche-Blödheit" der EU?
Die Blödheit, die er meint, sind Strafzölle: Stahl und Aluminium aus Europa könnte die US-Regierung schon bald mit Sondereinfuhrsteuern versehen. Ein Problem für die europäische Exportwirtschaft, das die EU-Kommission nun mit Revanche-Blödheit angehen will. "Entschieden und angemessen" sei die europäische Strategie, die EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström heute in Brüssel vorstellte. Sie besteht aus drei Schritten.
"Zunächst will die EU gemeinsam mit anderen Ländern Beschwerde einlegen bei der Welthandelsorganisation WTO". Außerdem ziehe die EU ihrerseits Schutzzölle in Betracht, sollte als Folge der US-Zölle vermehrt Stahl aus aller Welt auf den europäischen Markt gelangen und die Preise rapide senken. Drittens diskutieren die Kommissare Gegenzölle auf importierte US-Produkte, so Malmström.
Jeans und Whiskey, Motorräder und Motorboote stehen auf der Liste, ebenso Erdnussbutter, Kidneybohnen, Orangensaft und Tabak bis hin zum Lippenstift. Außerdem verarbeitete Metalle wie Rohre oder Ventilatoren.
EU-Handelskommissarin Malmström hofft, dass es nicht zu einem größeren Handelsstreit kommt.
Es geht zunächst um Symbolik
Eine bunte Mischung mit zwei Konstanten: Zum einen handelt es sich um Produkte, die auch europäische Hersteller anbieten - dem Verbraucher soll eine Alternative bleiben. Betroffen sind außerdem hauptsächlich Unternehmen, deren Sitz in republikanisch regierten US-Bundesstaaten liegt. Deren Senatoren sollen ihren Präsidenten unter Druck setzen, die Zölle zurückzunehmen - so das Kalkül.
Knapp drei Milliarden Euro umfasst das Handelsvolumen der gelisteten Produkte. Die vergleichsweise niedrige Summe zeigt, dass es vor allem um Symbolik geht - möglichst ohne die Wirtschaft zu beunruhigen. Der Internationale Währungsfonds, Außenhandelsverbände und zuletzt die mächtige Autoindustrie hatten in den vergangenen Tagen vor einem Handelskrieg gewarnt.
"Das Gegenteil ist wahr"
Auch EU-Ratspräsident Donald Tusk - heute eigentlich in Sachen Brexit unterwegs - schickte eine Mahnung über den Atlantik. Auf die Parole des US-Präsidenten, Handelskriege seien gut und einfach zu gewinnen, entgegnet Tusk, dass vielmehr das Gegenteil wahr sei: "Handelskriege sind schlecht und leicht zu verlieren".
Donald gegen Donald: Der EU-Ratspräsident widerspricht dem US-Präsidenten im Handelsstreit.
Das Wort vom Krieg vermeidet die für Handel zuständige EU-Kommissarin Malmström lieber komplett. Sie spricht höflich vom transatlantischen Disput: "Wir bleiben hoffnungsvoll, einen größeren Handelsstreit vermeiden zu können" - wenigstens so lange, wie es in Washington und Brüssel bei der gegenseitigen Androhung von Blödheit bleibt.
Alles doch nur halb so wild?
Beobachter halten es für durchaus möglich, dass Trumps Furor schon bald - nach den anstehenden Wahlen in einigen US-Bundesstaaten - wieder nachlassen könnte. Sein Handelsminister Wilbur Ross ließ sich jedenfalls kurz nach Malmströms Auftritt in Brüssel mit den Worten zitieren, die USA strebten keinen Handelskrieg an.
Ein solcher Konflikt, wie er zuletzt 2002 unter Trumps Vor-Vorgänger Bush ausgebrochen war, hätte nach den Worten der EU-Kommissarin ohnehin keinen Gewinner.
Mit Informationen von Holger Romann, ARD-Studio Brüssel