Fehlende Reformschritte EU zahlt wohl noch nicht an Athen
Eigentlich hätte in diesem Monat die nächste Tranche aus dem Hilfspaket an Griechenland überwiesen werden sollen. Doch die internationalen Geldgeber sind unzufrieden mit dem Reformtempo in Athen: Die Mehrheit der Meilensteine sei noch nicht erreicht.
Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem hatte es Alexis Tsipras bei ihrem letzten Treffen in Brüssel bereits angekündigt: Viel Reformarbeit müsse in den kommenden Wochen von der Regierung in Athen erledigt werden. Bereits Mitte Oktober müssten ersten wichtige Reformen vom Athener Parlament verabschiedet sein.
Strukturelle Veränderungen beim Renten-und Steuersystem seien ebenso unverzichtbar wie Fortschritte bei der Privatisierung von Staatsbetrieben, so die Auflage der internationalen Griechenland-Kreditgeber. Konkret gehe es um die Frage, ob noch im Oktober zwei der insgesamt drei Milliarden Euro aus der nächsten Hilfstranche an Athen überwiesen werden können, betonte Dijsselbloem.
Geldgeber sind unzufrieden mit Reformtempo
Doch nach einer Zwei-Milliarden-Euroüberweisung aus dem Europäischen Stabilitätsfond an Griechenland sieht es momentan nicht aus. Zwar kommt das Privatisierungsprogramm voran. Die staatlichen griechischen Pferdewetten werden an eine private Wettgesellschaft übertragen. Auch die Privatisierung des Hafens von Piräus und der Verkauf von 14 Regionalflughäfen an die deutsche Flughafengesellschaft Fraport werden vorangetrieben. Geplant sind außerdem Steuerhöhungen und Reformen bei den Renten.
Dennoch sind die Vertreter der internationalen Geldgeber mit dem Athener Reformtempo nicht zufrieden. Von Mittwoch bis Freitag vergangener Woche diskutierten Vertreter der sogenannten Quadriga, also des Internationalen Währungsfonds, der EU-Kommission, der Europäischen Zentralbank und des Europäischen Stabilitätsmechanismus in Athen mit der Tsipras-Regierung. Dabei ging es vor allem darum, inwiefern Kern-Reformen umgesetzt wurden, im Jargon der EU-Kommission auch "Meilensteine" genannt, bestätigt eine Sprecherin der EU-Kommission.
34 von 48 Reformpunkte fehlen noch
34 von insgesamt 48 unverzichtbaren Reform-Meilensteine fehlen nach Ansicht der Griechenland-Kreditgeber, berichtet die "Süddeutsche Zeitung". Die Quadriga verlangt unter anderem, dass griechische Banken die Regeln lockern, mit denen der Hauptwohnsitz vor Zwangsvollstreckungen geschützt ist. Die griechische Regierung hingegen befürchtet, dass der Mehrheit der griechischen Wohnungs- und Hausbesitzer die Zwangsräumung droht, wenn sich die internationalen Geldgeber durchsetzen.
Es ist also nicht damit zu rechnen, dass die bereits für Mitte Oktober vorgesehene Milliardenüberweisung an Athen noch in dieser Woche geleistet wird, bestätigte ein EU-Finanzexperte dem ARD-Hörfunkstudio Brüssel. Auch längerfristig sind die Aussichten für Griechenland nicht ermutigend: Bis zum Jahresende summieren sich die Schulden nach Einschätzung internationaler Finanzexperten auf rund 200 Prozent des griechischen Bruttoinlandprodukts.