Treffen der Euro-Finanzminister Der neue Schutzwall wird 800 Milliarden hoch
Trotz monatelanger Ablehnung durch die Bundesregierung wird der Euro-Rettungsschirm deutlich ausgeweitet. Insgesamt sollen statt der bisher vereinbarten 500 Milliarden Euro nun mindestens 800 Milliarden zur Verfügung stehen. Die SPD warf der Regierung eine "bewusste Täuschung der Bürger" vor.
Die Finanzminister der Eurogruppe haben sich darauf verständigt, die Gesamtkapazität des Euro-Rettungsschirms auf mehr als 800 Milliarden Euro zu erhöhen. Das sagte die österreichische Finanzministerin Maria Fekter am Rande des Treffens der Eurogruppe in Kopenhagen. Diese Summe ergebe sich aus der geplanten Kreditsumme des im Juli startenden Rettungsmechanismus ESM sowie aus allen schon zugesagten Mitteln an Griechenland, Portugal und Irland.
Darüber hinaus sollten die noch verfügbaren 240 Milliarden Euro aus dem befristeten Rettungsfonds EFSF als Puffer beibehalten werden, bis der ESM mit einer ausreichenden Kreditsumme ausgestattet sei.
Der permanente Rettungsschirm ESM, der den bisherigen Rettungsschirm EFSF ablösen soll, hatte nach bisherigen Vereinbarungen einen Umfang von nur 500 Milliarden Euro. In dieser Summe sollten eigentlich die bisher schon laufenden Rettungsprogramme für Krisenländer im Umfang von rund 200 Milliarden Euro enthalten sein - so dass nur 300 Milliarden Euro effektiv zur Verfügung gestanden hätten. Genau so steht es auch bisher in Artikel 39 im ESM-Vertrag - danach darf auch in der Zeit, in der der bisherige Rettungsschirm EFSF und der ESM parallel existieren, die gemeinsame Kreditsumme 500 Milliarden Euro nicht überschreiten.
500 Milliarden "frisches Geld" für den ESM
Dies wird jetzt geändert, so dass die Schlagkraft der Krisenfonds allein dadurch auf rund 700 Milliarden Euro steigt. Dazu sollen nun noch EU-Krisenmittel in Höhe von 49 Milliarden Euro sowie ausgezahlten Gelder aus dem ersten Hilfsprogramm für Griechenland in Höhe von 53 Milliarden Euro kommen. An "frischem Geld" stünden damit 500 Milliarden Euro aus dem ESM zur Verfügung, sagte Fekter.
Die Ministerin äußerte sich zuversichtlich, dass die Beschlüsse an den hochnervösen Finanzmärkten für Beruhigung sorgen. "Die Märkte signalieren bereits relative Ruhe. Damit kann man erkennen, dass die Märkte mit dem umgehen können, was wir hier aufgestellt haben."
Bundesregierung: Keine "erneute Aufstockung"
Vor allem die Bundesregierung hatte bislang eine Ausweitung des Rettungsschirms abgelehnt. Eine Abkehr von dieser Haltung hatte Bundeskanzlerin Merkel bereits in den vergangenen Tagen vollzogen und einer De-Facto-Aufstockung auf 700 Milliarden Euro zugestimmt. Die nun genannte Summe von 800 Milliarden Euro stelle aber keine "erneute Aufstockung" dar, betonte die Bundesregierung.
SPD spricht von "bewusster Täuschung der Bürger"
Die SPD warf der Bundesregierung eine bewusste Täuschung der Bürger vor. Bundeskanzlerin Merkel und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (beide CDU) hätten von Anfang an gewusst, dass die nun beschlossene Ausweitung kommen werde, erklärte SPD-Fraktionsvize Joachim Poß. Dennoch hätten sich beide "monatelang hingestellt" und jegliche Ausweitung abgelehnt. "Die eigenen Leute in CDU, CSU und FDP und vor allem die deutsche Bevölkerung wurden gezielt für dumm verkauft", kritisierte Poß. Der SPD-Politiker warf Schäuble zudem vor, die Bürger über die deutsche Haftungssumme für die Rettungsschirme getäuscht zu haben. Diese erhöhe sich entgegen der Darstellung des Finanzministers "erheblich und auf Dauer".