Reformpläne für Zuwanderung Koalition will Fachkräfte-Zuzug erleichtern
Innenministerin Faeser und Arbeitsminister Heil wollen mit einem neuen Einwanderungsrecht gegen den Fachkräftemangel vorgehen. Unter anderem soll es möglich sein, Abschlüsse erst nach der Einreise anerkennen zu lassen.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser und Bundesarbeitsminister Hubertus Heil haben Eckpunkte eines neuen Einwanderungsrechts zur Eindämmung des Fachkräftemangels skizziert. "Wir räumen auf mit einer von CDU und CSU geprägten Migrationspolitik, die die Realität unseres Einwanderungslands geleugnet und damit unserem Wirtschaftsstandort geschadet hat", schreiben sie in einem gemeinsamen Gastbeitrag für das "Handelsblatt". Das Einwanderungssystem sei "zu schleppend, zu bürokratisch, zu abweisend".
Anerkennungsverfahren parallel zur Arbeit
In ihrem Beitrag kündigen die beiden SPD-Politiker an, den Arbeitsmarkt auch für Fachkräfte zu öffnen, die einen Arbeitsvertrag, aber noch keinen hierzulande anerkannten Abschluss haben. Diesen könnten sie dann mit Hilfe des deutschen Arbeitgebers nachholen, schlagen die Minister vor. Anders als bisher sollen für die Einreise der Nachweis eines Abschlusses und Berufserfahrung ausreichen. Das Anerkennungsverfahren könne dann nach der Einreise und parallel zur Arbeit betrieben werden.
Die Vorhaben von Faeser und Heil gehen dem Bericht zufolge noch weiter. So sollen Berufserfahrene unter zwei Bedingungen auch ohne Arbeitsvertrag zur Jobsuche nach Deutschland einreisen dürfen: Sie müssen sich noch aus dem Ausland bestätigen lassen, dass ihr Abschluss zumindest teilweise mit einem deutschen vergleichbar ist und zudem belegen, dass sie in der Lage sind, ihren Lebensunterhalt selbst zu sichern.
Mindestgrenze für "Blue Card" soll sinken
Dies solle ein Schritt hin zu einer "Chancenkarte" sein, die SPD, Grüne und FDP noch in dieser Legislaturperiode einführen wollen. Erleichtern will die Ampel-Koalition demnach auch die Einwanderung von Fachkräften mit bereits anerkannter Qualifikation. Diese soll künftig auch die Beschäftigung in einem fachfremden Beruf ermöglichen, solange ein in Deutschland anerkannter Berufsabschluss vorliege.
Zudem soll künftig nicht mehr von jungen Hochschulabsolventen erwartet werden, dass sie genauso viel verdienen wie Berufserfahrene, um mit einer sogenannten Blue Card einreisen zu können. "Wir senken für sie die Gehaltsgrenzen. Auch dadurch ermöglichen wir einen leichteren Berufseinstieg in Deutschland für gut ausgebildete junge Menschen", erklärten Faeser und Heil. Aktuell gilt eine Mindestgehaltsgrenze von 56.400 Euro brutto im Jahr.
Zustimmung aus der Wirtschaft
Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) begrüßte die Pläne: "Ohne ausreichende Zuwanderung aus dem Ausland werden wir das Fachkräfteproblem nicht lösen können", betonte der DIHK bei der Vorstellung eines Vorschlagskatalogs zur Reform des FEG.
Die Bundesregierung plant eine Novellierung des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes (FEG), das seit 1. März 2020 in Kraft ist. Ziel ist es, den Zuzug von qualifizierten Fachkräften aus Drittstaaten auch entsprechend dem Bedarf der Wirtschaft zu erleichtern. "Ein Nadelöhr, ein Hauptproblem des Gesetzes ist aber die Umsetzung", beklagt der stellvertretende DIHK-Hauptgeschäftsführer Achim Dercks. Die praktische Arbeit in den Behörden und die Komplexität der Regelungen überfordere Unternehmen, potenzielle Zuwanderer und oft offenbar auch die Behörden selbst. Hinzu kämen teilweise sehr lange Wartezeiten auf Visa-Termine.
Forderung nach Ausbau der Ausländerbehörden
Gemäß FEG sollen die Länder mindestens eine zentrale Ausländerbehörde einrichten - unter anderem für das beschleunigte Fachkräfteverfahren. "Diese wurden nicht in allen Ländern eingerichtet und es liegen Erfahrungen vor, dass in manchen Ausländerbehörden zum Teil die aktuelle Rechtslage nicht ausreichend bekannt ist, beziehungsweise umgesetzt wird", kritisiert der DIHK.
Die Folge seien mitunter lange Wartezeiten bei der Vergabe, aber gerade auch bei der Verlängerung von Aufenthaltstiteln, was die Planungssicherheit der Betriebe erschwere. Der Ausbau der zentralen Ausländerbehörden wäre aus DIHK-Sicht wünschenswert.
Laut aktueller DIHK-Konjunkturumfrage sehen 56 Prozent der Unternehmen im Fachkräftemangel ein Geschäftsrisiko. In diesem Zusammenhang komme der Zuwanderung ausländischer Fachkräfte mehr und mehr Bedeutung zu.