Mögliche Verluste der Zentralbank Muss der Bund bei der Bundesbank einspringen?
Im Zuge der Zinswende scheinen Verluste der Bundesbank unausweichlich. Nach Medienberichten warnt der Bundesrechnungshof, der Bund müsse möglicherweise einspringen. Die Bundesbank widerspricht.
Seit die Notenbanken in der Eurozone aktiv Anleihen kaufen, um die expansive Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) zu unterstützen, hat sich das Risikoprofil ihrer Bilanzen verändert. Zwar erscheinen die Ausfallrisiken aufgrund der hohen Anforderungen an die gekauften Staats-, Unternehmens- und Hypothekenpapiere gering. Die hohen Anleihebestände bei den Zentralbanken unterliegen aber dennoch einem hohen Kursänderungsrisiko.
Grund ist die historisch beispiellose Zinswende, die auch in Europa zu einem rasanten Anstieg des Zinsniveaus geführt hat. Neue Anleihen werden also mit deutlich höheren Zinsversprechen ausgegeben. In der Folge verlieren die älteren Anleihen mit geringeren Nominalzinsen (Kupons) entsprechend an Wert.
Das schlägt sich auch in den Bilanzen der nationalen Notenbanken nieder, die im Auftrag der EZB billionenschwere Anleihenbestände angehäuft haben. Dazu kommt, dass die Notenbanken den Geschäftsbanken nun wieder Zinsen auf deren Einlagen zahlen müssen, während die Anleiheportfolios gleichzeitig nur geringe Zinsen abwerfen.
Muss der Bund Verluste der Bundesbank ausgleichen?
In dieser neuartigen Konstellation sind Verluste der Bundesbank wahrscheinlicher geworden. Der Bund wäre in diesem Fall möglicherweise gezwungen, den Verlust aus dem Bundeshaushalt, also aus Steuergeldern auszugleichen.
Wie die "Wirtschaftswoche" am Sonntag berichtete, hat der Bundesrechnungshof bereits im März vor genau diesem Fall gewarnt. Der Bundesrechnungshof selbst darf sich nach eigenen Angaben aus rechtlichen Gründen nicht zu der Warnung äußern, weil sein Bericht vor allem auf als vertraulich eingestuften Daten der Bundesbank beruht.
Laut "Wirtschaftswoche" monierten die Bonner Rechnungsprüfer außerdem, dass das Bundesfinanzministerium es versäumt habe, die Anleihe-Kaufentscheidungen der EZB kritisch zu hinterfragen, wie es das Bundesverfassungsgericht geboten habe.
"Keine Rekapitalisierung durch den Bund nötig"
Die Bundesbank erklärte dazu, ihre Bilanz werde voraussichtlich künftig durch den zügigen und starken Anstieg der Zinsen in Verbindung mit den großen Anleihebeständen erheblich belastet werden. Schon im vergangenen Jahr hatte das Institut auf seine Wagnisrückstellungen zurückgegriffen, um einen Verlustausweis zu vermeiden. Die normalerweise übliche Ausschüttung an den Bund war bereits das dritte Jahr in Folge ausgefallen.
Auch im laufenden Jahr reichten die finanziellen Puffer wahrscheinlich noch aus, so die Bundesbank. Danach könnten die Belastungen die Puffer tatsächlich temporär übersteigen.
Die Annahme, dass dann eine Rekapitalisierung durch den Bund nötig wäre, wies die Zentralbank allerdings zurück: In diesem Fall werde sie Verlustvorträge ausweisen, die sie mit Hilfe künftiger Gewinne ausgleichen könne. Auch im Falle eines Verlustvortrages sei die Bilanz der Bundesbank solide. Sie besitze Eigenmittel einschließlich Bewertungsreserven in beträchtlicher Höhe. Bereits im Herbst hatte Bundesbank-Präsident Joachim Nagel erklärt, es sei nicht damit zu rechnen, dass der Staat Kapital nachschießen müsse.
Die Bundesbank hatte bereits in den 1970er-Jahren sieben Jahre lang rote Zahlen geschrieben, als sie nach dem Zusammenbruch des Systems fester Wechselkurse hohe Abschreibungen auf ihre Fremdwährungsbestände vornehmen musste. Diese Verluste konnte die Bank aber mit späteren Gewinnen verrechnen.