Deutscher Leitindex DAX steigt erstmals über 20.000 Punkte
Der DAX hat erstmals die Marke von 20.000 Punkten übertroffen. Die Hoffnung auf weiter sinkende Zinsen in den USA und der Eurozone treiben den deutschen Leitindex seit Monaten nach oben.
Die Aussicht auf weiter sinkende Leitzinsen hat den DAX erstmals in seiner Geschichte über die Marke von 20.000 Punkten katapultiert. Gleich am Vormittag übersprang der deutsche Leitindex diese psychologisch wichtige Marke und kletterte bis auf 20.038 Zähler. Mit einem Plus von 0,42 Prozent auf 20.016,75 Punkte ging er aus dem Handel.
Innerhalb nur eines Jahres ist der DAX damit um rund 3.000 Zähler gestiegen. Erst Mitte September hatte er die Marke von 19.000 Punkten geknackt, Mitte März die von 18.000 - und im Dezember vergangenen Jahres war er über 17.000 Zähler gesprungen.
Aussicht auf sinkende Zinsen
Die Hoffnung auf weiter sinkende Zinsen in den USA und der Eurozone treibt den DAX seit Monaten in die Höhe. Angesichts der zuletzt wieder deutlich gefallenen Inflation setzen Anleger darauf, dass die Notenbanken die Leitzinsen weiter senken und so die insbesondere in Deutschland lahmende Konjunktur ankurbeln.
Die Chancen dazu stehen nicht schlecht, denn bei der Europäischen Notenbank EZB und bei der US-Notenbank Federal Reserve steht in diesen Jahr noch ein Zinstermin an. "Sowohl bezüglich der EZB als auch der Fed halten wir eine Reduktion um 25 Basispunkte für das Wahrscheinlichste", schreiben die Marktbeobachter der Helaba in ihrem Tageskommentar.
Für Aktienanleger sind die Aussichten auf sinkende Zinsen gute Nachrichten, denn Aktien werden gegenüber festverzinslichen Papieren wieder attraktiver. Für die Konjunktur bedeutet das, dass Kredite günstiger werden. Unternehmen können sich deshalb leichter finanzieren, Investitionen werden erschwinglicher. Eine starke Konjunktur wiederum sollte den Aktienmarkt weiter stützen. Robert Halver, Marktexprte bei der Baader Bank, stellt deshalb fest: "Die Geldpolitik ist der Freund und Helfer der Aktienmärkte."
Deutschland vor der Rezession?
Allerdings steht die aktuelle Entwicklung an den Börsen derzeit im Kontrast zur Wirtschaftslage in Deutschland. Erst kürzlich haben führende Wirtschaftsforschungsinstitute ihre Konjunkturprognose für Deutschland gesenkt. Für das laufende Jahr wird den Experten zufolge nun ein Rückgang der Wirtschaftsleistung erwartet. Zunehmende Konkurrenz durch hochwertige Industriegüter aus China verdrängten deutsche Exporte auf den Weltmärkten.
Ferner sparen die Verbraucher, und die hohe wirtschafts- und geopolitische Unsicherheit belastet die Investitionstätigkeit der Unternehmen ebenso wie die hohen Energiekosten und das noch immer hohe Zinsniveau. Aber zumindest bei den Zinsen zeichnet sich eine spürbare Entspannung ab.
DAX-Konzerne international aufgestellt
Doch die Blicke der Investoren richten sich oft ohnehin weniger auf die aktuelle Lage, sondern auf künftige Gewinne und Erwartungen. Zudem sind die meisten der 40 im DAX geführten Konzerne international aufgestellt. Deutschland ist also nur ein Markt unter vielen. "Die Zugpferde im DAX profitieren vom Geschäft außerhalb Deutschlands, glänzen mit Preissetzungsmacht und positiven Branchentrends", sagt Jochen Stanzl, Markanalyst bei CMC Markets.
Allein der Kursanstieg von SAP seit Jahresbeginn mache mehr als 900 Punkte im DAX aus. "Hinzu kommt, dass die Kurse an der Wall Street weiter steigen und allein das erzeugt eine Sogwirkung, der sich der DAX nicht entziehen kann", lautet die Einschätzung des Fachmanns Stanzl.
Luft am Aktienmarkt ist dünn geworden
Gleichwohl ist jede Kursentwicklung am Aktienmarkt immer nur eine Momentaufnahme. Angesichts der starken Gewinne der vergangenen Wochen ist es durchaus wahrscheinlich, dass die Investoren die Gewinne demnächst realisieren möchten. Insofern wäre eine DAX-Korrektur oder ein etwas kräftigerer Rücksetzer im Rahmen des Erwartbaren.
"Bei Aktien ist die Luft unseres Erachtens nun äußerst dünn geworden", mahnen die Experten der Privatbank Metzler. Fundamental lasse sich die Entwicklung kaum noch rechtfertigen, so zumindest die Haltung vieler Aktienanalysten, die die eingepreisten Gewinnzuwächse als übertrieben hoch einschätzten.
Wie wirkt sich Trumps Wahl aus?
Hinzu kommt die Unsicherheit, die an den Finanzmärkten aufgrund der Wiederwahl Donald Trumps zum US-Präsidenten herrscht. Die Wahl Trumps Anfang November hatte die Finanzmärkte vor allem in den USA beflügelt. Denn Trump hat Steuersenkungen, weniger Regulierung und hohe Zölle auf Importe versprochen.
Sollte er seine Zollankündigungen wahr machen, wäre das für die exportorientierte deutsche Wirtschaft eher schädlich. Profitieren würden aber deutsche Konzerne, die in den USA aktiv sind. Auch das schwelende Thema einer möglichen Schuldenkrise in Frankreich - und damit in Europa - kann die Märkte jederzeit belasten.
Gutes Börsenjahr 2024
Bislang steht für das Börsenjahr 2024 ein Gewinn von knapp 19 Prozent zu Buche. Steigende Kurse zum Jahresausklang sind grundsätzlich nicht ungewöhnlich, garantiert sind sie aber nicht. An der Börse ist das Phänomen als "Jahresendrally" bekannt. Angesichts der Tatsache, dass die Börsen bereits so früh so hochgelaufen sind, bleibt abzuwarten, ob die Anleger in den kommenden Tagen ihre Risiken nicht etwas reduzieren werden.