Neues Rekordhoch Goldpreis-Anstieg sorgt für Rätsel
Die Rekordjagd des Goldpreises geht weiter. Mehrfach hat das gelbe Edelmetall zuletzt neue Höchststände erreicht. Die Gründe sind offenbar vielschichtig - und selbst Fachleute wundern sich.
Der Goldpreis setzt seine Rekordjagd ungebremst fort. Das gelbe Edelmetall ist so teuer wie nie. In der vergangenen Nacht zog der Goldpreis zeitweise bis auf 2.304,95 Dollar je Feinunze an und stellte damit eine neue Bestmarke auf - es war das fünfte Rekordhoch in Folge. Heute Vormittag hielt sich Gold bei etwa 2.294 Dollar, ehe es am Mittag leicht ins Minus rutschte.
Zentralbanken kaufen so viel Gold wie nie
Und dennoch: In den vergangenen drei Jahren hatte es der Goldpreis immer nur kurzfristig geschafft, die 2.000 Dollar-Marke zu durchbrechen. Doch seit Mitte Dezember lag Gold fast zu keinem Zeitpunkt darunter. Allein seit Ende Februar hat das Edelmetall mittlerweile mehr als zwölf Prozent an Wert gewonnen. Zum Vergleich: Im Oktober 2023 hatte Gold zeitweise noch 1.810 Dollar gekostet.
Mit Blick auf die Gründe für den Aufschwung sind sich Fachleute uneinig. Einen klaren Auslöser erkennen sie nicht. "Die Hintergründe des mysteriösen und untypischen Preisanstiegs sind immer noch unklar", schreibt etwa Markus Blaschzok, Chefanalyst der SOLIT Gruppe. Er nennt unter anderem die starken physischen Käufe Chinas als mögliche Erklärung für ein Defizit am Markt, was das Gold teurer macht.
Wie die jüngsten Daten des Branchenverbands World Gold Council zeigen, hatten Zentralbanken ihre Goldbestände im Februar weiter aufgestockt - schon den neunten Monat in Folge. Ungewöhnlich hohe Goldkäufe verzeichnete die Organisation dabei von Seiten Chinas, Indien und Kasachstan. Schon 2023 hatte die Nachfrage mit 1.037 Tonnen den zweithöchsten Wert seit Beginn der Aufzeichnungen erreicht. Zentralbanken können sich mit Gold gegen mögliche Sanktionen absichern, da sie darüber frei verfügen könnten, und ihre eigene Währung stärken.
Zinsaussichten positiv für die Preisentwicklung
Daneben gilt vor allem die Aussicht auf sinkende Zinsen als Treiber für die Goldrally. Mehrheitlich wird eine erste Zinssenkung sowohl der US-Notenbank Federal Reserve als auch der Europäischen Zentralbank (EZB) im Juni erwartet. Fed-Chef Jerome Powell hatte gestern noch einmal bekräftigt, dass die US-Währungshüter "irgendwann in diesem Jahr" mit der Senkung der Leitzinsen beginnen dürfte.
Niedrigere Zinssätze sind im Allgemeinen positiv für Edelmetalle, die keine Zinsen abwerfen. Sie werden also attraktiver im Vergleich zu anderen Anlageformen wie Anleihen. Tatsächlich hing die Gold-Entwicklung auch in der Vergangenheit häufig von der Entwicklung der Zinsen ab. Die Anlegerinnen und Anleger wetten also darauf, dass der Goldpreis auch dieses Mal von einer Zinswende profitieren wird.
Ungewöhnlich ist allerdings, dass die realen US-Zinsen weiterhin hoch sind, was für Gold normalerweise nachteilig ist. Außerdem bestätigten die jüngsten Aussagen von Notenbankern, dass die geldpolitische Wende bevorsteht, eigentlich nur die Annahmen der Investorinnen und Investoren. Viele Experten rätseln daher, was die Rekordjagd sonst noch antreibt.
Kriege und Risiken
Am Markt wurde immer wieder auf die jüngsten Entwicklungen im Nahost-Konflikt verwiesen. Nach einem Luftangriff auf das iranische Botschaftsgelände in der syrischen Hauptstadt Damaskus hatte sich die geopolitische Lage in der Region zuletzt verschärft. Das löst eine stärkere Nachfrage nach als sicher geltenden Anlagen wie Gold aus. Dazu kommen der Ukraine-Krieg und konjunkturelle Risiken in China, die die Nachfrage nach sogenannten "sicheren Häfen" verstärken.
Der Commerzbank-Rohstoffanalystin Thu Lan Nguyen reichen beide mögliche Ursachen nicht aus: "Einige führen den Preisanstieg auf die Entwicklungen in Nahost zurück, andere auf taubenhafte Äußerungen von Fed-Offiziellen - keine Erklärung erscheint wirklich überzeugend." Normalerweise seien die US-Zinserwartungen zwar wichtigste Treiber von Gold. Weil die Unsicherheit hinsichtlich des Beginns und des Ausmaßes der Zinsschritte aber eher zugenommen habe, lasse "sich der Anstieg im März - immerhin der stärkste in einem Monat seit gut dreieinhalb Jahren - nicht hinreichend erklären", so Nguyen.
Andere Experten begründen die Entwicklung daher mit dem aktuellen "Momentum" von Gold und der Charttechnik. "Anleger kaufen, weil sie erwarten, dass die aufgekommene Dynamik den Preis noch weiter nach oben befördern könnte", sagt Jochen Stanzl, Chef-Marktanalyst CMC Markets. Auch Blaschzok verweist auf Anschlusskäufe: "Spekulanten waren erneut aggressiv als Käufer aktiv, nachdem in der Vorwoche die technische Unterstützung bei 2.155 Dollar verteidigt werden konnte."
Wie geht es weiter?
Wie es weitergeht mit dem Goldpreis, kann niemand prognostizieren, weshalb vor allem Privatanleger vorsichtig sein sollten. Ohnehin gehen die meisten Fachleute davon aus, dass es aufgrund von Gewinnmitnahmen kurzfristig zu einer Korrektur am überkauften Goldmarkt kommen könnte. Das müsse aber nicht das Ende des Aufwärtstrends bedeuten.
Commerzbank-Analystin Nguyen ist allerdings eher skeptisch, was den weiteren Verlauf der Gold-Rekordrally angeht: "Wir haben Zweifel daran, dass die US-Notenbank einen ausgeprägten Lockerungszyklus einleiten wird, und sehen das weitere Aufwärtspotenzial bei Gold daher mittelfristig als begrenzt an." Dennoch könne es vor allem nach Zinssenkungen zeitweise nochmals Höchststände erreicht werden.
Im Schlepptau von Gold steigen derweil auch die Preise anderer Edelmetalle. So ist der Silberpreis weiter im Aufwind und erreichte mit 27,33 Dollar je Feinunze in der vergangenen Nacht den höchsten Stand seit etwa drei Jahren. Erneut nach oben ging es ebenfalls für das Industriemetall Kupfer, das heute mit einem Plus von bis zu 1,3 Prozent auf 9.380 Dollar je Tonne ein frisches 14-Monats-Hoch knackte.