Kosten von Immobilien Teure Überraschung bei der Grundsteuer?
Die Unsicherheit wegen der neuen Berechnung der Grundsteuer ist hoch. In diesem Jahr sollen die finalen Bescheide versandt werden. Für manche Eigentümer könnten die Kosten massiv steigen.
Ein Haus mitten in der Stadt. Für Karl-Eugen Bleyler aus Freiburg ist das ein großes Glück. Im oberen Stockwerk wohnt er mit seiner Tochter, die untere Etage vermietet er. Im Hinterhof, versteckt zwischen den Gärten der Nachbarn, liegt außerdem noch eine Wiese - ein Ruheort im Grünen für alle Bewohner. Diese könnte Karl-Eugen Bleyler ab kommendem Jahr enorm viel Geld kosten.
Bisher fielen für die Wiese 85 Euro Grundsteuer pro Jahr an. Nach dem neuen Grundsteuermodell in Baden-Württemberg könnten es ab 2025 rund 9200 Euro sein. Zusammen mit der Grundsteuer für das Grundstück, auf dem sein Haus steht, würde Bleyler damit auf rund 16.800 Euro kommen, wie er selbst berechnet hat. Bisher bezahlt er für beide Grundstücke 935 Euro im Jahr. "Ich meine, irgendwas stimmt da nicht", sagt Bleyler. Der Hauseigentümer ist schockiert.
Keine einheitliche Regelung der Bundesländer
Baden-Württemberg hat sich für einen Sonderweg bei der Grundsteuerreform entschieden. Zur Berechnung werden nur die Grundstücksgröße und der sogenannte Bodenrichtwert herangezogen. Der ist je nach Wohngegend unterschiedlich hoch und wird von einem Gutachtergremium festgelegt. Das bedeutet: Künftig spielt es keine Rolle mehr, ob auf dem Grundstück eine Villa oder ein Schuppen steht. Die Finanzämter werden mit der neuen Regelung deutlich entlastet, da nicht jedes Haus einzeln bewertet werden muss.
Anders als in anderen Bundesländern. Elf Bundesländer folgen dem Bundesmodell, dass die Gebäudeart in die Berechnung miteinbezieht. Neben Baden-Württemberg haben Hamburg, Hessen, Bayern und Niedersachsen ein eigenes Verfahren zur Bemessung der Grundsteuer.
"Anreiz, Wohnraum zu schaffen"
Im Finanzamt in Stuttgart betont man die Vorteile des dortigen Modells. Unbebaute Grundstücke könnten teurer werden, aber: "In diesem Modell steckt ein Anreiz diese Grundstücke zu bebauen und damit auch Wohnraum zu schaffen", sagt Gisela Splett, Staatssekretärin im Finanzministerium.
Eigentümer Bleyler kann und darf auf seiner Wiese nicht bauen. In Freiburg schätzt man die großen Gärten aus Klimaschutzgründen und möchte sie unbedingt behalten.
Bleyler ist nicht allein mit seinem Ärger über die Umsetzung der Reform. In ganz Deutschland haben nach Schätzungen des Bundesvorsitzenden der Deutschen Steuergewerkschaft Florian Köbler rund ein Drittel Einspruch gegen die Bescheide eingelegt.
Verbände halten Modelle für verfassungswidrig
Grund für die hohen Einspruchsquoten dürften die Musterklagen sein, die von mehreren Verbänden, etwa dem Bund der Steuerzahler unterstützt werden. Sowohl das Bundesmodell als auch das Modell in Baden-Württemberg halten sie für verfassungswidrig.
In Baden-Württemberg liegt die Klage aktuell beim Finanzgericht des Landes. Sollte sie abgewiesen werden, wollen die Verbände in Revision gehen. Am Ende müsste dann das Bundesverfassungsgericht entscheiden. Bis dahin könnten Jahre vergehen. Die Klage hat dabei allerdings keinen aufschiebenden Effekt. Ab dem 1.1.2025 muss die Grundsteuer bezahlt werden.
Berlin hat den Hebesatz stark gesenkt
Wie viel Grundsteuer ab dem neuen Jahr fällig wird, kann final erst berechnet werden, wenn die Kommunen ihren Hebesatz für 2025 festgelegt haben. Ein Faktor, mit dem der Grundstückswert, also Fläche und Bodenrichtwert, multipliziert wird. Städte und Gemeinden legen ihn selbstständig fest. In Freiburg bei Karl-Eugen Bleyler ist noch nicht klar, was ab 2025 gilt. Geht man vom bisherigen Hebesatz aus, muss er ab nächstem Jahr tatsächlich die 16.800 Euro Grundsteuer bezahlen.
Florian Köbler von der Deutschen Steuergewerkschaft appelliert an die Kommunen, die Hebesätze zeitnah festzulegen. "Damit würde endlich Klarheit herrschen und für viele könnte sich die Angst vor hohen Kosten auch auflösen."
Die Stadt Berlin hat ihren Hebesatz kürzlich deutlich gesenkt. In vielen kleinen Gemeinden wurde der Hebesatz aber auch erhöht. Die Grundsteuer ist für die Kommunen eine der wichtigsten Einnahmequellen.
Die Grundsteuer-Reform sollte eigentlich in der Summe nicht zu höheren Kosten führen. Innerhalb der Kommunen kann es aber zu Verschiebungen kommen. Das heißt: Für manche Grundstücke wird die Grundsteuer sinken, für andere steigen. Ob sich das am Ende die Waage hält, oder Kommunen doch die Chance nutzen, ihre leeren Kassen aufzufüllen, bleibt abzuwarten.
Kosten können an Mieter weitergegeben werden
Im Fall von Karl-Eugen Bleyler rät Andrea Schmid-Förster vom Bund der Steuerzahler in Baden-Württemberg zu einem Gegengutachten. In Baden-Württemberg sei das möglich. Damit könnte er nachweisen, dass seine Wiese nicht bebaut werden dürfe. Die Kosten dafür liegen allerdings bei ihm. Diese könnten zwischen mehreren Hundert bis mehr als Tausend Euro liegen.
Karl-Eugen Bleyler plant erstmal, die höhere Grundsteuer an die Mieter in seinem Gründerzeithaus weiterzugeben. Die Miete würde damit im kommenden Jahr steigen - um 175 Euro pro Monat.