Immobilienpreise War das Eigenheim früher erschwinglicher?
Der Traum vom eigenen Haus ist für viele in weite Ferne gerückt. Gestiegene Bauzinsen, immense Baukosten und hohe Immobilienpreise schrecken vor allem Familien ab. Aber waren die Spielräume etwa in den 1980er-Jahren größer?
Beim Blick auf die Entwicklung der Immobilienpreise mag manch einer denken, wie einfach es doch früher für die Elterngeneration gewesen sein muss, den Traum vom Eigenheim zu erfüllen. 1988 zahlte man für ein durchschnittliches Reihenhaus in Deutschland 190.000 Euro, 2020 waren es 470.000 Euro - eine Steigerung um 150 Prozent.
Dabei zeigen Daten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), dass es heute tatsächlich leichter ist, an ein eigenes Haus zu kommen als in den 1980er-Jahren. Der Erschwinglichkeitsindex, den die OECD auf Basis von Immobilienpreisen und Einkommen berechnet hat, sinkt seit einigen Jahren.
Zwar haben die Immobilienpreise seit 1980 um 160 Prozent zugelegt; rechnet man allerdings die Inflation mit ein, sind die realen Hauspreise nur um 15,5 Prozent gestiegen. Im gleichen Zeitraum haben die verfügbaren Realeinkommen jedoch um 41 Prozent zugenommen. Insgesamt sind die Einkommen also deutlich stärker gestiegen als die Immobilienpreise. "Durch die gestiegenen Löhne hat sich die Erschwinglichkeit nicht so gravierend verschlechtert, wie man oft annimmt", sagt Jochen Möbert, Immobilienexperte bei DB Research.
Kredite waren früher teurer
Neben den Häuserpreisen und Einkommen spielen aber auch die Bauzinsen bei der Erschwinglichkeit einer Immobilie eine entscheidende Rolle. Der Zinsanstieg von einem auf vier Prozent im vergangenen Jahr hat bei vielen Hausbesitzern und Interessenten einen Schock ausgelöst. "Während die durchschnittliche monatliche Rate vor dem Zinsanstieg noch bei 1166 Euro lag, waren es ein Jahr später schon 1505 Euro. Steigende Zinsen bedeuten für alle Kreditnehmer höhere Kosten und das drückt die Leistbarkeit", erklärt Jörg Utecht, Vorstandsvorsitzender der Interhyp Gruppe.
Dabei befinden sich die Zinsen derzeit noch immer auf historisch niedrigem Niveau. "Verglichen mit den 1980er-Jahren ist das heutige Zinsniveau nach wie vor relativ niedrig. In den 1980er-Jahren waren Bauzinsen um die zehn Prozent oder darüber keine Seltenheit", so Utecht.
Kredite waren damals also deutlich teurer als heute, was sich wiederum an der monatlichen Kreditrate bemerkbar macht. Mitte 1980 lag der Bauzins bei 9,5 Prozent. Nach einer Berechnung des Immobilienfinanzierers Interhyp betrug die monatliche Belastung für ein Darlehen von 200.000 Euro damit 1750 Euro - bei einer zehnjährigen Zinsbindung, einer Tilgung von einem Prozent monatlich und einer Beleihung der Immobilie zu 60 Prozent. Über zehn Jahre hinweg summierten sich alleine die Zinskosten somit auf rund 178.000 Euro.
Heute läge die Rate bei einem Zinssatz von knapp vier Prozent bei unter 1000 Euro - mit Zinskosten von rund 70.000 Euro.
Ballungsräume begehrt und teuer
Insgesamt ist eine eigene Immobilie demzufolge heute sogar erschwinglicher als in den 1980er-Jahren. Trotzdem fühlt sich das für viele Menschen nicht so an, wie eine Studie von Interhyp zeigt: Viele Deutsche halten eine eigene Immobilie für einen unerreichbaren Traum. Für 51 Prozent der Interessenten sei ein Kauf in ihrer Region gar nicht oder kaum noch leistbar.
Das hat laut Möbert auch damit zu tun, dass die Immobilienpreise in begehrten Regionen in den vergangenen Jahren sehr stark gestiegen sind. "Vor allem in Metropolen, wo heute viel mehr Menschen als in den 1980er-Jahren leben, das Angebot also knapp und die Nachfrage groß ist, sind Immobilien heute nicht viel erschwinglicher."
Zusätzlich gibt es heute teilweise größere Hürden als in den vergangenen Jahrzehnten, etwa was die Nebenkosten angeht. "Die Kosten, die beim Kauf einer Immobilie für Notar, Grundbucheintrag oder die Grunderwerbsteuer anfallen, sind heute deutlich höher als in den 1980er-Jahren", so Utecht. Während jeder Immobilienkäufer bei der Grunderwerbsteuer 1983 noch den gleichen Steuersatz von zwei Prozent zahlte, fallen heute je nach Bundesland bis zu 6,5 Prozent an.
Weniger Verzicht zugunsten des Eigenheims
Trotz der gestiegenen Löhne und vergleichsweise niedrigen Kreditzinsen müssen Immobilienkäufer demzufolge mehr Geld selbst aufbringen, um allein die Nebenkosten und häufig erforderliche Eigenkapitalquote von 20 Prozent zahlen zu können. Gerade das erforderliche Eigenkapital hält Reiner Braun, Vorstandsvorsitzender der empirica ag, für eine große Beeinträchtigung: "An dem erforderlichen Eigenkapital scheitern hierzulande schon seit langem immer mehr junge Familien. Viele schaffen es nicht mehr, den schnell steigenden Preisen und Grunderwerbssteuern hinterher zu sparen."
Das liege allerdings auch daran, dass sich das Konsumverhalten der Menschen verändert habe, so Braun. "Familien in den 1980er-Jahren haben mehr gespart als heute, auch weil sie sich mehr eingeschränkt haben." Denn was ein Hauskauf oft auch bedeutet, ist Verzicht an anderer Stelle.
Und dazu sind immer weniger Menschen bereit, wie die Leistbarkeitsstudie von Interhyp zeigt. 54 Prozent - und damit acht Prozent mehr als im Jahr davor - geben an, ihre Lebensqualität nicht für die Finanzierungskosten einschränken zu wollen. In den 1980er-Jahren wäre wohl ein anderes Ergebnis herausgekommen. Allein durch Verzicht lässt sich eine Immobilie allerdings kaum stemmen - weder damals noch heute.