Russische Rubel-Banknoten verschiedener Stückelungen liegen auf einem Tisch.

Stärkerer Rubel Russland senkt Leitzins auf Vorkriegsniveau

Stand: 10.06.2022 13:48 Uhr

Die russische Notenbank hat den Leitzins wieder auf das Niveau von vor dem Angriff auf die Ukraine gesenkt. Der stärkere Rubel und die zuletzt gesunkene Inflation in Russland machen es möglich.

Von Angela Göpfert, ARD-Finanzredaktion

Die russische Zentralbank in Moskau hat überraschend deutlich an der Zinsschraube gedreht und den Leitzins um 1,5 Prozentpunkte auf 9,5 Prozent reduziert. Damit notiert der Leitzins jetzt wieder auf dem gleichen Niveau wie vor dem russischen Überfall auf die Ukraine. Die Zentralbank teilte in ihrer Begründung des Schritts mit, dass der Rückgang der Wirtschaftsaktivitäten im zweiten Quartal weniger stark ausgeprägt gewesen sei als erwartet und sich die Inflation stärker abgeschwächt habe als erwartet.

Drastische Zinssenkung zu Kriegsbeginn

Zur Erinnerung: Ende Februar hatte die Bank Rossii unter der Führung von Notenbankchefin Elwira Nabiullina den Leitzins drastisch um 10,5 Punkte auf 20 Prozent angehoben. Sie reagierte damit auf die Sanktionen des Westens, die nach dem Beginn des Kriegs gegen die Ukraine beschlossen wurden.

Mit ihrer Zinserhöhung wollte die Notenbank damals der Abwertung der Landeswährung Rubel und den Inflationsgefahren entgegenwirken. Zugleich führte Nabiullina Kapitalkontrollen ein, um den Abfluss von Devisen ins Ausland zu verhindern. Später folgten dann aber in kurzer Abfolge drei Zinssenkungen um jeweils drei Prozentpunkte. Ende Mai lag der Leitzins schließlich bei elf Prozent - nun erreichte er wieder das Ausgangsniveau vom Februar. Die Zentralbank stellte zudem weitere Zinssenkungen im Verlauf des Jahres in Aussicht.

Zuletzt hatte sich der Preisauftrieb in Russland etwas beruhigt, die russische Inflationsrate war Anfang Juni von zuvor 20 auf nunmehr 17 Prozent gesunken. Im weiteren Jahresverlauf rechnet die Bank Rossii mit einem weiteren Rückgang der Teuerung auf einen Jahresdurchschnitt zwischen 14 und 17 Prozent. Die Zentralbank senkte damit ihre Inflationsprognose deutlich, nachdem sie zuletzt noch von einer Teuerung zwischen 18 und 23 Prozent für 2022 ausgegangen war.

Rubel zeigt deutliche Stärke

Auch der Rubel ist auf Erholungskurs - er ist mittlerweile sogar stärker als vor Beginn des Ukraine-Kriegs. Das eröffnete der russischen Zentralbank einen gewissen Spielraum für Zinssenkungen, den sie nun genutzt hat.

Aktuell müssen für einen Dollar nur noch rund 58 Rubel gezahlt werden. Vor Beginn des Ukraine-Kriegs waren es etwa 76 Rubel gewesen. Im Hoch im März wurden für einen Dollar sogar 154 Rubel fällig.

Rubel-Kurs mit Vorsicht zu genießen

Devisen-Experten führen die Stärke des Rubels nicht zuletzt auf die westlichen Sanktionen zurück. "Wenn Güter sanktioniert sind, konzentriert sich ein Teil der russischen Nachfrage auf heimische Güter. Das stärkt wiederum den Rubel", erläuterte jüngst Commerzbank-Devisenexpertin Anja Praefcke gegenüber tagesschau.de.

Da für den Rubel im Ausland seit Ausbruch des Krieges aber kaum noch Handel stattfindet, sind die in Russland ermittelten Rubel-Kurse mit Vorsicht zu genießen. Der Rubel-Wechselkurs ist aktuell nämlich kein Preis, der sich unter den Bedingungen eines freien, funktionierenden Devisenmarkts gebildet hat.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete BR24 in der Börse am 10. Juni 2022 um 13:42 Uhr.