Warten auf die Fed US-Börsen in der Warteschleife
An der Wall Street haben die großen Aktienindizes heute erneut mehrfach das Vorzeichen gewechselt. Vor der wegweisenden Zinssitzung der Fed herrschte große Nervosität bei den Anlegern.
An der Wall Street haben die großen Aktienindizes heute erneut mehrfach das Vorzeichen gewechselt. Vor der wegweisenden Zinssitzung der Fed herrschte große Nervosität bei den Anlegern.
An der New Yorker Börse haben sich die großen Aktienindizes heute stabilisiert, letztlich aber keine klare Richtung gefunden. Die Anleger blieben wie schon in den vergangenen Handelstagen extrem nervös, die Indizes wechselten im Verlauf mehrfach das Vorzeichen. Etwas Rückenwind kam von frischen Konjunkturdaten. So stiegen die Aufträge der US-Industrie im März stärker als erwartet.
Am Ende schloss der Leitindex Dow Jones um 0,2 Prozent höher bei 33.128 Punkten. Deutlicher ging es mit dem marktbreiten S&P-500-Index bergauf, der 0,48 Prozent zulegte auf 4175 Zähler. Etwas moderater ging es an der technologielastigen Nasdaq zu, die am Ende um 0,22 Prozent leicht vorrückte. Der Auswahlindex Nasdaq 100 ging bei 13.089 Punkten um 0,11 Prozent höher aus dem Handel.
Neben durchwachsenen Firmenbilanzen warf vor allem die Notenbanksitzung ihre Schatten voraus. Es gilt an den Börsen als ausgemacht, dass die Fed den Leitzins am Mittwoch um einen halben Prozentpunkt anheben wird. "Der Blick nach vorne dürfte wichtiger sein als das, was sie tun werden", sagte Anlageexperte Randy Hare von der Huntington National Bank. "Die Fed befindet sich in einer Position, in der sie in Sachen Inflation hinterherhinkt. Wenn sich die Dinge also nicht verlangsamen, müssen sie aggressiver vorgehen."
Auf Unternehmensseite nahm die Berichtssaison ihren Lauf unter anderem mit Zahlen von Pfizer. Die Coronavirus-Impfung und die Pille Paxlovid gegen einen schweren Verlauf der Covid-19-Krankheit sorgten für Umsatz- und Gewinnkennziffern über den Erwartungen. Allein aus der gemeinsam mit der deutschen Biotechfirma Biontech vermarkteten mRNA-Impfung Comirnaty erlöste der Arzneimittelriese mehr als 13 Milliarden US-Dollar, wie Pfizer in New York mitteilte. Konzernweit erhöhte sich der Umsatz im ersten Jahresviertel im Vergleich zum Vorjahr um fast 80 Prozent auf nahezu 25,7 Milliarden Dollar (24,4 Mrd Euro). Die Aktie legte knapp 2,0 Prozent zu.
0,67 Prozent ging es am Ende mit den Papieren des BASF-Konkurrenten Dupont bergauf, nachdem die Aktie zuvor lange im Minus notiert hatte. Hohe Kosten unter anderem für Rohstoffe bremsten im ersten Quartal das operative Ergebnis, auch wenn der Umsatz deutlicher anzog. Für das Gesamtjahr blickt der Chemiekonzern optimistischer auf den Umsatz, aber vorsichtiger auf die Gewinnmarge.
Der DAX ist mit Gewinnen aus dem Handel gegangen und hat dabei auch die Marke von 14.000 Euro wieder knapp überwunden. Rückenwind erhielt der heimische Markt am Nachmittag von der sich im Handelsverlauf erholenden Wall Street. Am Ende schloss der deutsche Leitindex bei 14.039 Punkten um 0,72 Prozent höher und damit eher am oberen Ende seiner heutigen Bandbreite zwischen 14.081 und 13.931 Zählern.
Thema des Tages war die Zinssitzung der US-Notenbank Federal Reserve (Fed), die heute begonnen hat und deren Ergebnisse morgen ab 20 Uhr Mitteleuropäischer Zeit (MEZ) bekanntgegeben werden. Vor diesem für die Finanzmärkte wegweisenden Ereignis blieb das Handelsgeschehen insgesamt überschaubar. Zudem wurden aus dem Unternehmenssektor weitere Bilanzdaten veröffentlicht.
"Die US-Notenbank steht vor dem Beginn aggressiver Zinserhöhungen, während die Konjunktur in China und der EU schwächelt", sagte Stephen Innes, Geschäftsführer beim Vermögensverwalter SPI. Es gilt als ausgemachte Sache, dass morgen eine Erhöhung der Zinsen um 50 Basispunkte erfolgt. Es wäre die größte Zinserhöhung seit dem Jahr 2000. Sorgen bereiten Investoren zudem die rigiden Corona-Lockdowns in China, die die dortige Konjunktur belasten und zum derzeit schwierigen Anlageumfeld beitragen.
Der inflationäre Druck bleibt derweil beträchtlich. So stiegen die Preise der Hersteller in der Eurozone im März wegen der Kostenexplosion im Energiesektor in einem noch nie dagewesenen Tempo. Die Erzeugerpreise in der Industrie legten um 36,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat zu, wie das Statistikamt Eurostat mitteilte. Ökonomen hatten mit einem etwas schwächeren Anstieg gerechnet. Im Februar hatte das Plus noch bei 31,5 Prozent gelegen - auch das war ein Rekordanstieg.
Der Euro notiert im US-Handel bei 1,0526 Dollar 0,2 Prozent höher. Die aktuellen Arbeitsmarktdaten aus Deutschland und der Eurozone stützen ein wenig. Das in der vorigen Woche markierte Fünf-Jahres-Tief bei 1,0471 Dollar bleibt aber in der Nähe.
Die hohen Zinserwartungen für die USA stützen weiter den Dollar und stellen eine Belastung für die Gemeinschaftswährung dar. Denn im Gegenzug reagiert die EZB sehr viel zögerlicher auf die hohen Inflationsraten als die Fed, was den Euro schwächt.
Gewinne verzeichnete der australische Dollar. Auslöser war eine Zinsanhebung der Notenbank Australiens, die deutlicher ausfiel als von Marktteilnehmern erwartet. Die Zentralbank begründete ihre erste Zinsanhebung in der Corona-Pandemie mit der hohen Inflation und stellte weitere Zinsstraffungen in Aussicht.
Auch der Rentenmarkt erholt sich etwas nach den jüngsten deutlichen Verlusten. Zehnjährige Bundesanleihen rentieren bei 0,92 Prozent nachdem sie bereits mit 1,01 Prozent über der Marke von 1,00 Prozent notiert hatten.
EZB-Direktorin Isabel Schnabel hat sich angesichts der hohen Inflation im Euro-Raum dafür ausgesprochen, den geldpolitischen Kurs anzupassen. "Jetzt reicht es nicht mehr zu reden, wir müssen handeln", sagte sie dem "Handelsblatt" (Mittwochausgabe) einem Vorabbericht zufolge.
"Aus heutiger Sicht halte ich eine Zinserhöhung im Juli für möglich." Zuvor sollten die Nettozukäufe von Anleihen eingestellt werden, voraussichtlich Ende Juni. Der Preisanstieg beschränke sich nicht nur auf Energie und Lebensmittel. Es stehe außer Zweifel, dass höhere Lohnforderungen kommen würden, sollte die Inflation längere Zeit hoch bleiben. Bisher hatten sich EZB-Verantwortliche, allen voran Präsidentin Lagarde, eher zurückhaltend geäußert.
Die verschärften Lockdowns in China trüben die konjunkturellen Perspektiven zusätzlich ein und hinterlassen vor allem an den Rohstoffmärkten Spuren. Nordseeöl der Sorte Brent fiel um 2,3 Prozent je Fass. Zuletzt wurden 21 Millionen Menschen in Peking wegen weniger Corona-Fälle isoliert und der Shanghaier Hafen komplett geschlossen.
Die deutschen Maschinenbauer haben im März erstmals seit Anfang 2021 weniger Bestellungen als vor Jahresfrist erhalten. Die Auftragseingänge sanken um vier Prozent. "Fehlende Aufträge oder gar Auftragsstornierungen aus Russland und der Ukraine dürften ebenso zu diesem Rückgang geführt haben wie eine allgemein stärkere Kaufzurückhaltung verunsicherter Investoren", erklärte der Chefvolkswirt des Branchenverbandes VDMA, Ralph Wiechers. Hinzu kämen Lieferkettenprobleme, die wieder zunähmen, und der hohe Vergleichswert im März 2021.
Positive Daten kommen von der Deutschen Post. Der DAX-Konzern bleibt auch nach dem Rekordjahr 2021 weiter auf Wachstumskurs. Der Umsatz sei von Januar bis März um 19,8 Prozent auf 22,6 Milliarden Euro gestiegen, teilte die Post am Morgen mit. Das operative Ergebnis (Ebit) stieg von 1,9 auf 2,2 Milliarden Euro. Die Ziele für 2022 bekräftigte der Konzern. Der boomende Online-Handel und der anziehende Welthandel hatten die Deutsche Post in der Vergangenheit von Rekord zu Rekord getragen. Nun verlor zwar das Paketgeschäft an Tempo, doch konnte das weltweite Express- und Frachtgeschäft zulegen.
Schwächster DAX-Titel waren Covestro, die fast fünf Prozent verloren. Denn steigende Kosten und der Corona-Lockdown in China haben dem Kunststoffhersteller bei seinen Jahreszielen einen Strich durch die Rechnung gemacht. Für 2022 rechnet Covestro nun mit einem operativen Ergebnis (Ebitda) zwischen 2,0 und 2,5 Milliarden Euro.
Bislang hatte der Konzern einen Rückgang des operativen Ergebnisses auf 2,5 bis 3,0 (Vorjahr: 3,1) Milliarden Euro erwartet. Analysten hatten zuletzt im Schnitt 2,7 Milliarden Euro prognostiziert. Im ersten Quartal konnte Covestro den Umsatz aber deutlich von 3,3 auf 4,68 Milliarden Euro steigern. Der Nettogewinn betrug 416 Millionen Euro, nach 393 Millionen im ersten Quartal 2021.
Die Aktien von Siemens sind nach enttäuschenden Quartalszahlen und gekappten Geschäftsjahreszielen des US-Wettbewerbers Rockwell Automation in die Verlustzone gedreht. Am Ende gaben die Papiere des deutschen Technologieunternehmens im DAX rund 0,8 Prozent nach.
Zuvor hatte der Konkurrent im Bereich Industrieautomatisierung, Rockwell, überraschend schwache Zahlen zum zweiten Geschäftsquartal veröffentlicht und seine Ziele für die Ergebnisse (EPS) und das Umsatzwachstum für 2021/22 gesenkt. Die Rockwell-Aktie bricht an der NYSE um rund zwölf Prozent ein.
Auch Dürr gab gestern Abend eine Gewinnwarnung ab. Der schwäbische Anlagenbauer aus dem MDAX erwartet bis zum Jahresende Lieferkettenprobleme und senkt seine Prognose. Für 2022 erwarte der Vorstand nun eine Ebit-Marge (operatives Ergebnis im Verhältnis zum Umsatz) vor Sondereffekten von 5,0 bis 6,5 Prozent anstelle der bisher angestrebten 6,5 bis 7,5 Prozent. Im Jahr 2021 betrug die Marge 5,6 Prozent, im ersten Quartal 2022 waren es 4,9 Prozent, wie der Hersteller von Lackieranlagen für die Autoindustrie mitteilte. Im zweiten Quartal würden die Lockdowns in China Umsatz und Ergebnis beeinträchtigen. So mancher Experte hatte aber noch Schlimmeres erwartet, so dass die Aktie trotzdem deutlich zulegte.
Uniper ist schwach ins laufende Jahr gestartet. Denn der MDAX-Konzern hatte sich dafür entschieden, im Voraus verkauftes Gas zunächst weiter in den Speichern zu belassen. Stattdessen hatte Uniper Gas am Markt zugekauft und dieses geliefert. Der Konzern kalkulierte damit, dass der Gaspreis im zweiten und dritten Quartal wieder steigt.
Laut den endgültigen Zahlen betrug der um Sondereffekte bereinigte Verlust vor Zinsen und Steuern (Ebit) im ersten Quartal 829 Millionen Euro, nach einem Plus von 731 Millionen Euro. Unter dem Strich stand ein Minus von etwas mehr als 3,1 Milliarden Euro. Im Vorjahresquartal hatte der Konzern noch 842 Millionen Euro verdient. Finanzchefin Tiina Tuomela betonte erneut, dass es sich um eine Ergebnisverschiebung, nicht um einen Ausfall handele. Entsprechend könne das Management die Prognose für das laufende Geschäftsjahr bestätigen. Seit Anfang März ist klar, dass der Versorger das Darlehen für die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 vollständig abschreiben musste. Auch dieser Effekt fiel in das erste Quartal.
Der Vakuumpumpen-Hersteller Pfeiffer Vacuum hält nach kräftigen Zuwächsen im ersten Quartal an seinen Jahreszielen fest. Der Umsatz kletterte im ersten Quartal um knapp 13 Prozent auf 216 Millionen Euro und lag damit erstmals über 200 Millionen Euro. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) zog um fast 39 Prozent auf 31,3 Millionen Euro an, wodurch sich die Marge auf 14,5 Prozent erhöhte - ein Jahr zuvor lag der Wert bei 11,8 Prozent. "Die Nachfrage nach unseren Produkten und Dienstleistungen blieb auf breiter Basis auf einem noch nie dagewesenen Niveau", sagte Konzernchefin Britta Giesen. Die angespannten Lieferketten blieben dabei "die größte Herausforderung".
Der IT-Spezialist Cancom blickt wegen größer gewordene Probleme in der Lieferkette und beim makroökonomischen Umfeld nicht mehr ganz so positiv auf das laufende Jahr. Der Umsatz werde nur noch ein deutliches Wachstum aufweisen, teilte das Unternehmen Abend in München mit. Zuvor war der Vorstand von einem sehr deutlichen Erlösplus ausgegangen.
Eine entsprechende Änderung gab es auch bei der Prognose zum Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda). Im ersten Quartal war der Umsatz von Cancom um 10,8 Prozent zum entsprechenden Vorjahreszeitraum auf 300,9 Millionen Euro gesunken, das Ebitda stieg hingegen um 6,3 Prozent auf 27,2 Millionen Euro. Die Neuigkeiten kamen bei Anlegern insgesamt nicht gut an. Der Aktienkurs von Cancom sackte auf der Handelsplattform Tradegate in einer ersten Reaktion um mehr als sieben Prozent ab.
BMW und Mercedes-Benz verkaufen ihre gemeinsame Carsharing-Tochter Share Now an den französisch-italienischen Autokonzern Stellantis. Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart. BMW und Mercedes-Benz wollten nun ihren gemeinsamen E-Auto-Ladedienst Charge Now und ihre Mobilitäts-App Free Now ausbauen, teilten die deutschen Konzerne mit. Das seien zwei zentrale Geschäftsfelder mit hohem Wachstumspotenzial.
Die französische Großbank BNP Paribas ist trotz der Verwerfungen infolge des Ukraine-Kriegs mit deutlich mehr Gewinn in das Jahr gestartet. Auch dank starker Geschäfte im Investmentbanking stand unter dem Strich ein Überschuss von 2,1 Milliarden Euro - fast ein Fünftel mehr als ein Jahr zuvor, wie das Geldhaus heute in Paris mitteilte. Das war deutlich mehr als von Analysten im Schnitt erwartet.
Angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine und steigender Inflationsraten sprang der Handel mit Wertpapieren kräftig an - was der Bank zugutekam. BNP Paribas ist eine der größten Banken in der Eurozone. Die Aktie rückte an der Pariser Börse deutlich um über fünf Prozent vor.
BP hat wegen der hohen Ölpreise operativ deutlich mehr verdient als erwartet. Bereinigt um Sondereffekte verdiente der britische Ölkonzern im ersten Quartal 6,25 Milliarden US-Dollar. Das ist mehr als doppelt so viel wie im Vorjahr. Wegen der Abschreibung seiner Beteiligung an dem russischen Ölkonzern Rosneft und des Rückzugs aus dem Russland-Geschäft fiel unter dem Strich ein Verlust in Höhe von 20,4 Milliarden Dollar an nach einem Gewinn von 4,7 Milliarden im Vorjahr. Wie im Vorquartal will BP eine Dividende von 5,46 US-Cent je Aktie zahlen.
Nach dem stärksten Anstieg eines Quartalsumsatzes seit Jahren blickt der Online-Immobilienmarktplatz Scout24 (Immoscout24) etwas optimistischer aufs laufende Jahr. Dabei zeigt sich der Vorstand von seiner neuen Strategie überzeugt, stärker auf transaktionsbasierte Produkte zu setzen. Im Auftaktquartal erlöste das MDAX-Unternehmen mit knapp 108 Millionen Euro rund 15 Prozent mehr. Das operative Ergebnis (Ebitda) stieg um 6,5 Prozent auf 58,6 Millionen Euro. Nach Steuern verdiente Scout24 hingegen mit gut 20 Millionen Euro fast 18 Prozent weniger als vor einem Jahr. Das lag an schwächeren Ergebnissen bei Kapitalanlagen.
Im SDAX erholte sich die Aktie der Adler Group kräftig nach dem gestrigen Kurseinbruch infolge des verweigerten Testats der Jahreszahlen. Am Markt wurde von spekulativen Käufen gesprochen. Die Aktie sei unverändert mit großen Risiken behaftet, warnte ein Händler.