Aktien gefragt Erholung in New York
An der Wall Street ist heute etwas mehr Zuversicht eingezogen. Nachzügler aus dem Unternehmenssektor standen mit Quartalszahlen im Mittelpunkt. Zudem rückten China-Sorgen verstärkt in den Fokus.
Nach verhaltenem Auftakt haben an der Wall Street am Ende die Optimisten das bessere Ende für sich gehabt. Damit ging der wechselhafte Handel weiter, der zuletzt das Geschehen bestimmte. Dem Leitindex Dow Jones gelang am Ende mit einem Plus von 1,18 Prozent auf 34.098 Punkte der Sprung über die Marke von 34.000 Punkten.
Anders als zuletzt konnte auch die zinssensitive Technologiebörse Nasdaq mithalten. Der Composite-Index gewann 1,36 Prozent, der Auswahlindex Nasdaq 100 rückte um 1,48 Prozent vor. Vor allem die Nasdaq hatte zuletzt unter dem weiter unsicheren Fortgang des Zinszyklus der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) stärker gelitten. Der marktbreite S&P-500-Index ging bei 4003 Zählern aus dem Handel, ein Tagesgewinn von 1,36 Prozent.
Trotz der Avancen heute fehlen dem Markt nach den jüngsten hohen Gewinne aber neue Impulse. "Die Marktstimmung bleibt den zweiten Handelstag der Woche gedämpft, da die meisten Anleger immer noch Schwierigkeiten haben, die kurz- bis mittelfristigen Aussichten für riskante Anlagen einzuschätzen", sagte der Marktbeobachter Pierre Veyret vom Broker ActivTrades.
Außerdem bremsen US-Währungshüter die Risikobereitschaft, ergänzte Veyret. Diese bekräftigten zuletzt, dass der Kampf gegen die Inflation noch lange nicht gewonnen sei. Der Spitzenanstieg des Dow seit Mitte Oktober um 18,5 Prozent gilt derzeit als schwere Hypothek für das New Yorker
Ein Risiko für den Aktienmarkt und die konjunkturelle Lage bleibt auch die Situation in China. Konkret hat Peking am Dienstag einen Rekordanstieg bei den Corona-Fällen gemeldet. 1438 Neuinfektionen wurden nach Behördenangaben in der chinesischen Hauptstadt registriert - so viele wie noch nie seit Pandemie-Beginn vor fast drei Jahren. Am Sonntag hatte die Zahl der Neuerkrankungen noch bei 621 gelegen.
China ist die letzte große Volkswirtschaft, die eine sehr strenge Null-Covid-Politik verfolgt. Lockdowns bis hin zur Abriegelung ganzer Stadtteile und Städte und zu Betriebsschließungen wegen kleiner Corona-Ausbrüche belasten die Wirtschaft und den Alltag der Menschen. Die Strategie, die sich bei der Eindämmung des Coronavirus zunächst als wirksam erwiesen hatte, scheint angesichts neuer Virusvarianten an Wirkung zu verlieren.
Auf Unternehmensseite gab es heute noch einige Nachzügler der Berichtssaison - mit Licht und Schatten. Die größte positive Ausnahme war der Elektronikhändler Best Buy mit einem kräftigen Kurssprung um 12,71 Prozent nach oben. Ein angehobener Gewinnausblick überraschte hier die Anleger positiv in Zeiten, in denen die Konsumfreude allgemein kritisch hinterfragt wird.
Kräftige Gewinne von sogar 21,65 Prozent gab es auch bei Abercrombie & Fitch: Der Textilhändler überraschte positiv, indem er im dritten Quartal die Umsatzerwartungen übertraf. Im Gegenteil dazu ging es bei Zoom Video aber um 3,87 Prozent bergab. Der Anbieter von Videokonferenzen tut sich nach dem Boom zu Beginn der Corona-Pandemie immer schwerer, wie das bislang schwächste Wachstum der 2011 gegründeten Firma zeigt. Der Effekt davon ist, dass das Unternehmen zudem seine Umsatzprognose für das Gesamtjahr leicht senkte.
Der heimische Aktienmarkt befindet sich weiter in einer Konsolidierungsphase. Der DAX handelte wie schon zuletzt innerhalb enger Bandbreiten zwischen 13.343 und 13.485 Punkten. Dass der deutsche Leitindex am Ende mit einem Tagesgewinn von 0,29 Prozent auf 14.442 Punkte aus dem Handel ging, verdankt er in erster Linie der Wall-Street-Tendenz. In New York ist die Börse nach uneinheitlichem Auftakt mittlerweile ins Plus gedreht, bleibt aber derzeit ebenfalls in einer Seitwärtsbewegung gefangen.
Bestimmendes Thema auf dem Parkett bleibt weiter die Zinspolitik der US-Notenbank Federal Reserve (Fed). Wie lange und wie stark wird der gegenwärtige Zinszyklus von der Fed fortgesetzt? Ohne eine bessere Idee zu dieser Frage dürften sich die Märkte weiter schwer tun.
Zumal in den USA am Donnerstag wegen des Thanksgiving-Feiertages kein Handel und am Freitag nur ein verkürzter Handel stattfindet. Der Charttechnik-Analyst Marcel Mußler geht deshalb davon aus, dass an der Börse hierzulande weitere Konsolidierungstage kommen könnten.
Wie stets blickt die Börse aber schon voraus, in diesem Fall auf die Sitzungsprotokolle der letzten Zinssitzung der Fed, die morgen ab 20 Uhr mitteleuropäischer Zeit (MEZ) erwartet werden. Die im Fachjargon "Minutes" genannten Protokolle sind eine der wenigen Möglichkeiten, einen Blick in das Innenleben der mächtigsten Notenbank der Welt zu werfen und haben schon oft für Bewegung gesorgt. Ob dies allerdings am Vorabend des Thanksgiving-Festes auch so sein wird, ist mehr als unsicher.
Unterstützung erhielten die Kurse zuletzt unter anderem von den Spekulationen über behutsamere Zinserhöhungen der Fed, die vom überraschend geringen Anstieg der US-Inflation im Oktober befeuert wurde. Allerdings seien die Erwartungen der Anleger überzogen, warnte Finanzmarkt-Experte Russ Mould vom Brokerhaus AJ Bell: "Morgen könnte eine kalte Dusche folgen."
Der Kurs des Euro ist am Dienstag gestiegen. Die Gemeinschaftswährung konnte damit einen Teil der deutlichen Verluste vom Wochenauftakt wettmachen. Im US-Handel wird sie bei 1,0302 Dollar gehandelt und damit höher als am Morgen. Die Europäische Zentralbank (EZB) setzte den Referenzkurs auf 1,0274 (Montag: 1,0246) Dollar fest.
Marktbeobachter sprachen von einer Gegenreaktion nach dem schwachen Wochenauftakt. Am Montag hatten Hinweise auf eine nachlassende Preisdynamik in Deutschland den Eurokurs etwa einen Cent sinken lassen. Mit den Erzeugerpreisen waren Preise, die Hersteller für ihre Waren verlangen, deutlich schwächer gestiegen als erwartet. Am Markt sorgte dies für Spekulationen auf ein weniger aggressives Vorgeben der EZB bei künftigen Zinserhöhungen im Kampf gegen die hohe Inflation.
Aktuelle Aussagen aus den Reihen der EZB lassen allerdings ein weiter konsequentes Vorgeben der Notenbank bei der Eindämmung der hohen Inflation erwarten. So dürfte die Teuerung im Euroraum ihren Höhepunkt noch nicht erreicht haben, sagte Bundesbankpräsident und EZB-Ratsmitglied Joachim Nagel. Zudem sollte die deutsche Inflationsrate auch im kommenden Jahr hoch bleiben.
Die Ölpreise bauten am Nachmittag ihre Gewinne aus und legten am Ende rund 1,3 Prozent zu. Trotzdem bleibt der Ölmarkt angeschlagen, nicht zuletzt wegen der schwierigen Corona-Lage in China. "Der seit Sommer 2022 bestätigte Abwärtstrend im Ölpreis (Brent) ist weiterhin maßgebend. Erst ein Anstieg über den Bereich von 111,20 US-Dollar würde diesen beenden", kommentiert Konstantin Oldenburger, Marktanalyst bei CMC Markets.
Am Montagnachmittag hatte ein Pressebericht am Ölmarkt für große Aufregung und kräftige Preisschwankungen gesorgt. Das "Wall Street Journal" hatte berichtet, Saudi-Arabien diskutiere mit anderen OPEC-Staaten über eine Förderanhebung. Daraufhin gaben die Erdölpreise stark nach. Als Saudi-Arabien den Bericht wenige Stunden später dementierte, legten die Ölpreise wieder auf ihr Ausgangsniveau zu.
Uniper-Aktien erlebten eine Berg- und Talfahrt. Sie gaben am Nachmittag größere Gewinne wieder ab, um am Ende kaum verändert zu schließen.. Zuletzt waren die Papiere sehr stark gefragt gewesen und hatten sich fast verdoppelt. Vom Rekordtief bei 2,55 Euro aus dem September haben sie sich in der Spitze bereits mehr als verdreifacht. Im Zuge der Gas-Krise und dem Aus für Nord Stream 2 hatten sie im Jahr 2022 zwischenzeitlich rund 94 Prozent verloren. Aktuell liegt der Jahresverlust noch bei über 80 Prozent.
Europas Versorger zeigten zuletzt Stärke. Auslöser war insbesondere die Klarheit bezüglich der britischen Übergewinnsteuern für Produzenten Erneuerbarer Energie. Uniper hilft Börsianern zufolge zudem, dass der deutsche Gaskonzern VNG Berichten zufolge offenbar auf Staatshilfen hoffen darf.
Der schwedische Finanzinvestor Cevian hat sich weitgehend von seiner Beteiligung an dem Industriekonzern Thyssenkrupp getrennt. "Gestern hat Cevian Capital seine Beteiligung an Thyssenkrupp auf einen restlichen Anteil von unter ein Prozent reduziert", teilte der Investor heute auf Anfrage mit. Dies sei eine Entscheidung, die Cevian im Rahmen einer regelmäßigen Portfolioanpassung getroffen habe.
Der Vorstand des MDAX-Konzerns Tag Immobilien teilte mit, das Unternehmen setze zur Stärkung der Rücklagen die Dividendenzahlung für 2022 aus. "Entsetzlich! Ein Unternehmen könnte kein negativeres Signal senden", kommentierten die Analysten von Alpha Wertpapierhandel. Die Experten von Berenberg strichen das Kursziel zusammen auf 11,50 Euro von zuvor 17,50 Euro.
Twitters neuer Eigentümer Elon Musk plant einem Medienbericht zufolge keine weiteren Jobkürzungen bei dem Kurznachrichtendienst. Vielmehr stelle das Unternehmen Personal in den Bereichen Marketing und Technik ein, tweetet Reporter Alex Heath vom Technikportal "The Verge". Unmittelbar nach der Twitter-Übernahme Anfang November hatte Tesla-Chef Musk zunächst etwa 3700 Mitarbeiter entlassen.