Erholung gescheitert Leitmotiv Zinsangst
Die anhaltenden Inflations- und Zinssorgen haben der Wall Street zum Monatsende den vierten Verlusttag in Folge beschert. Der DAX rutschte noch deutlicher ab.
Seit Wochen bestimmt ein Leitmotiv die Finanzmärkte - in verschiedenen Variationen, aber stets in Molltönen: Die Sorge vor einer aggressiven Zinserhöhungsrunde der Notenbanken dies- und jenseits des Atlantiks lässt die Aktienmärkte derzeit auf keinen grünen Zweig kommen.
Die Wall Street dümpelte wenig inspiriert durch den Tag. Der Dow Jones schloss in der Nähe seiner Tagestiefststände 0,9 Prozent tiefer. Die Privatwirtschaft der USA hat im August laut Angaben des Arbeitsmarktdienstleisters ADP weniger Arbeitsplätze geschaffen als erwartet. Das unterstreicht das Szenario einer lahmenden Konjunktur bei gleichzeitig steigenden Zinsen.
Die Technologietitel drifteten am Ende ebenfalls klar ins Minus. Der Nasdaq 100 gab 0,6 Prozent nach.
"Don't fight the Fed" - stelle dich nicht gegen die Fed, lautet ein geflügeltes Sprichwort an der Börse. Damit ist gemeint, dass Anleger die Geldpolitik der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) bei ihren Anlageentscheidungen unbedingt berücksichtigen sollten. Fed-Chef Jerome Powell hat auf der Notenbanker-Konferenz in Jackson Hole vergangene Woche mehr als deutlich gemacht, dass die Inflationsbekämpfung und nicht etwa das Wachstum der US-Wirtschaft für ihn oberste Priorität hat. Die meisten Marktteilnehmer rechnen mit einer Zinserhöhung um 75 Basispunkte auf der nächsten Fed-Sitzung Ende September.
Auch der deutsche Aktienmarkt schlug sich wieder mit Zinssorgen herum. Die am Vormittag veröffentlichten Inflationsdaten der Eurozone machten einen frühen Erholungsversuch zunichte und ließen den DAX schließlich knapp ein Prozent tiefer schließen.
Denn auch in der Eurozone stehen angesichts der rekordhohen Inflation die Zeichen auf deutliche Zinserhöhungen. Die Verbraucherpreise kletterten im August binnen Jahresfrist um 9,1 Prozent, wie das Statistikamt Eurostat auf Basis einer Schnellschätzung mitteilte.
"Für die EZB sind das keine guten Nachrichten. Die europäischen Währungshüter haben es versäumt, rechtzeitig den Hebel herumzulegen. Nun hinken sie der Teuerungsentwicklung hinterher", moniert Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank. Am Markt wird nun vermehrt auf einen kräftigen Zinsschritt der europäischen Währungshüter um EZB-Chefin Christine Lagarde spekuliert. Die EZB könnte den Leitzins in der Eurozone am kommenden Donnerstag um 0,75 Prozentpunkte anheben.
Der DAX beendet damit den Börsenmonat August mit einem Verlust von 3,88 Prozent. Dabei war der deutsche Leitindex bis Mitte des Monats noch bis auf fast 14.000 Punkte geklettert, ehe Zins- und Rezessionssorgen gepaart mit der Energiekrise ihn per Saldo über 1000 Punkte kosteten. Der September dürfte auch mit Blick auf die Statistik herausfordernd für den DAX werden: "In 20 von 33 Jahren mussten die deutschen Standardwerte in diesem Monat Kursverluste hinnehmen", betonten die Technischen Analysten von HSBC Trinkaus. Auch charttechnisch sei das deutsche Kursbarometer angeschlagen.
Der Euro hat sich im Tagesverlauf weiter von der Parität zum Dollar abgesetzt. Am späten Abend notierte die europäische Gemeinschaftswährung bei 1,0045 Dollar. Dass nun auch ein außergewöhnlich großer Zinsschritt in Europa bevorsteht, stützt den Euro. Die Feinunze Gold kostete mit 1711 Dollar 0,7 Prozent weniger.
Die Ölpreise verlieren zur Wochenmitte weiter an Boden. Am Abend kostete ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent 96,50 Dollar. Zuletzt hatten sich die Hinweise verdichtet, dass das Atomabkommen mit dem Iran vor einem Abschluss steht. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell zeigte sich zuversichtlich, dass die Verhandlungen bald erfolgreich abgeschlossen werden können. Das würde es dem Iran ermöglichen, wieder Öl auf dem Weltmarkt zu verkaufen. Die US-Lagerbestände an Rohöl sind derweil stärker als erwartet gefallen. Die Vorräte sanken im Vergleich zur Vorwoche um 3,3 Millionen auf 418,3 Millionen Barrel (159 Liter). Analysten hatten mit einem Rückgang um 1,0 Millionen Barrel gerechnet.
Nach Vorstellung eines Sanierungsplans stiegen Anleger in großem Stil bei Bed, Bath & Beyond aus. Wegen eines überraschend deutlichen Umsatzrückgangs um 26 Prozent im zweiten Quartal kündigte das Einrichtungshaus Filialschließungen und den Abbau von 20 Prozent der rund 32.000 Stellen an. Außerdem sicherte es sich weitere Kredite und kündigte ein Kapitalerhöhung an. Das sei auch dringend notwendig, um das Geschäft am Laufen zu halten, sagte Aktienhändler Jim Dixon vom Vermögensverwalter Mirabaud.
Mit starken Kursgewinnen reagierte die Snap-Aktie auf den Sparkurs des Unternehmens. Der Betreiber des Instant-Messaging-Dienstes Snapchat plant die Streichung von etwa einem Fünftel aller Stellen. Die Kündigungen sind Teil eines Spar- und Umbauprogramms, dem auch weitere Investitionen in Innovationsprojekte wie etwa die fliegende Mini-Kamera Pixy zum Opfer fallen sollen. Snap beschäftigt mehr als 6400 Mitarbeiter.
In den USA sind die Auffrischungsimpfungen von BioNTech und Pfizer sowie von Moderna gegen die derzeit vorherrschenden Omikron-Varianten zugelassen worden. Die USA-Gesundheitsbehörde FDA gab heute grünes Licht für die Vakzine, die sowohl auf die Varianten BA.4/BA.5 als auch auf den ursprünglichen Virusstamm zugeschnitten sind. Der Booster von Moderna wurde für Erwachsene ab 18 Jahren zugelassen, während der angepasste Impfstoff von BioNTech/Pfizer ab zwölf Jahren eingesetzt werden kann.
Siemens hat einen Großauftrag über 65 Lokomotiven von der Leasing-Gesellschaft Akiem erhalten. Dabei gehe es um Vectron-Maschinen, die ab Mitte 2024 ausgeliefert werden sollten, teilte der DAX-Konzern mit. Akiem hatte im Dezember 2021 einen Rahmenvertrag über den Kauf von Lokomotiven mit Siemens Mobility abgeschlossen, der nun zu der festen Order führte.
Die Lufthansa kommt bei der Privatisierung der italienischen Staats-Airline ITA nicht zum Zug. Die Regierung wolle exklusive Verhandlungen über einen Mehrheitsanteil mit dem anderen Bieter, dem US-Finanzinvestor Certares führen, teilte das italienische Finanzministerium mit. Hinter Certares stehen Air France-KLM und die US-Airline Delta.
BMW-Vorstandschef Oliver Zipse hat heute in Garching die Produktion des Brennstoffzellen-Systems für den BMW iX5 Hydrogen gestartet. Mit der Kleinserie will der Autobauer Erfahrung sammeln und sich so die Möglichkeit offen halten, in Asien solche Autos bald auch in höheren Stückzahlen zu verkaufen.
Der weltgrößte Flugzeugbauer Airbus muss sich einen neuen Finanzchef suchen. Dominik Asam wird das Unternehmen Anfang März nächsten Jahres verlassen und in der gleichen Rolle zu SAP wechseln. Der Softwarekonzern hatte im März bekannt gegeben, dass Finanzchef Luka Mucic das Unternehmen zum 31. März 2023 verlassen wird. Airbus-Chef Guillaume Faury dankte Asam für seine Arbeit, vor allem in den unsicheren Pandemie-Zeiten.
Die tschechische Volkswagen-Tochter Skoda verändert ihr Logo und ihren Markenauftritt. Statt des geflügelten Pfeils soll künftig der Skoda-Schriftzug auf der Fahrzeugvorderseite prangen. Das Häkchen über dem S, das im Tschechischen die Aussprache als Sch-Laut markiert, wird nur noch angedeutet. Das Zeichen sei für die Kunden auf den globalen Märkten verwirrend gewesen, hieß es zur Begründung.
Spekulationen über ein Interesse des chinesischen Autobauers Geely und eines Ölkonzerns an einem Einstieg in die Verbrennungsmotorensparte von Renault trieben die Aktie des französischen Autobauers zeitweise deutlich an. Renault wolle die Verbrenner-Sparte von seinem Elektrofahrzeug-Geschäft abtrennen, berichtete Reuters unter Verweis auf zwei dem Autobauer nahestehende Quellen.
Elon Musk hat mit neuen Argumenten beim Versuch nachgelegt, seine rund 44 Milliarden Dollar teure Übernahme des Online-Dienstes Twitter abzublasen. Dabei brachte der Tesla-Chef die jüngst bekannt gewordenen Anschuldigungen eines Whistleblowers ins Spiel, der Twitter unter anderem mangelnden Schutz von Nutzerdaten und andere Sicherheitsschwächen vorwirft. Aufgrund dieser "ungeheuerlichen" Mängel sei Musks Kaufangebot für Twitter als ungültig einzustufen, schrieben seine Anwälte in einem gestern per Börsenmitteilung veröffentlichten Brief an das Unternehmen.
Der staatlich kontrollierte russische Gaskonzern hat nach eigenen Angaben trotz der westlichen Sanktionen wegen des Ukraine-Kriegs im ersten Halbjahr einen Rekordgewinn erwirtschaftet. Unter dem Strich stand ein Ergebnis von 2,5 Billionen Rubel (umgerechnet 41,63 Milliarden Euro), wie das Unternehmen mitteilte. Zudem will Gazprom nun eine Zwischendividende zahlen.