Zaghafte Erholung Die Rally stockt
Das Thema steigende Zinsen ist noch nicht ausgestanden. An der Wall Street erholten sich die Kurse denn auch nur dürftig von dem jüngsten Kurseinbruch.
Wie stark werden die Zinsen noch steigen und wie sehr wird das der Konjunktur und den Aktienmärkten schaden? Die Unsicherheit über diese Fragen hat den Anlegern im Februar mehr zugesetzt als zuvor, aber die seit dem Oktober laufende Rally bisher nicht gefährdet.
Der jüngste Kursrückschlag dies- und jenseits des Atlantiks vom Freitag lässt viele Marktbeobachter aber vorsichtigere Töne anschlagen. Den New Yorker Börsen gelang es zum Wochenbeginn auch nur unvollkommen, die Verluste wieder aufzuholen. Der Dow Jones ging nach starkem Start nur noch 0,2 Prozent höher aus dem Handel.
Die Technologietitel des Nasdaq 100 konnten sich mit einem Plus von 0,7 Prozent etwas stärker erholen.
Die Konjunkturdaten des Tages kamen insgesamt nicht gut an. Einerseits deutete die Zahl der noch nicht ganz abgeschlossenen Hausverkäufe im Januar auf ein Wiederanziehen der Wirtschaftsaktivität in den USA hin. Diese stieg um überraschende 8,1 Prozent. Diese sogenannten schwebenden Hausverkäufe gelten als wichtiger Frühindikator für den Häusermarkt. Dagegen fielen die Bestellungen für langlebige Gebrauchsgüter wie Flugzeuge und Maschinen im Januar um 4,5 Prozent zum Vormonat. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Experten hatten nur mit einem Minus von 4,0 Prozent gerechnet, nachdem es im Dezember ein Plus von 5,1 Prozent gegeben hatte.
"Das deutliche Minus im Vormonatsvergleich muss vor dem Hintergrund des ebenfalls kräftigen Plus im Dezember relativiert werden", kommentierte Helaba-Ökonom Ralf Umlauf. Die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) werde weiter an der Zinsschraube drehen, sehr wahrscheinlich bereits im März. Die Fed hatte den Schlüsselsatz zuletzt um einen Viertel-Prozentpunkt auf die neue Spanne von 4,50 bis 4,75 Prozent heraufgesetzt.
Am deutschen Markt konnte sich der DAX mit einem Tagesplus von 1,1 Prozent noch deutlicher von seinem Einbruch vom Freitag erholen, als er um 1,7 Prozent auf 15.210 Punkte einknickte.
Jochen Stanzl, Marktbeobachter von CMC Markets, sieht die Rally im DAX seit Oktober auf des Messers Schneide. Der Markt sei angeschlagen, und ein erneuter und dann nachhaltiger Fall aus dem wochenlangen Seitwärtskanal würde den Aufwärtstrend brechen. "Jetzt kommt es auf den Mut der Schnäppchenjäger an, abermals ins Risiko zu gehen."
Für einen Lichtblick sorgten aktuelle ifo-Daten zum Materialmangel. Im Februar gingen die Engpässe in der Industrie weiter zurück. 45,4 Prozent der Firmen berichteten von entsprechenden Problemen, wie das ifo-Institut mitteilte. Das ist der niedrigste Anteil seit April 2021, im Januar waren es noch 48,4 Prozent.
Aber das konjunkturelle Gesamtbild bleibt unklar: Die Wirtschaftsstimmung in der Eurozone hat sich im Februar überraschend etwas eingetrübt. Sowohl im Dienstleistungssektor als auch in der Industrie verschlechterte sich die Stimmung. Verbessert haben sich hingegen das Einzelhandelsvertrauen, das Verbrauchervertrauen und das Vertrauen in der Bauwirtschaft. Der Economic Sentiment Indicator (ESI) hatte sich zuvor dreimal in Folge aufgehellt.
Am Devisenmarkt ging der Euro wieder auf Erholungskurs, nachdem er am Morgen mit 1,0533 Dollar noch den tiefsten Stand seit Anfang Januar markiert hatte. Unterstützung erhält die Gemeinschaftswährung von den weiter steigenden Kapitalmarktzinsen. In Deutschland stieg die Rendite für zehnjährige Bundesanleihen auf 2,58 Prozent und damit auf den höchsten Stand seit 2011. Ausschlaggebend sind Erwartungen, dass die EZB die Zinsen weitere anhebt. Allerdings bestehen ähnliche Erwartungen auch für die US-Notenbank Fed, was die Kursgewinne des Euro gegenüber dem Dollar begrenzt.
Die Tesla-Aktie gehörte zu den stärksten Technologietiteln an der Nasdaq. Der US-Elektroautobauer beschäftigt in seiner Fabrik in Grünheide bei Berlin inzwischen mehr als 10.000 Mitarbeiter. Pro Woche würden derzeit 4000 Autos gebaut, schrieb das Unternehmen auf Twitter. Das sind rund 200.000 im Jahr. Das Ziel der ersten Ausbauphase ist damit allerdings noch nicht erreicht: Tesla hat sich in Grünheide vorgenommen, mit 12.000 Mitarbeitern eine halbe Million Autos im Jahr zu produzieren.
Wegen angeblicher Ausnutzung von Marktmacht hat Apple in Russland eine Millionenstrafe gezahlt. Die verhängte Summe von umgerechnet 11,5 Millionen Euro sei eingegangen, teilte die Kartellbehörde FAS mit. Das Unternehmen sei mit seinem Einspruch nicht erfolgreich gewesen. Der iPhone-Anbieter hatte der Einschätzung widersprochen, dass die Verbreitung von Software für seine Smartphones über den App Store einen Wettbewerbsvorteil biete. Neben Apple sind in den vergangenen Monaten auch der Videotelefonie-Anbieter Zoom und der Suchmaschinen-Betreiber Google ins Visier der russischen Behörden geraten.
Der Immobilien-Investor Patrizia hat wegen der Krise am Immobilienmarkt im vergangenen Jahr weniger verdient. Das Augsburger Unternehmen verzeichnete 2022 ein um knapp 40 Prozent geschrumpftes Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) von 78,9 Millionen Euro. Das verwaltete Vermögen (Assets under Management) stieg dagegen um über 20 Prozent auf 59,1 Milliarden Euro. Die Anteilseigner sollen für 2022 nun eine leicht gestiegene Dividende von 33 (Vorjahr: 32) Cent je Aktie erhalten. Im laufenden Jahr will Patrizia ein Ebitda zwischen 50 und 90 Millionen Euro erreichen. Steigende Zinsen, höhere Fremdkapitalkosten sowie die anziehende Inflation und explodierende Baukosten machen Immobilienunternehmen zu schaffen.
FlatexDegiro hat seinen Profit im vergangenen Jahr mehr als verdoppelt. Der Nettogewinn sei binnen Jahresfrist von 52 auf 106 Millionen Euro gestiegen, teilte der führende europäische Online-Broker am Abend mit. 2022 wurden bei dem Frankfurter Unternehmen über 460.000 neue Kundenkonten eröffnet, was zu einem Gesamtkundenstamm von 2,4 Millionen führte. Dennoch sank die Zahl der abgewickelten Transaktionen um 26 Prozent auf 67 Millionen. "Wann genau wir wieder eine Belebung der Handelsaktivität von Privatanlegern sehen werden, bleibt abzuwarten", erklärte Vorstandschef Frank Niehage. Die Erträge lagen bei 407 Millionen Euro und damit leicht unter dem Vorjahresniveau von 418 Millionen. Der Online-Broker war im vergangenen Jahr ins Visier der Finanzdienstleistungsaufsicht BaFin geraten. Die Aufseher monierten schwerwiegende interne Mängel im Risikomanagement und in der Geldwäscheprävention. Zudem hatten die Aufseher der Flatex Degiro Bank Anfang Februar ein Bußgeld von rund einer Million Euro aufgebrummt, weil das Institut gegen aufsichtsrechtliche Bestimmungen verstoßen habe.
Für die Anteilsscheine von Adidas ging es heute nach oben. Sie profitierten von der Hoffnung, dass Ende der Partnerschaft mit dem umstrittenen Rapper Kanye West den Konzern geringer belastet als befürchtet. Ein Händler verwies auf Presseberichte, wonach sich Adidas und der Rapper geeinigt hätten, den verbliebenen Bestand an Sportschuhen im Wert von einer halben Milliarde Dollar zu verkaufen.
Die Commerzbank ist heute nach rund viereinhalb Jahren in den DAX zurückgekehrt. Möglich wurde dies durch den Abschied des Gasherstellers Linde. Zudem war es der Commerzbank rechtzeitig gelungen, zum zweiten Mal in Folge ein positives operatives Jahresergebnis vorzulegen. Damit erfüllte sie abgesehen vom Hauptkriterium - der Platzierung nach ihrem frei handelbaren Börsenwert - auch das ebenfalls erforderliche Profitabilitätskriterium.
Am Abend teilte PVA TePla mit, dass es seine Prognose für das Geschäftsjahr 2022 nach vorläufigen Berechnungen deutlich übertroffen hat. Der Konzernumsatz sei um über 30 Prozent auf rund 205 Millionen Euro gestiegen, das Ergebnis vor Steuern und Abschreibungen (Ebitda) sei in derselben Größenordnung auf etwa 30 Millionen Euro geklettert. Für das laufende Jahr stellte das hessische Technologieunternehmen einen Umsatz von 240 bis 260 Millionen Euro und ein Ebitda zwischen 36 und 40 Millionen Euro in Aussicht.
Der US-Pharmakonzern Pfizer prüft laut "Wall Street Journal" eine Übernahme des Biotechunternehmens Seagen für mehr als 30 Milliarden Dollar. Mit dem Zukauf könnte Pfizer sein Angebot an Krebsmedikamenten verstärken. Seagen hat einen Marktwert von rund 30 Milliarden Dollar und werde darauf voraussichtlich einen Aufschlag fordern. Pfizer wollte sich nicht äußern, auch Seagen nahm zunächst nicht Stellung.
Der japanische Autobauer Nissan schraubt seine Elektroauto-Ziele nach oben und baut angesichts des US-Subventionspakets die Produktion in den Vereinigten Staaten aus. Bis 2030 soll der Anteil der elektrifizierten Fahrzeuge an der gesamten Flotte von bislang 50 Prozent auf 55 Prozent steigen, teilte das Unternehmen mit. Nissan bezieht dabei auch Hybridfahrzeuge mit ein. Bis dahin sollen 19 Elektroautos und acht Hybridfahrzeuge auf den Markt gebracht werden - vier ausschließlich mit Strom betriebene Fahrzeuge mehr als bislang geplant. Der "Inflation Reduction Act" sieht Steuervergünstigungen für Elektroautos vor, die in den USA produziert werden.
Im Kampf um die technologische Führung bei Künstlicher Intelligenz (KI) steigt Insidern zufolge auch Tencent in den Ring. Der weltgrößte Videospiele-Anbieter habe hierzu ein Entwicklungs-Team zusammengestellt, sagten mehrere mit der Angelegenheit vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters. Die Software, die der von Microsoft eingesetzten KI ChatGPT Konkurrenz machen soll, heiße "HunyuanAide". Tencent wiederholte auf Anfrage die Mitteilung von Anfang Februar, wonach das Unternehmen an einer KI-Software forsche.
Vor einigen Tagen war bekannt geworden, dass die Facebook-Mutter Meta ebenfalls ihre KI-Software LLaMA ins Rennen schickt, die sich an die Forschungsgemeinschaft und staatliche Stellen richtet. Die Technologie solle über alle Produkte des Konzerns hinweg zum Einsatz kommen, unter anderem bei der Erstellung von Videos, 3D-Objekten und Avataren.