Deutliche Verluste Ernüchterung an der Wall Street
Nach robusten Daten vom Arbeitsmarkt haben sich die Anleger vom Markt verabschiedet. Denn die Notenbank Federal Reserve hat nach den Zahlen keinen Grund, mit deutlichen Zinserhöhungen zu warten.
Ernüchterung an der Wall Street. Alle führenden Aktienindizes gaben zum Wochenschluss unter der Führung der Technologiebörse Nasdaq nach, die deutlichen Gewinne des Vortages gingen größtenteils wieder verloren. Vor allem die Technologiebörse Nasdaq musste dabei deutlich Federn lassen und schloss am Ende 2,47 Prozent leichter bei 12.012 Zählern. Auch der Auswahlindex Nasdaq 100 ging um 2,67 Prozent auf 12.548 Punkte deutlich schwächer aus dem Handel.
Der Leitindex Dow Jones verlor zwar ebenfalls, hielt sich aber mit einem Abschlag von 1,05 Prozent auf 32.899 Zähler etwas besser. Im Wochenvergleich gab der Index damit rund 0,9 Prozent nach. Der marktbreite S&P-500-Index lag am Ende bei 4108 Zählern um 1,63 Prozent schwächer im Markt.
Die Börsenbullen hatten im Vorfeld auf ein etwas gedämpfteres Tempo am Arbeitsmarkt gesetzt, nachdem gestern die Zahlen des privaten Dienstleisters ADP deutlich unter den Erwartungen gelegen hatten. Aber ein unerwartet starker Monatsbericht heute ließ die Hoffnung der Anleger auf eine Zinspause im Herbst schwinden. Im Mai sind nämlich mehr Stellen aufgebaut worden als gedacht.
Im vergangenen Monat entstanden 390.000 neue Jobs, wie die Regierung am frühen Nachmittag in Washington mitteilte. Volkswirte hatten im Vorfeld lediglich mit 325.000 gerechnet. Die getrennt ermittelte Arbeitslosenquote verharrte im Mai auf dem Vormonatswert von 3,6 Prozent - ein Niveau, das der von der Notenbank Fed angestrebten Vollbeschäftigung entsprechen dürfte.
"Dieser Bericht gibt der Fed die Erlaubnis, ihre Zinserhöhungen fortzusetzen, weil der Arbeitsmarkt stark ist. Sie können sich mehr um den Inflationsdruck und weniger um den Arbeitsmarkt sorgen", sagte Anthony Saglimbene, globaler Marktstratege bei Ameriprise Financial.
Dabei wären für die Börse Beschäftigtenzahlen unter den Erwartungen positiv gewesen, sagte Rob Carnell, leitender Volkswirt der ING-Bank. "Denn derzeit wird alles, was auf langsamere Zinserhöhungen der Notenbank Fed hindeutet, als unterstützend gewertet."
Die neuen Daten deuten aber nicht in diese Richtung. Was allerdings nicht wirklich eine Überraschung sein dürfte. Denn am scharfen Zinskurs der Notenbank Federal Reserve (Fed) kann kein Zweifel bestehen, zumindest solange, wie die Inflation auf dem derzeit sehr hohen Niveau von rund acht Prozent verharrt.
Die stellvertretende Chefin der Fed, Lael Brainard, hatte gestern bereits entsprechend klare Worte gefunden. Dem Sender CNBC sagte sie, sie sehe wenig Gründe für eine Pause bei den Zinserhöhungen im September. Entsprechend hatten sich auch andere Notenbanker schon geäußert, auch wenn es innerhalb der Fed zuletzt durchaus unterschiedliche Meinungen gab, in welchem Tempo und Ausmaß die geldpolitischen Zügel angezogen werden sollten.
Die stellvertretende Fed-Chefin Lael Brainard sieht wenig Gründe für eine Pause bei den Zinserhöhungen im September.
Skeptische Äußerungen der Experten von Morgan Stanley hinsichtlich des Quartalsausblicks im Servicegeschäft von Apple belasteten derweil die Aktie des iPhone-Herstellers. Das Indexschwergewicht gab 3,86 Prozent nach auf 145,38 Dollar und war damit Schlusslicht im Dow Jones Index.
Das gegenüber dem Vorjahr schwächere Wachstum von Apples App-Store im Mai beinhalte Risiken für die Quartalsschätzungen im Servicegeschäft, schrieben die Analysten des Instituts in einer neuen Studie. Sie belassen die Apple-Aktie aber auf "Overweight" mit einem Kursziel von 195 US-Dollar.
Die Aktie des US-E-Autobauers ist am Freitag schwer unter die Räder gekommen und gab am Ende des Tages 9,22 Prozent nach auf 703,55 Dollar. Der Grund: Tesla-Chef Elon Musk äußert Angst vor einer Rezession und will deshalb Tausende Stellen bei dem E-Auto-Hersteller streichen. In einer internen Mail an Führungskräfte schrieb Musk, er habe ein "super schlechtes Gefühl" bezüglich der Wirtschaftsentwicklung. Der US-Konzern müsse deswegen seine Belegschaft um rund zehn Prozent reduzieren.
Am Mittwoch hatte Musk damit Schlagzeilen gemacht, dass er seiner Belegschaft Homeoffice untersagt hatte. Die Schreiben reihen sich ein in andere Vorgänge um den E-Auto-Pionier, die nach Darstellung von Experten einigen Mitarbeitern übel aufstoßen könnten. Dazu gehört ein deutlicher Rückgang des Aktienkurses in diesem Jahr und sein überraschender Bruch mit Bidens Demokraten.
"Hier passieren zwei Dinge", erklärte Michael Solomon von der Beratungsfirma 10X Ascend. "Elon Musk sagt Dinge, die kontrovers sind und nicht jedem gefallen, und der Aktienkurs hat einen schweren Schlag erlitten." Ende 2021 beschäftigte Tesla weltweit rund 100.000 Menschen.
Der DAX hat zum Wochenschluss nicht an die Gewinne des Vortages angeknüpft und etwas leichter geschlossen. Am Ende des Tages ging der deutsche Leitindex bei 14.460 Punkten um 0,17 Prozent schwächer aus dem Handel. Hoffnungen auf Entspannungssignale im derzeitigen Zinszyklus in den USA wurden nach den robusten Daten vom US-Arbeitsmarkt nicht erfüllt.
"Für den Arbeitsmarkt ist das super, aber nicht für die Aktienmärkte und insbesondere nicht für den Technologiesektor", sagte Salah-Eddine Bouhmidi vom Broker IG. Denn die US-Notenbank Fed dürfte sich dadurch in ihrem Tempo bestätigt fühlen.
Mit einer daraufhin schwächeren US-Börse im Rücken rutschte der DAX nach zuvor gutem Start nicht nur ins Minus, sondern auch wieder unter die Marke von 14.500 Punkten. Das Tageshoch hatte nach guten internationalen Vorgaben noch bei 14.589 Zählern gelegen, womit der Index zwischenzeitlich sogar die charttechnisch wichtige Marke von 14.600 Punkten im Visier hatte.
Im Wochenvergleich ergab sich mit dem heutigen Schlusskurs kaum eine Veränderung. Da die Londoner Börse heute wegen des Thronjubiläums von Queen Elizabeth II. geschlossen hat, mangelte es zudem an stärkeren Impulsen und Umsätzen.
Aus fundamentaler Sicht kamen im Laufe des Vormittags gemischte Konjunktursignale aus Deutschland. So haben die deutschen Maschinen- und Anlagenbauer im April deutlich weniger Aufträge erhalten als ein Jahr zuvor. Preisbereinigt verfehlte der Wert der Neubestellungen die Zahlen des Vorjahresmonats um sieben Prozent, wie der Branchenverband VDMA mitteilte.
Am Morgen hatten noch die deutschen Exporte für einen positiven Überraschungsmoment gesorgt: Die deutschen Ausfuhren hatten sich im April vom Schock nach dem Kriegsausbruch in der Ukraine unerwartet stark erholt. Sie wuchsen wegen gut laufender Geschäfte mit den USA und den Euro-Ländern um 4,4 Prozent zum Vormonat auf 126,4 Milliarden Euro.
Die Gemeinschaftswährung behauptet sich nach den Daten vom US-Arbeitsmarkt zwar über der Marke von 1,07 Dollar, kann aber anfänglich größere Gewinne nicht behaupten. Aktuell handelt sie im US-Handel bei 1,0721 Dollar etwas leichter. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0730 (Donnerstag: 1,0692) Dollar fest.
Alles in allem dürften der Arbeitsmarktbericht für Mai und der ebenfalls am Nachmittag anstehende ISM-Einkaufsmangerindex für das nicht verarbeitende Gewerbe in den USA die Zinserwartungen an die Fed wohl nicht in Frage stellen, schrieben die Analysten der Landesbank Hessen-Thüringen. Der Greenback hatte zuletzt von den deutlichen Zinserwartungen profitiert und gegen den Euro und andere Währungen deutlich Boden gut gemacht.
Eine rückläufige Stimmung im Dienstleistungssektor in den USA machte sich am Markt kaum bemerkbar. Der Rückgang fiel im Mai stärker als erwartet aus. Konkret fiel der Einkaufsmanagerindex des Instituts for Supply Management (ISM) zum Vormonat um 1,2 Punkte auf 55,9 Punkte, wie das Institut am Nachmittag mitteilte. Dies ist der niedrigste Wert seit Februar 2021. Volkswirte hatten im Schnitt mit einem Rückgang auf 56,5 Punkte gerechnet.
Am Rohölmarkt sind die Preise im Verlauf immer weiter ins Plus gedreht, obwohl das Exportkartell OPEC+ gestern eine überraschend deutliche Anhebung der Fördermengen um 648.000 Barrel pro Tag angekündigt hatte. Die Preiskapriolen im Energiesektor gelten als der Haupttreiber für die hohen Inflationsraten weltweit.
"Anleger betrachten die Anhebung als zu gering, um den drohenden Angebotsengpass durch das EU-Embargo russischer Lieferungen und den erwarteten Anstieg der Nachfrage aus China auszugleichen", sagte Stephen Innes, Geschäftsführer beim Vermögensverwalter SPI.
Nach Börsenschluss in New York gab der Arbeitskreis Aktienindizes der Deutschen Börse Änderungen in den Indizes bekannt, die auch die Zusammensetzung des Leitindex DAX betreffen. Wie schon im Vorfeld erwartet, rückt der Konsumgüterhersteller Beiersdorf aus dem MDAX für den Essenlieferanten Delivery Hero in den Leitindex auf. Delivery Hero wird dessen Platz im Index der mittelgroßen werte einnehmen. Damit kehrt Beiersdorf nur wenige Monate nach dem Abstieg aus dem DAX wieder in den deutschen Leitindex zurück.
Des weiteren steigt Windparkbetreiber Encavis aus dem Kleinwerteindex SDAX in den MDAX auf und ersetzt den Finanzdienstleister Hypoport, der in den SDAX absteigt. Den SDAX verlassen müssen LPKF und SGL Carbon, die durch Hensoldt und PNE ersetzt werden. Die Änderungen werden zum 20. Juni wirksam.
Der seit längerem mit einem Sparprogramm beschäftigte Medizinkonzern Fresenius will laut "Handelsblatt" auch bei seinem Infusionshersteller Kabi massiv Stellen abbauen. Weltweit würden dort rund 2000 Stellen gestrichen, davon rund 250 in Deutschland. Das entspreche knapp fünf Prozent der Arbeitsplätze in der Sparte. Fresenius habe zu den Zahlen nicht Stellung genommen, so die Zeitung.
Die Allianz verkauft die Mehrheit an ihrem Geschäft in Russland. Käufer sei die Interholding, der Eigentümer des russischen Schaden- und Unfallversicherers Zetta Insurance, teilte der Münchener Versicherer mit. Nach Abschluss der Transaktion halte die Allianz noch 49,9 Prozent an dem kombinierten Unternehmen. Durch den Verkauf entstehe eine Belastung von rund 400 Millionen Euro.
Nach ermutigenden Zahlen von Konkurrenten steigen Anleger bei Adidas und Puma ein. Zuvor hatte der Yogabekleidungsspezialist Lululemon ein Quartalsergebnis über Markterwartungen bekannt gegeben und seine Gesamtjahresziele angehoben. Bei Fast Retailing, der Mutter der Modemarke Uniqlo, stiegen die Umsätze den Angaben zufolge im Mai binnen Jahresfrist um 17,5 Prozent.
Der Düsseldorfer Rüstungs- und Autozuliefer-Konzern Rheinmetall hat Insidern und einem Dokument zufolge eine nicht-bindende Offerte für einen Minderheitsanteil an der Leonardo-Sparte OTO Melara vorgelegt. Rheinmetall strebe demnach eine Beteiligung von bis zu 49 Prozent an dem Unternehmen an. Der MDAX-Konzern peile dafür einen Preis von 190 bis 210 Millionen Euro an.
Der Maschinenbauer Singulus Technologies hat die lange überfällige, zuletzt für den heutigen Freitag geplante Veröffentlichung des testierten Jahresabschlusses 2020 kurzfristig verschoben. Der Abschlussprüfer habe kurzfristig zusätzliche Unterlagen angefragt, teilte Singulus gestern Abend mit.
Der Softwareanbieter Compugroup Medical baut seine Firmenspitze um. Der Vertrag mit Vorstandschef Dirk Wössner werde im gegenseitigen Einvernehmen zum 30. Juni beendet, teilte das Unternehmen mit. Hintergrund seien "unterschiedliche Auffassungen hinsichtlich der langfristigen Strategie". Finanzvorstand Michael Rauch werde zum Sprecher der geschäftsführenden Direktoren ernannt.
Die US-Regierung rechnet mit ersten Impfungen gegen das Coronavirus für Kinder im Alter unter fünf Jahren ab dem 21. Juni. Das externe Beratergremium der Arzneimittelbehörde FDA werde am 14. und 15. Juni die Impfstoffe von BioNTech/Pfizer und Moderna für diese Altersgruppe bewerten, sagte der Corona-Berater des Weißen Hauses, Ashish Jha. Wenn die FDA wie erwartet zustimme, könnten die Impfstoffe gleich danach ausgeliefert werden.
Nach etlichen Tagen mit langen Schlangen an mehreren britischen Flughäfen hat der Chef des irischen Billigfliegers Ryanair vorgeschlagen, übergangsweise das Militär aushelfen zu lassen. Die Streitkräfte dort einzusetzen, wie es an anderen Flughäfen gemacht werde, würde auf einen Schlag den Druck vom Flughafen-Sicherheitspersonal nehmen, sagte der für seine markigen Worte bekannte Michael O'Leary gestern dem Sender ITV.
Das US-Justizministerium hat die US-Sparte des Autobauers Stellantis formell einer kriminellen Verschwörung im Zusammenhang mit der Manipulation der Abgaswerte von Dieselfahrzeugen beschuldigt. Eine Bundesbezirksrichterin in Detroit setzte einen Termin vor Gericht für heute an. Eine Stellungnahme von Stellantis lag nicht vor.
Derweil hat sich Stellantis-Chef Carlos Tavares in einem Interview unzufrieden mit der Qualität bei der deutschen Tocher Opel geäußert. Die drei inländischen Opel-Werke in Rüsselsheim, Eisenach und Kaiserslautern seien nicht ausreichend wettbewerbsfähig, sagte Tavares der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" laut Vorabbericht. "Sie haben noch einen weiten Weg vor sich. Harte Arbeit, einschließlich der Produktionsqualität." Auch Kunden beschwerten sich. Die Qualität werde zwar besser, aber sie sei noch nicht so gut, wie sei sein sollte.