New Yorker Börse (NYSE) an der Wall Street in New York.
Marktbericht

Dow Jones im Aufwind Zinssorgen an der Wall Street verfliegen

Stand: 04.10.2022 22:14 Uhr

Sowohl Wall Street als auch DAX setzten ihre rasante Erholungsrally fort. Die Hoffnung darauf, dass die Notenbanken das Tempo der Zinserhöhungen zurücknehmen, weckt die Risikofreude der Anleger.

Sowohl Wall Street als auch DAX setzten ihre rasante Erholungsrally fort. Die Hoffnung darauf, dass die Notenbanken das Tempo der Zinserhöhungen zurücknehmen, weckt die Risikofreude der Anleger.

An der Wall Street ging der Dow Jones mit einem Plus von 2,8 Prozent auf 30.316,32 Punkten aus dem Handel. Der marktbreitere S&P 500 gewann 3,1 Prozent auf 3790,93 Zähler.

Grund für die deutlichen Kursgewinne sowohl in den USA als auch in Europa ist die Hoffnung der Anleger, dass die Notenbanken der Welt angesichts der Rezessionsgefahren auf eine weitere Straffung der Geldpolitik verzichten.

"Die Bank of England hat in der letzten Woche gezuckt und Anlegern auf der ganzen Welt gezeigt, dass die Angriffslust der Zentralbanken Grenzen hat", sagte Thomas Hayes, geschäftsführendes Mitglied bei Great Hill Capital. Jetzt spekulieren die Investoren darauf, dass auch die US-Notenbank Federal Reserve das Zinserhöhungstempo zurücknehmen werde.

Für Aufsehen sorgten Meldungen über den Kurznachrichtendienst Twitter. Medien hatten zunächst unter Berufung auf Insider berichtet, Tesla-Chef Elon Musk wolle das Unternehmen doch übernehmen und zwar für den ursprünglich angebotenen Kaufpreis von 54,20 Dollar. Die Twitter-Aktie stieg im Handelsverlauf zunächst um fast 13 Prozent auf 47,93 Dollar, bevor das Papier vom Handel ausgesetzt wurde. Mittlerweile hat der Tech-Milliardär diese Absicht in einer Pflichtmitteilung an die US-Börsenaufsicht SEC bestätigt.

Musk hatte die Übernahmepläne zunächst angekündigt, dann aber einen Rückzieher gemacht. Er begründete das damit, dass Twitter die Zahl der Fake-Accounts auf seiner Plattform zu niedrig angegeben habe, was potenziell einen Einfluss auf Werbeeinnahmen haben könnte. Twitter zog daraufhin vor Gericht, um ihn zu zwingen, die Vereinbarung einzuhalten. Der Prozess sollte Mitte Oktober in Delaware beginnen.

In einer ersten Einschätzung erklärte der Analyst Dave Ives von Wedbush, Musk habe offenbar erkannt, dass er kaum Chancen auf einen Sieg vor Gericht haben werde und dass der Deal "so oder so abgeschlossen werden wird". Eric Talley, Rechtsprofessor an der Columbia-Universität, sieht es ähnlich: Rechtlich habe Musk wohl nicht wirklich gute Karten, sagte er.

Auch am deutschen Aktienmarkt hatten die Investoren Grund zur Freude. Der DAX schloss mit einem Aufschlag von 3,8 Prozent auf 12.670 Punkten und damit praktisch auf dem höchsten Stand des Tages. Seit seinem gestrigen Tief bei 11.894 Punkten hat der deutsche Leitindex fast 800 Punkte zugelegt.

"Die Stimmung an der Börse kann sich kaum schneller und deutlicher drehen", meint Konstantin Oldenburger, Marktanalyst bei CMC Markets. "Die Hoffnung der Anleger auf eine sanfte Landung der Wirtschaft lebt wieder auf und sie fußt darauf, dass die Zentralbanken in der ganzen Welt das Tempo ihrer geldpolitischen Straffung zumindest drosseln oder sie am Ende ganz beenden", so der Experte.

"Am deutschen Aktienmarkt dominiert die Hoffnung, dass die US-Notenbank Fed schon bald ihren Fuß vom Gaspedal im derzeitigen Zinserhöhungszyklus nehmen könnte, um die US-Wirtschaft vor einem Kollaps zu bewahren", schrieb Analyst Timo Emden von Emden Research. "Die Zinssenkungsfantasien locken vermehrt Preisjäger an, welche angesichts einer zusehends überverkauften Marktlage ihr Schnäppchen schlagen wollen."

Aber wie nachhaltig sind die Gewinne angesichts der drohenden Konjunkturflaute? Für Neil Wilson, Marktbeobachter bei Markets.com, handelt es sich bei der aktuellen Stärke der Märkte um eine "klassische Bärenmarkt-Erleichterungsrally".

"Ein paar schwächere US-Konjunkturdaten lassen die Leute glauben, dass die Fed einen Schritt zurücktreten und die Zinserhöhungen früher als gedacht unterbrechen muss", schrieb Wilson. Dabei zeige die steigende Inflation im amerikanischen und europäischen Dienstleistungssektor, dass eine Zinswende etwas vorschnell wäre. Denn die Inflation lasse sich so nicht in den Griff bekommen.

Beat Thoma, Investmentstratege bei Fisch Asset Management, bleibt ebenfalls skeptisch: "Obwohl die Märkte bereits viel Negatives eingepreist haben und die Bewertungen zunehmend interessant werden, sehen wir eine defensive Positionierung weiterhin als angebracht an."

Im Devisenhandel stieg der Euro bis auf 0,9994 Dollar. Die europäische Gemeinschaftswährung war Ende September bis auf 0,9538 Dollar und damit auf den tiefsten Stand seit 20 Jahren abgerutscht.

Der Ölpreis zieht am Tag vor den Beratungen der OPEC+ zur Förderpolitik weiter an. Die Experten des Research-Hauses Fitch Solutions sagten eine deutliche Senkung der Förderquoten voraus.

Die Organisation trifft sich an diesem Mittwoch in Wien, um über ihre Produktionspolitik zu beraten. Es wird darüber spekuliert, dass die Fördermenge um über eine Million Barrel je Tag sinken könnte. Hintergrund der Kürzungsdebatte sind die in den vergangenen Monaten aufgrund von Rezessionssorgen deutlich gefallenen Rohölpreise, denen mit einem verringerten Angebot begegnet werden soll.

Der Versorger RWE will im Jahr 2030 und damit acht Jahre früher als ursprünglich geplant die Braunkohleverstromung beenden. Diese Entscheidung sei Bestandteil einer Verständigung des Unternehmens mit dem Bundeswirtschaftsministerium und dem NRW-Wirtschaftsministerium, teilte RWE heute mit. RWE wolle zudem massiv in erneuerbare Energien investieren, um einen weiteren Beitrag zum Ausstieg aus der Kohle zu leisten.

Ein drohender Dämpfer für das Geschäft im laufenden Jahr schickt Rheinmetall auf Talfahrt. Die Aktien des Rüstungskonzerns und Autozulieferers fallen gegen den starken Markttrend um 4,6 Prozent. Marktteilnehmer verweisen auf Berichte, denen zufolge sich die Entscheidung für einen Großauftrag des australischen Militärs bis 2023 verzögern könnte.

Der Autovermieter Sixt will über die kommenden Jahre rund 100.000 Elektroautos des chinesischen Herstellers BYD kaufen. Eine erste Bestellung umfasst mehrere Tausend Fahrzeuge, wie Sixt heute mitteilte. Demnach sollen die ersten Fahrzeuge noch in diesem Jahr zur Verfügung stehen. Zunächst werden sie in Deutschland, Frankreich, den Niederlanden und Großbritannien angeboten.

Der deutsche Branchenriese VW hat seinen US-Absatz in den drei Monaten bis Ende September gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 12,0 Prozent auf 88.820 Neuwagen gesteigert. Grund war vor allem ein starkes SUV-Geschäft mit den Modellen Atlas, Tiguan und Taos.

Volkswagens Sportwagentochter Porsche erhöhte den US-Absatz im dritten Quartal um 8,5 Prozent auf 16.581 Autos. Auch der deutsche Oberklasse-Hersteller BMW steigerte seine Verkäufe auf dem wichtigen US-Markt und lieferte dort 78.031 Neuwagen seiner Stammmarke aus; damit erhöhte er den Absatz im Jahresvergleich um 3,2 Prozent.

Die Aktie der Credit Suisse erholt sich. Gestern war das Vertrauen der Anleger in die krisengeplagte Großbank weiter erodiert, die Titel der zweitgrößten Schweizer Bank stürzten zeitweise um mehr als elf Prozent auf ein Rekordtief von 3,52 Franken ab.

Der Apple-Zulieferer Foxconn ist nach Rekorderlösen im September für das vierte Quartal trotz Rezessionsängsten "vorsichtig optimistisch" gestimmt. Im September schnellte der Umsatz um 40,4 Prozent in die Höhe, im dritten Quartal kletterte er insgesamt um 24,4 Prozent. Das seien jeweils Rekordwerte, erklärte Foxconn.