Keine Zinswende EZB schwächt Euro und stärkt Aktien
Weil die EZB weiter die Zinswende hinauszögert, fiel der Euro vor Ostern auf ein Zwei-Jahres-Tief. Das hievte den DAX nach oben. Die Wall Street dagegen ging schwächer ins lange Wochenende.
An den Aktienmärkten gab es in der Karwoche nur Magerkost. Die Wall Street trat weitgehend auf der Stelle. Am Gründonnerstag gab der Dow Jones leicht um 0,3 Prozent nach. Der breit gefasste S&P 500 büßte 1,2 Prozent auf 4392 Punkte ein. Besonders Tech-Aktien wurden gemieden. Der technologielastige Nasdaq-Index verlor über zwei Prozent. "Es sind kaum noch Privatanleger oder professionelle Investoren, die jetzt in den Technologiebereich drängen", sagte Portfolio-Manager Robert Pavlik von Dakota Wealth Management. "Es sind die Händler und Algorithmen, die die täglichen Preisschwankungen ausnutzen, und deshalb gibt es diese Bewegungen in den Tech-Aktien."
Auch der DAX musste in der Karwoche weiter Federn lassen. Immerhin schloss er den Donnerstag mit einem Plus von 0,6 Prozent und beendete eine dreitägige Verlustserie. Vor der EZB-Zinssitzung war der deutsche Leitindex orientierungslos vor sich hingedümpelt.
Für Erleichterung am deutschen Aktienmarkt sorgte die zögerliche Haltung der Europäischen Zentralkbank (EZB) hinsichtlich einer von vielen Seiten geforderten Zinswende. Trotz des zunehmenden Drucks aus Politik und Wirtschaft halten die europäischen Währungshüter vorerst weiter an ihrer Nullzins-Politik fest. Eine Zinserhöhung dürfte erst einige Zeit nach Beendigung der Wertpapierkäufe erfolgen, erklärte die EZB-Präsidentin Christine Lagarde nach der geldpolitischen Sitzung in Frankfurt. "Einige Zeit" könne dabei einige Wochen oder auch mehrere Monate bedeuten. Man werde sich mit dieser Frage beschäftigen, wenn es angebracht sei.
Immerhin signalisierte Lagarde, dass die Zeiten der milliardenschweren Anleihenkäufe gezählt sind und "sehr wahrscheinlich" im Sommer enden werden. Als Zeitpunkt für das Ende der Anleihenkäufe nannte die EZB das dritte Quartal. Wann im Quartal das sein könnte, blieb offen. "Es könnte früh sein, es könnte spät sein", sagte die EZB-Chefin.
Ökonomen reagierten sichtlich enttäuscht auf die vagen Aussagen der Währungshüter. Es sei eigentlich ein untragbarer Zustand, dass die EZB die Zinsen unverändert gelassen habe und das bei Inflationsraten von knapp acht Prozent, monierte Otmar Lang, Chefvolkswirt der Targobank. Die EZB brauche dringend einen Befreiungsschlag und sollte sich an der Vorgehensweise der Fed ein Beispiel nehmen, schrieb er. Auch Ökonom Alexander Krüger von Hauck Aufhäuser Lampe kritisierte den zögerlichen Kurs der Währungshüter. "Nach wie vor sieht es nicht danach aus, dass die EZB zu einer ernsten Inflationsbekämpfung übergehen wird“, sagte er. Wegen rezessiver Tendenzen und Rücksicht auf hohe Staatsschulden stehe lediglich "Leitzinskosmetik" bevor.
Angesichts der abwartenden Haltung der EZB geriet der Euro unter Druck. Die europäische Gemeinschaftswährung sackte erstmals seit etwa zwei Jahren unter die Marke von 1,08 US-Dollar. Am Abend kostete ein Euro im Tief 1,0758 US-Dollar. Dies ist der niedrigste Stand seit April 2020. Am Mittag hatte er noch über 1,09 Dollar notiert.
Die Schwankungen am Ölmarkt gehen derweil weiter: Die Nordsee-Sorte Brent verteuerte sich um 1,7 Prozent auf 110,69 Dollar je Fass. US-Leichtöl kostete mit 105,78 Dollar rund 1,5 Prozent mehr. Händler verweisen auf einen Bericht der "New York Times", demzufolge die EU schrittweise ein Verbot russischer Ölimporte einführen könnte. In den vergangenen beiden Handelstagen hatte unter anderem die Sorge vor Lieferengpässen durch die Sanktionen des Westens gegen Russland die Preise für WTI und Brent um rund zehn Prozent nach oben getrieben.
Die US-Großbanken Morgan Stanley, Citigroup und Goldman Sachs verzeichneten zum Jahresauftakt schrumpfende Gewinne. Sie schnitten aber etwas besser ab als von Analysten befürchtet. Die Aktien legten bis zu 3,2 Prozent zu. Der Gewinneinbruch bei Wells Fargo vergraulte hingegen die Anleger. Die Titel gaben mehr als fünf Prozent nach. "Die Banken spiegeln einige der Bedenken wider, die die Anleger mit dem Markt im Allgemeinen haben", sagte Rick Meckler, Partner beim Vermögensverwalter Cherry Lane Investments. "Die Inflation hat ihnen auf der Einnahmenseite geholfen, aber ihnen auf der Kostenseite geschadet.“
Für Furore sorgte heute die Übernahmeofferte für Twitter durch Elon Musk. Der Tesla-Chef bietet 54,20 Dollar in bar je Twitter-Aktie. Das sind 54 Prozent mehr als die Papiere am 28. Januar gekostet haben - dem Tag bevor Musk begonnen hatte, in Twitter zu investieren. Die Anleger zweifeln am Erfolg des Deals. Die Aktien des Kurznachrichtendienstes schnellten zeitweise um knapp sieben Prozent hoch auf rund 49 US-Dollar, schlossen dann aber im Minus. Die Tesla-Aktien büßten rund drei Prozent ein.
Tech-Milliardär Elon Musk hat selbst Zweifel, dass sein Versuch einer feindlichen Übernahme von Twitter Erfolg haben wird. "Ich bin nicht sicher, dass ich tatsächlich in der Lage sein werde, es zu kaufen", räumte der Chef des Elektroauto-Herstellers Tesla bei einem Konferenzauftritt am Abend ein. Er habe aber die nötigen Mittel, um den über 40 Milliarden Dollar schweren Deal durchzuziehen, betonte der 50-Jährige.
Der Automobilkonzern Volkswagen hat im ersten Quartal mit einem Milliardengewinn überrascht. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern sowie vor Sondereinflüssen aus der Dieselaffäre lag bei 8,5 Milliarden Euro. Allerdings schrumpfte der Absatz des Autoherstellers. Auch der Ausblick war sehr vorsichtig. Anleger verkauften die Aktien. Die VW-Titel büßten gut zwei Prozent ein.
Die Titel des Lieferdienstes Delivery Hero sackten heute auf den tiefsten Stand seit drei Jahren ab. Seit Jahresbeginn haben sie rund 70 Prozent eingebüßt. Die Bank of America (BofA) hat ihre neutrale Haltung aufgegeben und votiert nun bei einem Kursziel von 33 Euro mit "Underperform". Die Experten der Bank sehen die Verbraucherstimmung schlechter werden und halten sowohl die Bilanzen von Delivery und Just Eat für angespannt.
Noch deutlicher bergab ging es für Drägerwerk. Angesichts einer verhalteneren Jahresprognose fielen die Aktien des Medizintechnik-Herstellers im SDax um 4,6 Prozent und markierten damit den tiefsten Stand seit zweieinhalb Jahren. Zwar hält das Unternehmen zunächst an seinem Ausblick fest. Aufgrund von zunehmenden Schwierigkeiten bei der Lieferung elektronischer Bauteile erwartet Drägerwerk allerdings nun nur noch, das untere Ende der Prognosespanne zu erreichen.
Im Ringen um den italienischen Infrastruktur-Konzern Atlantia hat die Benetton-Familie im Bund mit dem Finanzinvestor Blackstone ein Angebot über rund 12,7 Milliarden Euro vorgelegt. Damit wollen sie den spanischen Baulöwen Florentino Perez und seinen ACS-Konzern ausstechen. Das Angebot sieht 23 Euro je Aktie vor. Der Atlantia-Konzern, an dem die Benetton-Familie 33 Prozent hält, würde damit mit knapp 19 Milliarden Euro bewertet. Das Tauziehen um Atlantia könnte auch Auswirkungen auf Deutschlands größten Baukonzern Hochtief haben - sowohl Atlantia als auch ACS sind an ihm beteiligt.
Der schwedische Netzwerkausrüster fürchtet eine Geldstrafe durch US-Behörden wegen möglicher Bestechungsgelder an irakische Milizen. "Die Lösung dieser Angelegenheiten könnte zu einer Reihe von Maßnahmen des US-Justizministeriums führen und wahrscheinlich zusätzliche Geldzahlungen beinhalten", sagte Vorstandschef Borje Ekholm. Die Höhe der Geldbuße sei nicht abschätzbar. Ericsson gab zudem einen Rückgang des operativen Quartalsergebnisses auf 4,7 Milliarden schwedischen Kronen (455 Millionen Euro) bekannt.
Eine hohe Nachfrage nach Ledertaschen und Mode hat den Luxusgüterhersteller Hermès im ersten Quartal angetrieben. Die Erlöse stiegen gegenüber dem Vorjahreszeitraum um ein Drittel auf rund 2,8 Milliarden Euro. Dabei profitierte Hermès vor allem von einer robusten Nachfrage in Amerika und Europa mit Steigerungsraten von mehr als 40 Prozent.
Großbritannien hat als erstes Land dem Corona-Impfstoff des französischen Pharmakonzerns Valneva grünes Licht erteilt. Die zuständige Aufsichtsbehörde MHRA genehmigte die Anwendung für Menschen im Alter zwischen 18 und 50 Jahren. Damit sind nun in Großbritannien insgesamt sechs Impfstoffe gegen das Coronavirus zugelassen.