Vor den Inflationsdaten Schwächeanfall am Abend
Am Ende schwächelte die Wall Street, deren Schwung den DAX noch ins Plus gehievt hatte, dann doch wieder. Der Euro war zeitweise genau einen Dollar wert.
Das Umfeld bleibt schwierig, aber seit Anfang des Monats versuchen die Aktienmärkte, sich zu stabilisieren. An der Wall Street misslang dieser Versuch allerdings heute. Nach positivem Start gab der Dow-Jones-Index schließlich 0,6 Prozent ab. Die nun beginnende US-Berichtssaison zum abgelaufenen zweiten Quartal verspricht etwas Ablenkung von den üblichen Sorgen. Am Ende siegte aber die Nervosität vor den morgen anstehenden US-Inflationsdaten.
Die besonders zinssensitiven Technologietitel des Nasdaq 100 büßten 0,97 Prozent ein.
Dank des hoffnungsvollen Starts der US-Märkte drehte auch der DAX am Nachmittag ins Plus und schloss 0,6 Prozent höher. Im Tief hatte der deutsche Leitindex schon bis zu 1,4 Prozent auf 12.655 Punkte abgegeben. Da die Belastungsfaktoren wie Rezessionsfurcht und Energiekrise bereits hinlänglich bekannt sind, hatte es in den vergangenen Tagen immer wieder Raum für Erholungsbewegungen gegeben.
Insgesamt sei das Bemühen der Märkte zu erkennen, einen Boden auszubilden, sagte Marktanalyst Jochen Stanzl vom Broker CMC Markets. Wichtig sei, dass der DAX nicht mehr unter sein Jahrestief rutsche. Dieses hatte der Leitindex vor einer Woche bei knapp 12.391 Punkten markiert.
Die weitere Tendenz wird voraussichtlich stark von den US-Inflationsdaten für den Juli abhängen, die morgen veröffentlicht werden. "Wenn die Gesamtinflation bei oder über 8,8 Prozent im Jahresvergleich bleibt und/oder die Kerninflation bei 5,7 Prozent oder darüber liegt, muss man sich auf einen Ausverkauf aus Risikoaversion einstellen", sagt Jeffrey Halley, Marktanalyst beim Broker OANDA. Niedrigere Daten könnten hingegen eine willkommene Erleichterung an den Märkten auslösen, prognostiziert der Experte.
Von Konjunkturseite aus Deutschland kamen heute allerdings weitere Negativnachrichten. Der ZEW-Index der Konjunkturerwartungen für die nächsten sechs Monate fiel im Juli überraschend kräftig um 25,8 auf minus 53,8 Punkte, wie das Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) mitteilte. "Die aktuell großen Sorgen über die Energieversorgung in Deutschland, der angekündigte Zinsanstieg der EZB sowie weitere coronabedingte Einschränkungen in China führen zu einer erheblichen Verschlechterung des Konjunkturausblicks", kommentierte ZEW-Präsident Achim Wambach.
Auch eine Studie des IW-Instituts unter rund 2300 Unternehmen deutet darauf hin, dass sich die Erwartungen in puncto Produktion, Beschäftigung und Investitionen sich für 2022 immer stärker eintrüben. Vor allem am Bau drohe eine Rezession.
Den Anfang im Zahlenreigen machte heute PepsiCo. Der Getränke- und Knabberartikel-Anbieter erhöhte nach einem überraschend starken Quartalsergebnis seine Gesamtjahresziele. Alle Geschäftsbereiche und Regionen hätten hierzu beigetragen, lobte Analyst Kevin Grundy von der Investmentbank Jefferies. Da die Papiere aber bereits recht teuer seien, hätten sie kaum Luft nach oben.
Im Lauf der Woche werden die Großbanken JPMorgan, Citigroup und Morgan Stanley ihre Ergebnisse vorlegen. Die Anleger werden darauf achten, ob sich eine Verlangsamung des Wirtschaftswachstums in den Zahlen niederschlägt, da Banken als Indikator für die konjunkturelle Entwicklung gelten.
Gegenüber dem Vorjahresquartal erwarten Analysten eine durchschnittliche Gewinn- und Umsatzsteigerung der S&P-500-Unternehmen von rund vier beziehungsweise zehn Prozent, meint Ulrich Stephan, Chef-Anlagestratege für Privat- und Firmenkunden bei der Deutschen Bank.
Interessant werde sein, wie sich die Vorstände hinsichtlich der Geschäftsaussichten äußern, so Stephan. "Die Weitergabe steigender Produktionskosten dürfte mit Blick auf die nachlassende Verbraucherlaune zunehmend schwerfallen, während das steigende Zinsniveau die Nachfrage drückt. Entsprechend könnte sich der Optimismus der Vorquartale wenden und negative Gewinnrevisionen nach sich ziehen", so die Einschätzung des Fachmanns.
Der Euro war heute morgen erstmals seit etwa zwei Jahrzehnten wieder genau einen US-Dollar wert und sank damit erstmals seit 20 Jahren wieder auf die "Parität". Darunter versteht man ein Tauschverhältnis eins zu eins. Bereits in den vergangenen Handelstagen hatte der Euro mehrfach die tiefsten Stände seit 2002 erreicht. Zuletzt war der Euro im Dezember 2002 unter die Marke von einem Dollar gefallen. Nach dem Tief von genau 1,00 Dollar konnte sich die Gemeinschaftswährung etwas stabilisieren.
"Nachhaltige Impulse, die den Euro stärken hätten können sind Fehlanzeige", erklärten die Analysten der Helaba. "Letztlich geht die Fed aggressiver gegen die Inflation vor als die EZB und obwohl dies weitgehend eskomptiert ist, kann sich der Euro nicht erholen." Mit "eskomptiert" meinen die Experten "vorweggenommen" oder "eingepreist".
Auch die Internationale Energieagentur (IEA) sieht die europäischen Staaten in den kommenden Monaten vor einer ernsten Herausforderung bei der Öl- und Gasversorgung. "Dieser Winter wird in Europa sehr, sehr schwierig werden", warnte IEA-Direktor Fatih Birol. Die Energieversorgung sei eine große Sorge. "Das kann ernste Auswirkungen auf die Weltwirtschaft haben", sagte der Chef des Interessenverbands von westlichen Industriestaaten. Nach Birols Einschätzung hat die Welt noch nie eine so tiefgreifende und komplexe Energiekrise erlebt. Er befürchte, dass "wir das Schlimmste vielleicht noch nicht gesehen haben".
Die Ölpreise fielen wieder deutlich zurück. Bis zum Abend rutschte die Notierung der Nordseesorte Brent um rund sieben Prozent unter 100 Dollar pro Barrel (159 Liter). Eine allgemein trübe Stimmung auf den Finanzmärkten und wachsende Konjunktursorgen hätten auch die Notierungen auf dem Ölmarkt nach unten gezogen, hieß es aus dem Handel.
"Für die Ölnachfrage in China bestehen Abwärtsrisiken, weil abhängig von der Infektionslage immer wieder mit neuerlichen Mobilitätseinschränkungen gerechnet werden muss. Im Westen schürt die Kombination aus hohen Energiepreisen und steigenden Zinsen Sorgen vor einer Rezession, die die Ölnachfrage schwer beeinträchtigen würde", schrieben die Experten der Commerzbank in ihrem täglichen Rohstoff-Kommentar.
Der europäische Flugzeugbauer Airbus rechnet wegen des weltweit weiter zunehmenden Flugverkehrs weltweit mit einer Verdopplung der benötigten Maschinen in den kommenden 20 Jahren. Bis 2041 schätze Airbus den Bedarf auf 39.490 Passagier- und Frachtflugzeuge. Im Jahr 2020 zählte die weltweite Flotte 22.880 Maschinen. Die Fluggesellschaften benötigen laut Airbus mehr Maschinen, zudem müssen sie alte Flugzeuge austauschen. Airbus-Konkurrent Boeing rechnet sogar mit einem noch größeren Bedarf.
Das Bundeskartellamt prüft eine erhöhte Beteiligung des Hamburger Milliardärs Klaus-Michael Kühne bei der Lufthansa. Die kürzlich gegründete Kühne Aviation meldete eine "Aufstockung der Beteiligung an Lufthansa auf über 15 Prozent" zur Prüfung an, wie das Kartellamt mitteilte. Laut einer Mitteilung von Anfang Juli hatte die Kühne-Gesellschaft ihren Lufthansa-Anteil zuletzt um weitere fünf Prozent auf rund 15 Prozent erhöht. Damit ist der Eigentümer der Schweizer Spedition Kühne+Nagel und Hauptaktionär der Reederei Hapag-Lloyd auch größter Lufthansa-Aktionär vor dem deutschen Staat, der mit der Rettungsaktion in der Corona-Krise einstieg und noch 14,16 Prozent hält.
Der Online-Broker FlatexDegiro hat wegen des abkühlenden Anlegerinteresses im ersten Halbjahr wie erwartet weniger Geschäft verzeichnet. Der Umsatz lag mit 209,6 Millionen Euro unter dem Vorjahreswert von gut 226 Millionen Euro, teilte das SDAX-Unternehmen nach Börsenschluss mit. Das war etwas weniger als von Analysten erwartet. Das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen fiel unter anderem wegen gestiegener Marketing-Kosten um knapp ein Viertel auf 81,8 Millionen Euro. FlatexDegiro hatte im Juni die Prognose gekappt und von einer Normalisierung des Anlegerverhaltens nach dem vorangegangenen Rekordjahr gesprochen. Im zweiten Quartal legte der Umsatz wieder knapp zu, die Zahl der Neukunden stieg aber nicht mehr so stark wie ein Jahr zuvor. Den aktuellen Jahresausblick bestätigte das Management.
Der Fitness-Spezialist Peloton lagert in einer weiteren Kehrtwende die komplette Geräteproduktion an seinen Auftragsfertiger aus. Die New Yorker Firma baute einen Teil ihrer Fitness-Bikes und Laufbänder zuletzt noch selbst. Die Fertigung ganz an den taiwanischen Hersteller Rexon abzugeben, werde die Lieferkette vereinfachen und mehr Spielraum bei den Kosten geben, erklärte Firmenchef Barry McCarthy. Die Aktie legte daraufhin zu. Peloton hatte zu Beginn der Pandemie stark von der Schließung von Fitnessstudios profitiert. Mit der Aufhebung von Corona-Einschränkungen ging das Interesse an Geräten der Firma allerdings wieder zurück.
Der Rückzug aus Russland hat die Absatzzahlen von Renault im ersten Halbjahr deutlich einbrechen lassen. Die weltweiten Verkaufszahlen gingen um 29,7 Prozent auf etwas über eine Million Fahrzeuge zurück, wie der französische Autobauer mitteilte. Ohne das russische Geschäft sei der Absatz um zwölf Prozent gesunken. Das Marktumfeld sei weiter von einer Knappheit an Halbleitern geprägt gewesen.
Gap hat einen Wechsel an der Konzernspitze angekündigt. CEO Sonia Syngal trete mit sofortiger Wirkung zurück, teilte der US-Modekonzern mit. Zunächst werde Executive Chairman Bob Martin ihre Aufgaben kommissarisch übernehmen. Der Umsatz im zweiten Quartal dürfte um einen hohen einstelligen Prozentwert zurückgehen, hieß es weiter. Gap hatte Ende Mai die Gesamtjahresziele gesenkt.
Twitter stellt die Weichen für eine juristische Auseinandersetzung mit Tech-Milliardär Elon Musk um dessen Manöver, die Übernahme des Online-Dienstes abzublasen. Twitters Anwälte hielten in einem Brief an Musks Rechtsvertreter fest, seine Aufkündigung des Deals sei aus Sicht des Unternehmens "ungültig und unrechtmäßig".
Twitter habe anders als von Musk behauptet nicht gegen die Übernahmevereinbarung verstoßen, heißt es in dem Schreiben.
Das deutsch-schweizerische Versicherungs-Start-up WeFox wird von seinen Investoren inzwischen mit 4,5 Milliarden Dollar bewertet. In der jüngsten Finanzierungsrunde sammelte WeFox weitere 400 Millionen Dollar Eigen- und Fremdkapital ein, wie das Berliner Unternehmen mitteilte. "Wir sind gut durchfinanziert und hätten eigentlich kein Geld gebraucht", sagte Vorstandschef und Mitgründer Julian Teicke. "Aber wir haben viele Anfragen von Investoren bekommen. Jetzt sehen wir die Möglichkeit, die Krise zu nutzen und aggressiver zu wachsen als geplant."