Händler an der New Yorker Börse
Marktbericht

Wall Street auf Talfahrt Social-Media-Schock an den Börsen

Stand: 24.05.2022 22:16 Uhr

Die Warnung des Messenger-Diensts Snapchat vor schlechteren Geschäften hat die Anleger an der Wall Street heute verschreckt. Die Nasdaq brach ein. Auch der DAX verzeichnete herbe Verluste.

Nach den Einzelhändlern Wal-Mart und Target, die in der vergangenen Woche die Börsen mit schwachen Zahlen geschockt hatten, hat nun auch ein Tech-Konzern schlechte Nachrichten verkündet. Der Mutterkonzern der Foto-App Snapchat kündigte an, dass die Gewinn- und Umsatzprognosen für das zweite Quartal angesichts sich verschlechternder gesamtwirtschaftlicher Trends verfehlt werden. Snap-Aktien stürzten rund 43 Prozent ab und damit so stark wie noch nie.

Die Snap-Warnung schickte die Wall Street auf Talfahrt. Der Nasdaq-Index sackte um 2,3 Prozent ab. Der breiter gefasste S&P 500 verlor 0,8 Prozent. Auch der Dow-Jones-Index der Standardwerte gab ein Prozent nach. Nur der Dow-Jones-Index der Standardwerte stemmte sich gegen den Abwärtstrend und behauptete sich leicht im Plus, nachdem er lange Zeit im Minus gelegen hatte.

Die heruntergeschraubten Erwartungen von Snap für das laufende Quartal seien ein Indiz für die sich verschlechternde Konjunktur und das Werbegeschäft, sagte Analyst Brent Thill von der Investmentbank Jefferies. Titel stark werbeabhängiger Firmen wie Twitter, die Google-Mutter Alphabet, Meta Platforms und Pinterest rutschten ebenfalls ab. "Wenn die wirtschaftlichen Aussichten düsterer sind, werden die Werbeausgaben reduziert. Dies wird die Anleger in schlechte Laune versetzen und mehr Gewitterwolken erzeugen - genau zu dem Zeitpunkt, als viele hofften, dass der Markteinbruch kurz vor der Talsohle steht", sagte Investment-Experte Russ Mould vom Vermögensverwalter AJ Bell.

Im Sog der schwachen Wall Street weitete auch der DAX seine Verluste aus. Er schloss um 1,8 Prozent tiefer und fiel unter 14.000 Punkte. "An einem Tag zeigen sich die Marktteilnehmer euphorisch und verdrängen die altbekannten Belastungsfaktoren. Und kurze Zeit später ist die gute Laune plötzlich verflogen", meint Marktbeobachter Christian Henke vom Broker IG.

Die noch schärfere Rhetorik seitens der US-Notenbank Fed, Meldungen zu eingetrübten Gewinnaussichten bei großen US-Einzelhändlern und schwache Konjunkturindikatoren aus China verschärfen die Konjunktursorgen der Anleger, meinen die Investmentexperten von BlackRock. Zudem signalisierte die Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB) eine baldige Zinswende.

Update Wirtschaft vom 24.05.2022

Stefan Wolff, HR, tagesschau24

Aufwärts ging es dagegen für den Euro, der die Marke von 1,07 Dollar übersprang. EZB-Präsidentin Christine Lagarde hatte gestern für den Spätsommer ein Ende negativer Leitzinsen in Aussicht gestellt. Hintergrund der Straffung ist die hohe Inflation, auf die die EZB reagieren muss. Die Investoren scheinen sich auf eine aggressivere Geldpolitik einzustellen.

Heute äußerte Lagarde sich zur Konjunktur in der Eurozone. Die Notenbankchefin geht nicht von einer Rezession aus: Ein wirtschaftlicher Abschwung sei derzeit nicht das Basisszenario der Notenbank, so Lagarde - der Weg für Zinserhöhungen wäre also nach aktuellem Stand der Dinge frei.

Ein steigender Euro macht Waren aus Deutschland für Länder außerhalb der Eurozone allerdings teurer. Das wiederum könnte viele exportorientierte Unternehmen belasten.

Zudem kamen von der Konjunkturseite hierzulande positive Nachrichten: Die deutsche Exportindustrie rechnet wieder mit etwas besseren Geschäften. Der Index des Münchner ifo-Instituts für die Exportwartungen ist im Mai auf 4,5 Punkte gestiegen, nach 3,0 Punkten im April. Außerdem legte der Einkaufsmanagerindex für die Privatwirtschaft, Industrie und Service-Sektor zusammen, im Mai überraschend um 0,3 auf 54,6 Punkte zu, wie S&P Global zu seiner monatlichen Umfrage unter rund 800 Unternehmen mitteilte. Experten hatten einen Rückgang erwartet.

Papiere der Adler Group brachen um 17 Prozent ein und fielen auf ein Rekordtief. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt habe inzwischen Ermittlungen aufgenommen, berichtete das "Handelsblatt" unter Berufung auf informierte Personen. Derzeit untersucht die Bundesfinanzaufsicht (BaFin) die Bücher von Adler. Die Behörde hatte sich eingeschaltet, nachdem die Immobiliengesellschaft im Oktober erstmals unter Beschuss des Leerverkäufers Fraser Perring geraten war.

Dieser und sein Research-Dienst Viceroy hatten schwere Vorwürfe gegen Adler erhoben, es ging unter anderem um die Bewertung von Immobilienprojekten. Das Unternehmen hatte die Vorwürfe zurückgewiesen. Inzwischen muss sich Adler auch neue Wirtschaftsprüfer suchen, nachdem KPMG nicht für den Jahres- und Konzernabschluss 2022 zur Verfügung steht.

Die Aktien von TAG Immobilien brachen im MDax um mehr als 14 Prozent ein. Analysten monierten vor allem die höhere Verschuldungsquote des Konzerns. Dank steigender Mieten in Ballungszentren erhöhte sich im ersten Quartal das operative Ergebnis (FFO 1) im Jahresvergleich um knapp fünf Prozent auf 47,8 Millionen Euro. Die Kaltmieten kletterten um 1,4 Prozent auf 84,3 Millionen Euro. Das Konzernergebnis ging indes wegen Transaktionskosten im Zusammenhang mit dem Kauf des polnischen Wohnimmobilienentwicklers Robyg um gut sechs Prozent auf 32,3 Millionen Euro zurück.

Dank des Endes der Corona-Beschränkungen hat der Konzertveranstalter und Ticketverkäufer im ersten Quartal kräftig zugelegt. Der Umsatz schnellte auf rund 140 Millionen Euro nach knapp 20 Millionen vor Jahresfrist, das normalisierte operative Ergebnis (Ebitda) erreichte 23,7 Millionen Euro nach einem Minus von knapp 20 Millionen. "Endlich beleben sich Konzertsäle und Festival-Gelände wieder. Der starke Jahresauftakt gibt uns allen Grund zur Zuversicht, dass wir in diesem Jahr einen kraftvollen Neustart des Live-Geschäfts erleben", sagte Firmenchef Klaus-Peter Schulenberg. Im April und Mai hätten die Ticketverkäufe deutlich über den Rekordwerten des Vorkrisenjahres 2019 gelegen. Der Ticketvermarkter und Konzertveranstalter CTS Eventim wagte jedoch keine klare Prognose für 2022. Die CTS-Aktien fielen um 3,6 Prozent.

Im späten Handel rutschten die Nordex-Papiere um über vier Prozent ab. Vor dem Hintergrund der geopolitischen Probleme rechnet der Windanlagen-Hersteller Nordex nur noch im besten Fall mit schwarzen Zahlen in diesem Jahr. Statt einer Gewinnmarge (Ebitda-Marge) von ein bis 3,5 Prozent rechne der Vorstand nun mit minus vier bis null Prozent. Der Umsatz werde mit 5,2 Milliarden bis 5,7 Milliarden Euro etwas niedriger ausfallen als bislang angenommen.

Die Ferienwohnungsplattform Airbnb stellt ihr Geschäft in China weitgehend ein. Das Unternehmen wird für Besucher in China keine Unterkünfte oder "Erlebnisse" mehr anbieten. Nutzer aus China sollen jedoch weiterhin Unterkünfte im Ausland buchen können. Die Plattform kämpft in China mit starker Konkurrenz. In den vergangenen Jahren erschwerten zudem die strengen Abschottungsmaßnahmen der chinesischen Regierung in der Corona-Pandemie das Geschäft.

Der US-Videodienst Zoom ist im ersten Quartal so langsam gewachsen wie zuletzt zum Börsengang 2019. Der Umsatz kletterte um zwölf Prozent auf 1,07 Milliarden Dollar. Schon seit einiger Zeit dämpft die starke Konkurrenz durch WebEx von Cisco, Slack von Salesforce und Microsoft Teams sowie Google Meet das Wachstum von Zoom. Zwar profitiert das Unternehmen ähnlich wie seine Wettbewerber vom Trend zum flexiblen Arbeiten zwischen Homeoffice und Büro, aber nicht mehr so sehr wie zu Beginn der Corona-Pandemie.

Der Videospiele-Macher Electronic Arts könnte vor einer Übernahme stehen. Auf der US-Internetseite "Puck News" hieß es, es habe sondierende Gespräche mit großen Medienkonzernen gegeben. Unter den potenziellen Käufern sollen unter anderem Disney, Apple und Amazon gewesen sein. Comcast-Chef Brian Roberts sei an Electronic Arts herangetreten und habe eine Abspaltung von NBCUniversal mit anschließender Fusion der Medien- und Spielegiganten vorgeschlagen.

Der südkoreanische Elektronikkonzern Samsung will in den kommenden fünf Jahren 450 Billionen Won (334 Milliarden Euro) investieren, um das Wachstum seiner Geschäfte mit Halbleitern und Biopharmazeutika voranzutreiben. Die Investitionen liegen 30 Prozent über denen in den fünf Jahren bis 2021, wie Samsung mitteilte. Die Sicherung der heimischen Chip- und Bio-Lieferketten habe strategische Bedeutung und sei wichtig für die wirtschaftliche Sicherheit Südkoreas, teilte Samsung mit.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 24. Mai 2022 um 09:00 Uhr.