Kursgewinne auf breiter Front Fed rettet die Börsenwoche
Die Aussicht auf eine baldige Zinspause in den USA hat an den Börsen für große Erleichterung gesorgt. Die Kurse an der Wall Street und an Europas Börsen schossen nach oben.
Endet der Wonnemonat Mai doch noch versöhnlich? Nachdem die Wall Street in der vergangenen Woche noch Mehrmonats-Tiefs erreicht hatte, erholte sie sich in dieser Woche nun kräftig. Der Dow Jones legte um 6,2 Prozent zu - so stark wie seit November 2020 nicht mehr. Der S&P 500 schaffte den ersten Wochengewinn seit Mitte März. Und auch für die hart gebeutelten Tech-Werte ging es wieder kräftig aufwärts. Der technologielastige Nasdaq 100 verabschiedete sich mit einem Plus von 3,3 Prozent am Freitag ins lange Wochenende. Am Montag bleibt der US-Aktienmarkt wegen des Feiertags "Memorial Day" geschlossen.
Zum großen Kurstreiber entwickelte sich die Fed. In ihren am Mittwochabend veröffentlichten Protokollen deuteten die Währungshüter eine Zinspause an. Die US-Notenbank werde nach zwei weiteren Zinserhöhungen im Juni und Juli wohl anschließend entscheiden, wie es weitergehe, sagte Analyst Christian Henke vom Brokerhaus IG.
Neue Konjunkturdaten schürten die Hoffnung, dass der Höhepunkt der Inflation überschritten sei. Die PCE-Kernrate, ein von der US-Notenbank viel beachtetes Maß für die Jahresteuerung, sank überraschend auf 4,9 Prozent. Im März hatte sie noch bei 5,2 Prozent gelegen. Die Konsumausgaben im April stiegen um 0,9 Prozent zum Vormonat und damit etwas stärker als von Experten erwartet.
"Es sieht danach aus, dass der Scheitelpunkt der Inflationswelle überschritten ist", sagte Analyst Bastian Hepperle von der Privatbank Hauck Aufhäuser Lampe. "Das war ein Schritt in die richtige Richtung", meinte auch Stratege Brian Jacobsen von Allspring Global Investments. Allerdings werde es noch einige Rückgänge bei der Inflation geben müssen, um die Fed zu überzeugen. Sollte sich der Trend bei der Inflation fortsetzen, werde die US-Notenbank jedoch im Laufe des Jahres über einen größeren Spielraum bei den Zinsen verfügen, sagte der Nationwide-Ökonom Dan Hadden.
Dank der Spekulationen um eine Zinspause und des Rückenwinds der Wall Street beendete der DAX die Woche mit einem deutlichen Plus von dreieinhalb Prozent. Er schloss am Freitag um 1,6 Prozent fester bei 14.462 Punkten, dem höchsten Stand seit fünf Wochen. Damit steuert der deutsche Leitindex auf ein positives Monatsende hin. Aktuell liegt er nun seit Monatsbeginn über zwei Prozent im Plus. Dabei gilt der Mai statistisch gesehen als eher schwacher Börsenmonat.
Das Chartbild für den DAX sieht nun wieder freundlicher aus. Marktteilnehmer sprachen von einer längst überfälligen Erholung. Tags zuvor hatte das Barometer den Abwärtstrend seit Januar geknackt und es zudem über die 50-Tage-Linie geschafft, die Hinweise auf den mittelfristigen Trend gibt. Ob die aktuelle Entwicklung - wie von CMC-Marktbeobachter Konstantin Oldenburger befürchtet - nur der "Startschuss für eine Bärenmarktrally" ist, also eine kurzzeitige Erholungsphase innerhalb eines Abwärtstrends, bleibt abzuwarten.
Die Frage ist nun, wie lange der Aufwärtstrend an den Börsen anhält. "Wie es weitergeht, hängt vor allem von China und Russland ab", sagt Bernd Meyer, Chef-Anlagestratege der Vermögensverwaltung bei der Berenberg Bank. "Eine Wiedereröffnung von Chinas Wirtschaft oder ein Ende von Putins Krieg würden zu weniger Konjunktur- und über nachlassende Lieferengpässe oder Energie-/Nahrungsmittelpreise wohl auch zu weniger Inflationssorgen führen."
Unterdessen hielt sich der Euro über der Marke von 1,07 Dollar. In der Spitze hatte er in der Nacht bis auf 1,0765 US-Dollar zugelegt. Zuletzt profitierte die Gemeinschaftswährung von einer allgemeinen Dollar-Schwäche nach enttäuschenden Konjunkturdaten aus den USA. Erste Konjunkturzweifel in den USA und die Signale, die EZB könnte agiler sein als bislang vermutet, verhalfen dem Euro laut Helaba zu den Kursgewinnen.
Trotz des Ukraine-Kriegs hat sich in der Eurozone im April das Wachstum der Kreditvergabe an Unternehmen erhöht. Banken reichten 5,2 Prozent mehr Kredite an Firmen aus als vor Jahresfrist, wie die Europäische Zentralbank (EZB) mitteilte. Im März hatte das Plus noch bei 4,1 Prozent gelegen, im Februar bei 4,6 Prozent. Die Zahl im April markiert das stärkste Wachstum seit März 2021. An die Privathaushalte vergaben die Institute im April 4,5 Prozent mehr Darlehen als ein Jahr zuvor.
Im DAX belegten der Pharma- und Laborausrüster Sartorius, der Halbleiterkonzern Infineon und der Medizintechnikkonzern Siemens Healthineers mit Kursaufschlägen von viereinhalb bis sechs Prozent die vorderen Plätze. Zudem bewegten einige Umstufungen die Kurse. Der Konsumgüterkonzern Henkel zählte mit einem Minus von 1,7 Prozent zu den größten Dax-Verlierern. Das Analysehaus Jefferies strich die Kaufempfehlung für die Aktie. Jefferies sieht die Bewertung angesichts der Erholung seit einer erneuten Gewinnwarnung erst einmal ausgereizt.
Etwas mehr als ein Jahr nach dem Abstieg aus dem DAX steht Beiersdorf vor einem Comeback in der ersten deutschen Börsenliga. Neben dem "Nivea"-Anbieter wird die Deutsche Börse nach ihrer Überprüfung der Index-Zusammensetzung am 3. Juni voraussichtlich auch den Aufstieg des Rüstungskonzerns und Autozulieferers Rheinmetall verkünden.
Weichen müssen wohl der Bauindustrie-Zulieferer HeidelbergCement und der Essenslieferant Delivery Hero. Daneben kann sich die Commerzbank Hoffnungen auf eine Rückkehr in den deutschen Leitindex machen. Kehrt das Dax-Gründungsmitglied zurück, wird es wohl den Kochbox-Versender HelloFresh ersetzen. Die Änderungen werden zum 20. Juni wirksam.
Der angeschlagene Immobilienkonzern China Evergrande will Insidern zufolge seine Schulden bei ausländischen Gläubigern über einen längeren Zeitraum abstottern oder ihnen Anteile an zwei Töchtern anbieten. Der Plan des insgesamt mit mehr als 300 Milliarden Dollar verschuldeten chinesischen Konzerns sehe vor, Verbindlichkeiten bei ausländischen Kreditgebern und Anleihe-Haltern im Gesamtvolumen von 22,7 Milliarden Dollar in neue Bonds umzutauschen, sagten zwei mit der Angelegenheit vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters. Diese würden dann über einen Zeitraum von sieben bis zehn Jahren zurückgezahlt.
Die Aktionäre von McDonald's haben auf ihrer Hauptversammlung mit großer Mehrheit den Versuch des US-Investors Carl Icahn abgelehnt, die Tierschutzrichtlinien des Fastfood-Konzerns zu verschärfen. Für den Antrag, zwei Posten im Verwaltungsrat mit Leuten seines Vertrauens zu besetzen, stimmte nur ein Prozent der Anteilseigner, teilte McDonald's mit. Der Milliardär Icahn ist ein besonders aktiver Investor, der sich schon mit den Führungsspitzen mehrerer Unternehmen angelegt hat.
Der schnelle 5G-Datenfunk soll eine neue Anwendung in der Robotik bekommen. Der südkoreanische Konzern Hyundai setzt darauf, um seine Service-Roboter zu vernetzen. Hyundai und der Mobilfunk-Anbieter Vodafone wollen dafür kommende Woche eine Kooperation auf der Hannover Messe vorstellen, wie die Unternehmen am Freitag ankündigten.
Mit Robotern sind automatisierte Maschinen gemeint, die zum Beispiel in Hotels oder Messehallen Snacks und Getränke bringen oder Flächen reinigen können. Die Idee ist, dass die Roboter über 5G-Funk schnell Informationen austauschen. So sollen sie zum Beispiel Bereiche untereinander aufteilen oder sich gegenseitig über Zwischenfälle wie einen umgekippten Wischeimer informieren.