Börsenhändler in Frankfurt
marktbericht

DAX schließt tief im Minus Euphorie nach der Zinswende schon wieder verflogen

Stand: 20.09.2024 18:25 Uhr

Nach der Rekordjagd vom Vortag ist die Hochstimmung am Aktienmarkt zum Wochenschluss schon wieder vorbei - zumindest vorerst. Der DAX schließt deutlich unter der gestern erreichten 19.000 Punkte-Marke.

Dämpfer für den deutschen Aktienmarkt: Nachdem der DAX gestern noch die 19.000 Punkte geknackt und ein Rekordhoch aufgestellt hatte, lag er heute zu Handelsbeginn schon wieder unter dieser Marke. Im Zuge einer Gewinnwarnung von Mercedes-Benz, die auch andere Branchenwerte mit nach unten zog, weitete der Leitindex seine Kursverluste im Tagesverlauf kontinuierlich aus. Letztlich schloss er knapp 1,5 Prozent tiefer bei 18.720 Punkten.

Bewegung brachte zum Wochenabschluss auch der sogenannte Hexensabbat in den Markt. An dem dreifachen Verfallstag von Optionen und Futures auf Aktien und Indizes an den Terminbörsen kommt es häufig zu scheinbar unerklärlichen Kursverwerfungen - weshalb Börsianer auf das Bild tanzender Hexen zurückgreifen. Insgesamt gibt es jährlich vier große Verfallstermine, und zwar jeweils am dritten Freitag der Monate März, Juni, September und Dezember.

Hinter diesen Schwankungen stehen Marktteilnehmer, deren Frist zur Verwirklichung ihrer Derivategeschäfte abläuft. Vor allem größere Fonds- oder Vermögensverwalter versuchen im Vorfeld, die Kurse auf jene Preise zu treiben, zu denen sie an der Terminbörse engagiert sind.

Die stärkeren Gewinnmitnahmen begründete Jürgen Molnar, Kapitalmarktstratege bei RoboMarkets, neben dem Dämpfer durch Mercedes-Benz darüber hinaus mit der Lage im Nahen Osten. Israels Armee hatte am Nachmittag eigenen Angaben zufolge ein Ziel in Libanons Hauptstadt Beirut angegriffen. Aus dem Libanon wiederum wurden nach israelischen Militärangaben erneut zahlreiche Raketen auf den Norden Israels abgefeuert. "Last but not least ist die erste große Euphorie über die Zinssenkung der Fed verflogen", ergänzte der Experte als weiteren Grund für die heutigen Kursverluste.

Grundsätzlich bleibt die Stimmung an den Märkten aber zuversichtlich, betonten die Experten der Landesbank Hessen-Thüringen. "Die Notenbanken dies- und jenseits des Atlantik sind auf Zinssenkungskurs und tragen damit den verbesserten Inflationsperspektiven und den an Schwung verlierenden konjunkturellen Entwicklungen Rechnung." Niedrigere Zinsen sind vorteilhaft für Aktien. So werden Konzerne zum einen bei ihren Kreditkosten entlastet. Zum anderen werden zinstragende Alternativen wie Anleihen oder Festgeld unattraktiver.

Auf Wochensicht hat der DAX hauchzart zugelegt. Die neue Börsenwoche wird nun zeigen, ob die Rally nach der US-Zinswende anhalten kann. Die US-Notenbank Federal Reserve hatte den Schlüsselsatz vergangenen Mittwoch zum ersten Mal seit Anfang des Jahrzehnts gesenkt - und das gleich um einen halben Prozentpunkt. "Folgt bald die Ernüchterung, dass dies nicht der Beginn einer globalen Liquiditätsparty ist?", fragen sich jedoch die Fachleute der Helaba.

Update Wirtschaft vom 20.09.2024

Melanie Böff, HR, Update Wirtschaft, 20.09.2024 09:00 Uhr

An der Wall Street verzeichneten die großen Börsenindizes nach dem "XL-Zinsschritt" gestern ebenfalls neue Allzeithochs. Doch auch in den USA klingt die Woche ruhiger aus. Gekappte Jahresziele des US-Logistikkonzerns Fedex lasten etwas auf der Stimmung der Anlegerinnen und Anleger. Sowohl der Leitindex Dow Jones als auch der breite S&P 500 und der technologielastige Nasdaq 100 lagen zum europäischen Handelsschluss im Minus.

Der Kurs des Euro hat sich heute wenig verändert. Die Gemeinschaftswährung wurde zuletzt bei 1,1155 Dollar gehandelt und bewegte sich damit auf dem Niveau aus dem frühen Handel. Marktbeobachter sprachen von einem eher impulsarmen Handel kurz vor dem Wochenende. Im Tagesverlauf stehen nur wenige Konjunkturdaten auf dem Programm, an denen sich die Investoren orientieren könnten. Auf Wochensicht konnte der Euro um fast ein Prozent zulegen. Wesentlicher Kurstreiber war die Zinssenkung der US-Notenbank Fed.

Die deutschen Erzeugerpreise konnten die Kurse derweil nicht nennenswert bewegen. Die Preise, die Hersteller für ihre Waren verlangen, waren im August um 0,8 Prozent im Jahresvergleich gesunken. Damit hat sich die Jahresrate im Vergleich zum Vormonat wie erwartet nicht verändert.

Angetrieben von sinkenden Zinsen hat der Goldpreis seine Rekordjagd fortgesetzt. Heute stieg der Preis für das Edelmetall an der Börse in London bis auf 2.616,45 Dollar je Feinunze (etwa 31,1 Gramm) und damit so hoch wie noch nie. Die Notierung erreichte damit bereits zum dritten Mal in der laufenden Woche ein Rekordhoch. Auch in Euro gerechnet schaffte die Notierung kurz vor dem Wochenende eine weitere Rekordmarke bei 2.344,12 Euro je Unze. Mit dem jüngsten Kurssprung hat sich Gold seit Beginn des Monats mehr als drei Prozent verteuert. Seit Beginn des Jahres hat das Edelmetall etwa 25 Prozent an Wert gewonnen. Da Gold keine Zinsen abwirft, profitiert das Edelmetall, wenn die Zinsen etwa für Staatsanleihen sinken.

Die Ölpreise sind gefallen. Am Nachmittag kostete ein Barrel der Nordseesorte Brent zur Lieferung im November 74,44 Dollar. Das waren 44 Cent weniger als am Vortag. Der Preis für ein Barrel der US-Sorte West Texas Intermediate (WTI) zur Lieferung im Oktober sank um 28 Cent auf 71,67 Dollar. Die Notierungen konnten mit der leichten Gegenbewegung nicht an die Kursgewinne der vergangenen Handelstage anknüpfen. Im Verlauf der Handelswoche ging es mit den Ölpreisen tendenziell nach oben. Brent-Öl aus der Nordsee hat sich seit Montag mehr als zwei Dollar je Barrel verteuert.

Nach der Gewinnwarnung fielen die Papiere von Mercedes-Benz um 6,8 Prozent und notierten am DAX-Ende. Die Stuttgarter verwiesen auf eine weitere Verschlechterung des konjunkturellen Umfeldes, speziell in China. Das Ausmaß der Zielsenkung dürfte überraschen, nachdem Mercedes-Benz Ende Juli noch halbwegs zuversichtlich gewesen sei, schrieb Analyst George Galliers von Goldman Sachs. In Gesprächen mit Investoren zeige sich insgesamt zunehmende Sorge über China, wo deutsche Autobauer mit ihren Gewinnen wohl inzwischen im Abwärtstrend gefangen seien.

Die Papiere von BMW und Volkswagen (VW) büßten jeweils rund 3,3 Prozent ein. Auch Zulieferer wie Continental und Infineon gaben nach. Europaweit war der Autosektor die mit Abstand schwächste Branche.

Die Lufthansa lotet aus, ob sie wegen steigenden Wettbewerbs ihre täglichen Flüge von Frankfurt in die chinesische Hauptstadt Peking einstellt. "Lufthansa evaluiert und optimiert kontinuierlich ihr gesamtes Streckennetz", sagte ein Konzernsprecher. Eine Entscheidung zur Verbindung von Deutschlands größtem Flughafen aus nach Peking werde im Oktober getroffen. Lufthansa fliegt weiter über sein Drehkreuz München täglich nach Peking und bietet damit den Gästen der Lufthansa Gruppe auch künftig Flüge in die chinesische Hauptstadt an, wie es hieß.

Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) hat sich über das Vorgehen der Bundesregierung bei ihrem Verkauf von Commerzbank-Anteilen "irritiert" gezeigt. "Das Ganze ist ohne Einbindung der hessischen Landesregierung in einer Nacht-und-Nebel-Aktion erfolgt, die selbst innerhalb der Bundesregierung manchen überrascht hat", sagte er der dpa. Deren Aufgabe sei es, den Finanzplatz Frankfurt zu stärken und nicht, ihn zu schwächen. Die Gewerkschaft ver.di und der Gesamtbetriebsrat der Commerzbank fordern die Ampel-Koalition derweil auf, sich gegen eine Übernahme des Geldhauses zu stemmen. Sie solle sich vielmehr gemeinsam mit den Beschäftigten für eine starke und eigenständige Commerzbank einsetzen.

Der US-Logistikkonzern FedEx hat im ersten Geschäftsquartal schwächer abgeschnitten als erwartet und senkt das obere Ende seiner Umsatz- und Ergebnisprognose. Die Nachfragetrends seien schwächer als gedacht, teilte das Unternehmen nach US-Börsenschluss mit. In den drei Monaten per Ende August sank der Umsatz von 21,7 Milliarden auf 21,6 Milliarden Dollar. Das bereinigte operative Ergebnis sank von 1,6 Milliarden auf 1,2 Milliarden Dollar. Dabei belasteten eine geringere Nachfrage nach Priority-Diensten in den USA, ein Arbeitstag weniger sowie höhere Kosten etwa für Löhne das Quartal. Die Aktien von DHL verloren 4,4 Prozent.

Der Sportartikel-Riese Nike tauscht seinen Chef aus. Firmen-Veteran Elliott Hill kehrt zu Nike zurück und soll zum 14. Oktober die Führung übernehmen. Der bisherige Chef John Donahoe werde noch bis Ende Januar als Berater an Bord für eine reibungslose Amtsübergabe an Bord bleiben, teilte Nike nach US-Börsenschluss mit. Nike hatte Donahoe, der zuvor unter anderem die Handelsplattform Ebay geführt hatte, Anfang 2020 zum Chef gemacht.

Der Netzwerk-Ausrüster Nokia hat vor dem Landgericht München ein Patentverfahren gegen Amazon gewonnen. Mit dem Urteil könnte der finnische Konzern künftig den Verkauf bestimmter Modelle des Videostreaming-Geräts Fire TV von Amazon stoppen. In dem Streit geht es um technische Details in den Kompressionsverfahren H.264 und H.265, die beim Videostreaming zum Einsatz kommen und die Nokia vor etlichen Jahren durch Patente hat schützen lassen. In der Branche umstritten ist die Höhe der Lizenzzahlungen, die Nokia für die Nutzung verlangt. Das Unternehmen hat bereits mehrfach Patentstreitigkeiten in Deutschland austragen lassen, weil vor allem die Landgerichte in München und Mannheim oft zugunsten der Patentinhaber urteilen.

Die Raiffeisen Bank International (RBI) zieht einen Schlussstrich unter ihr Engagement in Belarus. Das Geldhaus habe eine Vereinbarung zum Verkauf ihres Anteils von 87,74 Prozent an der Priorbank JSC und deren Tochtergesellschaften an Soven 1 Holding Limited aus den Vereinigten Arabischen Emiraten unterzeichnet, teilte die österreichische Bank mit. Die Transaktion solle im vierten Quartal abgeschlossen werden. Der Rückzug wird die RBI aber belasten.

Der verstaatlichte Energiekonzern Uniper und der US-Ölkonzern ConocoPhillips haben ihre langfristige Gaspartnerschaft zur Lieferung von bis zu zehn Milliarden Kubikmetern Erdgas in den nächsten zehn Jahren verlängert. Im Rahmen der Vereinbarung werde ConocoPhillips unter Nutzung seiner Pipeline- und wachsenden LNG-Positionen Uniper in Nordwesteuropa mit Erdgas beliefern, teilte Uniper mit. "Mit dieser Vereinbarung wollen wir die Gasversorgung in Deutschland und Europa langfristig und nachhaltig stärken", erklärte Uniper-Vorstand Carsten Poppinga. Finanzielle Einzelheiten wurden zunächst nicht bekannt.

Beim Motorenhersteller Deutz kommt es zu einem Wechsel im Finanzressort. Timo Krutoff werde das Unternehmen zum 30. November verlassen, teilte Deutz mit. Neben den Finanzen verantwortete er außerdem das Personal sowie Information Services. Sein Nachfolger wird Oliver Neu, der den Vorstandsposten bereits zum 1. Oktober übernimmt. Neu leitet den Angaben zufolge seit 2021 die Abteilungen Rechnungswesen, Controlling, Treasury, Trade Finance, Steuern und Risikomanagement. Vor dem Wechsel zu Deutz hatte er verschiedene Funktionen bei Thyssenkrupp inne.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 20. September 2024 um 09:00 Uhr.