Nervöser Markt Verhaltene Stimmung an der Wall Street
Gespanntes Warten vor dem Quartalsbericht des Chipriesen Nvidia und zugleich Sorgen wegen der Lage in der Ukraine: An der Wall Street waren die Anleger hochnervös.
Bei nervösem Handel sind die US-Börsen heute letztlich kaum vom Fleck gekommen. Zwar grenzten die großen Aktienindizes ihre zwischenzeitlich höheren Verluste im Verlauf noch ein, bei hoher Nervosität ergab sich aber kein wirklicher Trend.
Im Mittelpunkt standen die Technologieaktien, die am Ende leicht schwächer tendierten, nachdem sie am Vortag noch besonders gefragt gewesen waren. Die technologielastige Nasdaq gab am Ende ebenso 0,1 Prozent nach wie der Auswahlindex Nasdaq 100.
Umgekehrtes Bild auch beim Dow Jones, der gestern nicht aus dem Minus rauskam und sich heute besser hielt. Der Leitindex ging bei 43.408 Zählern um 0,32 Prozent leicht höher aus dem Handel, womit sich unter dem Strich seit gestern kaum etwas getan hat. Der marktbreite S&P 500 schloss nahezu unverändert bei 5.917 Punkten.
Im Fokus stand natürlich, wie schon in den letzten Handelstagen zuvor, der erwartete Quartalsausweis von Nvidia, der nach Handelsschluss veröffentlicht wurde. Auch an den europäischen Börsen war Nvidia zuvor schon ein zentrales Thema gewesen und hatte in Anbetracht der hohen Erwartungen für Zurückhaltung bei den Investoren gesucht.
Wie das Zahlenwerk zeigte, füllt der KI-Boom weiter rasant die Kassen des Chip-Konzerns. Im vergangenen Quartal schoss der Umsatz im Jahresvergleich um 94 Prozent auf 35,1 Milliarden Dollar (33,3 Milliarden Euro) hoch. Der Gewinn wurde mit 19,3 Milliarden Dollar mehr als verdoppelt.
Zugleich hatten sich Anleger eine noch bessere Prognose für das laufende Quartal erhofft. So soll die Bruttomarge bei 73 - 74 Prozent liegen nach wie erwartet ausgefallenen 75 Prozent im dritten Quartal. Der Umsatz wird bei 37,5 Milliarden Dollar erwartet, plus/minus zwei Prozent. Im laufenden Quartal will Nvidia erste Systeme mit dem neuen Chip "Blackwell" auf den Markt bringen. Die Aktie gab in einer frühen Reaktion im nachbörslichen US-Handel um rund zwei Prozent nach.
Zum Ende des regulären Handels verlor die Nvidia-Aktie zuvor 0,76 Prozent und gab damit einen Teil ihrer deutlichen Gewinne vom Vortag wieder ab. Gestern summierte sich das Plus auf fast fünf Prozent, womit das Papier in Reichweite seines Rekordhochs bei 149,76 Dollar bleibt. Damit wird es als wertvollstes Unternehmen der Welt noch vor dem Smartphone-Konzern Apple mit rund 3,6 Billionen Dollar bewertet.
Nvidia war dem breiten Publikum bis vor zwei Jahren - wenn überhaupt - vor allem als Hersteller von Grafikkartenchips für Gaming-Computer bekannt. Die leistungsstarken Halbleiter der Firma können aber auch bei den zahlreichen neuen Anwendungen von KI zum Einsatz kommen, die massive Rechenleistung benötigen. Heute sind unter anderem die Schwergewichte Microsoft, Google, Meta, Tesla und Amazon bei ihren KI-Modellen auf Nvidia-Technologie angewiesen.
Nervös machte die Anleger heute aber auch die angespannte Lage in der Ukraine. "Zwischen der Ukraine und Russland kommt es zu weiteren Angriffen und die Marktteilnehmer wissen nicht, was sie davon halten sollen. Die Spannungen nehmen zu, statt ab", sagte Dennis Dick, Händler bei Triple D Trading.
Ungeachtet der Drohungen der Regierung in Moskau hat die Ukraine offenbar erstmals auch britische Waffen mit großer Reichweite gegen Ziele in Russland eingesetzt. Erst am Dienstag hatte die ukrainische Armee offenbar erstmals mit US-Raketen Ziele in Russland angegriffen. Die Regierung in Moskau sieht in der Erlaubnis zum Einsatz westlicher Waffen mit großer Reichweite auf russischem Territorium eine Eskalation und hat die geplante Verschärfung ihrer Nukleardoktrin vollzogen. Der Chef des russischen Auslandsgeheimdienstes, Sergej Naryschkin, kündigte an, es werde Vergeltung an den NATO-Ländern geübt, die Angriffe mit westlichen Waffen mit großer Reichweite auf russisches Territorium erlaubten.
Spätestens mit der schwächeren Eröffnung der Wall-Street-Eröffnung war der heutige Erholungsversuch des DAX beendet. Dieser hatte den deutschen Leitindex heute in der Spitze bis auf 19.198 Punkte getrieben, am Ende lag der Schlussstand dann bei 19.004 Punkten - ein leichter Tagesverlust von 0,29 Prozent.
Damit stand wie schon am Vortag erneut die wichtige Unterstützungsmarke von 19.000 im Fokus der Anleger. Mit 18.812 Punkten war der DAX gestern angesichts hoher geopolitischer Risiken zwischenzeitlich auf das tiefste Niveau seit Mitte September gesunken.
Mit der Erholung der US-Technologiewerte hatten sich anschließend aber auch die DAX-Verluste deutlich verringert in Richtung dieser derzeit wohl wichtigsten technischen Orientierungsmarke. Der MDAX der mittelgroßen Werte rutschte ebenfalls noch um 0,37 Prozent ins Minus und ging bei 26.002 Punkten aus dem Handel.
Die Indizes hätten sich am Vortag im späten Handel von ihren Tagestiefs erholt, der Rücksetzer sei aber wohl nicht von strategischen Investoren genutzt worden, die längerfristig ausgerichtete Positionen aufbauen, schreiben die Experten von Index Radar. "Vielmehr dürften kurzfristig orientierte Akteure eingestiegen sein, die gezielt auf eine Gegenbewegung setzen und bei einer ausbleibenden Erholung schnell wieder verkaufen."
"Die Lage bleibt charttechnisch aber noch fragil, es ist zunächst mit einem erneuten Rücklauf im DAX nach der Erholung zu rechnen", erklärt Charttechnik-Experte Christian Zoller von der Direktbank ING. "Dann wird es darauf ankommen, ob sich der DAX relativ früh und noch über der Marke von 19.000 Punkten wieder fangen und eine erneute Aufwärtsbewegung starten kann."
Die globalen Aktienmärkte befanden sich heute indes in Wartestellung: Das mittlerweile wertvollste Unternehmen der Welt, der US-Chiphersteller Nvidia, öffnet am Abend nach US-Börsenschluss seine Bücher. "Einer der am meisten erwarteten Tage der Berichtssaison, wenn nicht sogar der am meisten erwartete Tag, ist endlich gekommen", sagt Ipek Ozkardeskaya, Analystin bei der Swissquote Bank.
Der Bitcoin ist gestern Abend erstmals über die Marke von 94.000 Dollar gestiegen und setzte seinen Rekordlauf weiter fort; zuletzt wurden rund 94.300 Dollar bezahlt. Das Tageshoch und neues Rekordhoch lag im Verlauf bei 94.917 Dollar.
Anleger dürften den Handelsstart von Optionen auf den weltgrößten Spot-Bitcoin-ETF begrüßt haben, schreibt Marktexperte Timo Emden von Emden Research. Entscheidender Katalysator für die Rally bleibe die Aussicht auf Trump und die damit verbundene Hoffnung auf eine Lockerung der Regulierungen.
Der Kurs des Euro gab heute merklich nach. Zuletzt kostete die Gemeinschaftswährung im US-Handel 1,0541 Dollar. Im frühen europäischen Handel hatte der Euro noch über 1,06 Dollar notiert. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0562 (Dienstag: 1,0578) Dollar fest.
Der Dollar legt am Nachmittag auch zu anderen wichtigen Währungen zu. Der Krieg in der Ukraine sorgt weiter für Verunsicherung. So hat die Ukraine erstmals laut Medienberichten britische Marschflugkörper vom Typ "Storm Shadow" auf Russland abgefeuert. Gestern hatte die Ukraine russisches Territorium mit sechs ATACMS-Raketen aus US-Produktion beschossen.
Auch im Nahen Osten geht der Krieg weiter. Bei einem israelischen Angriff auf die Stadt Palmyra sind nach syrischen Angaben 36 Menschen getötet worden. Die angespannte weltpolitische Unsicherheit stützt den Dollar.
In Atem hält die Anleger neben den geopolitischen Spannungen die Frage nach den politischen Plänen von Trump und wer US-Finanzminister werden soll. Entscheidend für die Märkte sei, wie stark unter dem neuen Minister mit einer unkonventionellen Wirtschaftspolitik des Landes zu rechnen sei, sagte Devisenexperte Volkmar Bauer von der Commerzbank.
"Kurzfristig dürfte es daher die Devisenhändler beruhigen, wenn ein Vertreter der Wall Street ernannt wird."
Die Ölpreise sind im Verlauf ins Minus gedreht, allerdings blieben die Schwankungen überschaubar. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent kostete zuletzt 73,02 Dollar, das waren 0,3 Prozent weniger als am Vortag. Der Preis für ein Barrel der US-Sorte WTI fiel zuletzt um 0,4 Prozent auf 68,98 Dollar.
Die Ölpreise werden derzeit durch die anhaltenden Spannungen im ölreichen Nahen Osten gestützt. Es wird befürchtet, dass diese das Rohölangebot auf dem Weltmarkt belasten könnten.
Der Duft- und Aromenhersteller Symrise setzt sich höhere Ziele für dieses Jahr. Für 2024 wird nun ein organisches Wachstum von über sieben Prozent und eine operative Rendite (Ebitda-Marge) von über 20 Prozent erwartet, wie das DAX-Unternehmen heute zu seinem Kapitalmarkttag mitteilte.
Bislang waren ein Wachstum von etwa sieben Prozent und eine Ebitda-Marge von rund 20 (Vorjahr: 19,1) Prozent in Aussicht gestellt worden. Bis 2028 rechnet Symrise unverändert mit einem jährlichen organischen Wachstum von fünf bis sieben Prozent. Die Marge soll sich nun, auch dank Einsparungen, auf 21 bis 23 Prozent statt auf 20 bis 23 Prozent belaufen.
Bei Volkswagen sind IG Metall und Betriebsrat auch zu Gehaltsverzicht bereit, um die Kosten zu senken und so Werksschließungen und Entlassungen zu verhindern. Das sieht ein eigenes Zukunftskonzept vor, das die Arbeitnehmervertreter am Tag vor der nächsten Tarifrunde am Mittwoch vorgestellt haben. Das Gesamtkonzept ermögliche eine Entlastung bei den Arbeitskosten um rund 1,5 Milliarden Euro, sagte IG-Metall-Bezirksleiter Thorsten Gröger.
Volkswagen reagiert derweil zurückhaltend auf die jüngsten Vorschläge von IG Metall und Gewerkschaft zur Kostenentlastung. "Zunächst begrüßen wir es, dass die Mitbestimmung Offenheit für Maßnahmen bei Arbeitskosten und Kapazitätsanpassungen signalisiert", sagte Personalvorstand Gunnar Kilian laut einer Mitteilung. "Jeder Vorschlag hilft, der einen Beitrag zur Zielerreichung leistet."
Die konkreten Vorschläge müsse man nun aber zunächst finanziell bewerten. Bei der Tarifrunde morgen wolle man dazu "in einen detaillierteren Austausch gehen".
Der Chemiekonzern BASF will mit Hilfe des Startups Vulcan Energy die CO2-Emissionen an seinem Stammwerk in Ludwigshafen erheblich reduzieren. Im Rahmen einer Partnerschaft soll der Einsatz geothermischer Energie am weltweit größten Standort des Unternehmens geprüft werden, wie das DAX-Unternehmen heute mitteilte. Eine entsprechende Absichtserklärung hätten beide Seiten unterzeichnet.
Ziel der Partnerschaft ist die Evaluation der Nutzung von Erdwärme aus Tiefengeothermie, um das BASF-Stammwerk künftig mit erneuerbarer Energie zu versorgen. Auch die benachbarten Städte Frankenthal und Ludwigshafen sollen von der nachhaltigen Wärme profitieren. In einem ersten Schritt beteiligen sich beide Städte an der notwendigen seismischen Erkundung des Gebiets.
Der Betriebsrat von Ford kündigt "erbitterten Widerstand" gegen den geplanten Stellenabbau bei dem US-Autobauer an. "Es ist ein schwarzer Tag für Ford", sagte Betriebsratschef Benjamin Gruschka in Köln und übte scharfe Kritik am Management. Es werde bei Ford in Köln wahrscheinlich eine Auseinandersetzung zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern geben, wie es sie noch nie gegeben habe.
Der US-Autobauer Ford will bis Ende 2027 in Deutschland 2.900 Stellen abbauen. Die meisten Arbeitsplätze sollen im Kölner Werk wegfallen. Insgesamt peilt Ford in Europa den Abbau von 4.000 Stellen an, 800 davon in Großbritannien und 300 in anderen EU-Staaten. Ford begründete dies mit hohen Kosten und schwacher Nachfrage.
Zum chinesischen Festtag "Singles' Day" hat Apple deutlich weniger iPhones verkauft als im Vorjahr. Unter dem Druck wachsender Konkurrenz sei der Absatz prozentual zweistellig zurückgegangen, ergab eine Erhebung des Research-Hauses Counterpoint. Lediglich Apples chinesischer Hauptkonkurrent Huawei konnte seine Verkäufe steigern - und zwar um sieben Prozent.