DAX und Dow Jones Euphoriedämpfer vor Notenbankertreffen
Vor dem anstehenden Notenbankertreffen haben die US-Anleger deutlich vorsichtiger agiert als zuletzt. Ähnlich verhielten sich auch die heimischen Anleger, der DAX gab leicht nach.
Die Wall Street hat nach zuvor acht Gewinntagen heute eine Rallyepause eingelegt. Der Dow-Jones-Index der Standardwerte notierte am Ende um 0,15 Prozent leicht schwächer bei 40.834 Punkten. Der breiter gefasste S&P 500 gab 0,2 und der Index der Technologiebörse Nasdaq 0,33 Prozent ab.
Bis gestern hatten die Börsenbarometer eine Acht-Tage-Gewinnserie verzeichnet. Für gute Stimmung sorgten zuletzt vor allem starke Konjunkturdaten, die die Furcht der Investoren vor einem Absturz der Wirtschaft linderten.
Auf die Stimmung drückte heute die Nervosität vor dem traditionellen Notenbankertreffen im amerikanischen Jackson Hole ab Donnerstag. Die Investoren warten dabei vor allem auf eine Rede von Fed-Chef Jerome Powell am Freitag.
"Wir erwarten, dass Powell die Weichen für eine Zinssenkung im nächsten Monat stellen wird", sagte Win Thin, Chefstratege bei der New Yorker Privatbank Brown Brothers Harriman. "Dabei wird er allerdings unterstreichen, dass die nächsten Schritte der Fed von den Konjunkturdaten abhängig sind, und sich gegen jede Art von Vorfestlegung auf einen aggressiven Lockerungspfad wehren.
"Bei ihrem Treffen hoch in den Bergen von Jackson Hole können sich die Währungshüter aus den USA und Europa zunächst gegenseitig beglückwünschen", schrieb Holger Schmieding, Chefvolkswirt bei der Berenberg Bank. "Sie haben den großen Inflationsschub überstanden, der sie in den Jahren davor arg gebeutelt hatte." Denn auf beiden Seiten des Atlantiks ist die Inflation wieder auf unter drei Prozent gefallen.
Unter den Einzelwerten in New York sorgte Boeing (mal wieder) für negative Schlagzeilen. Denn der Flugzeugbauer aus Seattle stoppt Testflüge des Modells 777X nach Schäden an der Verbindung zwischen Triebwerk und Flügeln aus. Bei den Anlegerinnen und Anlegern kamen die erneuten Probleme nicht gut an. Die Boeing-Aktie verlor deutlich 4,21 Prozent auf 172,10 Dollar und stand damit am Dow-Ende.
Bei einer planmäßigen Inspektion sei festgestellt worden, dass ein Bauteil sich "nicht wie vorgesehen verhalten habe", teilte der Konzern mit. Die Branchen-Website "The Air Current" hatte zuvor berichtet, bei einem der Testflugzeuge des Typs 777-9 sei eines der Verbindungselemente zwischen Triebwerk und Tragfläche unterbrochen gewesen. Davor habe die Maschine einen über fünfstündigen Flug aus Hawaii absolviert. Bei weiteren 777-9-Maschinen der Testflotte seien Risse an dem Bauteil festgestellt worden, hieß es unter Berufung auf informierte Personen.
Der DAX hat heute seine jüngste Gewinnserie mit einem Tagesverlust von 0,35 Prozent auf 18.357 Punkte beendet. Zuvor war der deutsche Leitindex zehn Tage in Folge gestiegen, eine der längsten Gewinnserien in der Geschichte der Börse überhaupt. Auch der MDAX der mittelgroßen Werte verlor am Ende 0,74 Prozent auf 24.769 Punkte.
Maßgeblich beigetragen zum Tagesverlust hat die Wall-Street-Tendenz, die gegen Mittag Ortszeit ebenfalls schwächer tendiert. In deren Sog hatte sich der heimische Markt zuletzt zu dieser bemerkenswerten Gewinnserie aufgeschwungen - und damit die Anfang des Monats noch heftigen Kursverluste nach US-Rezessionsängsten aufgeholt, bei denen es bis fast an die Marke von 17.000 Punkten bergab gegangen war.
Schon gestern sah es nach einem Verlusttag für den DAX aus, ehe der Index im Verlauf mit der Wall Street im Rücken doch noch ins Plus drehte und mit 18.421 Punkten ein halbes Prozent fester aus dem Handel ging. Für gute Stimmung hatten zuletzt vor allem starke US-Einzelhandels- und Arbeitsmarktdaten gesorgt, die die Furcht der Investoren vor einem Absturz der Konjunktur gelindert hatten.
Im Gegensatz zu den USA sind gute Konjunkturnachrichten hierzulande und auch in vielen europäischen Volkswirtschaften eher Mangelware. Erst gestern enttäuschten in Deutschland die Auftragseingänge der Industrie im Juli und auch die Stimmungsindikatoren wie der ifo-Index waren zuletzt rückläufig.
Trotzdem ging es an der Börse aufwärts, denn die starken Zinsimpulse aus den USA überlagern eindeutig die schwachen heimischen Daten. "Im Deutschen Aktienindex läuft derzeit die wohl überraschendste Rally des Jahres", kommentierte Jochen Stanzl, Analyst beim Broker CMC Markets. "Der Index klettert an einer Wand aus Zweifel und Sorgen empor." Solange diese sich aber nicht bestätigten, gebe es auch keinen triftigen Grund, Aktien erneut zu verkaufen.
Derweil wird der Euro immer teurer und handelte zuletzt im US-Handel bei 1,1126 Dollar am Tageshoch. Damit erreichte die Gemeinschaftswährung gegen den Dollar den höchsten Stand seit Dezember und seit gestern einen deutlichen Gewinn von gut einem Dollar-Cent.
Haupttreiber sind auch hier, wie am Aktienmarkt, primär die Zinserwartungen der Märkte, die eine Senkung von teilweise um bis zu 50 Basispunkten durch die US-Notenbank antizipieren. Die Europäische Zentralbank (EZB) setzte den Referenzkurs auf 1,1084 (Montag: 1,1041) Dollar fest.
Zur Kenntnis nehmen werden die Investoren auch die heimischen Erzeugerpreise, die Hinweise auf die kommenden Inflationsdaten geben können. Der seit mehr als einem Jahr anhaltende Rückgang der deutschen Erzeugerpreise nähert sich dabei seinem Ende.
Die Hersteller gewerblicher Produkte, von Süßwaren bis hin zu Strom und Gas, verlangten im Juli durchschnittlich 0,8 Prozent weniger als ein Jahr zuvor, teilte das Statistische Bundesamt mit. Das war bereits der 13. Rückgang in Folge, zugleich aber auch der kleinste in dieser Reihe.
Die Aussicht auf sinkende Zinsen in den USA treibt auch die Gold-Rallye weiter an. Das Edelmetall verteuerte sich in der Spitze um 0,8 Prozent auf ein Rekordhoch von bis zu 2.526 Dollar je Feinunze, konnte das hohe Niveau aber im Verlauf nicht halten. Zuletzt wurden 2.513 Dollar bezahlt.
Angetrieben von Zinssenkungsfantasien und einem schwachen Dollar habe der Goldpreis den Widerstand von 2.510 Dollar durchbrochen und seine Aufwärtsbewegung beschleunigt, kommentierte Alexander Zumpfe, Edelmetallhändler bei Heraeus.
Bei den Einzelwerten im DAX war die Nachrichtenlage dünn. Zum Schluss lagen defensive Werte wie Henkel oder Eon an der DAX-Spitze. Rheinmetall gehörten wie schon am Vortag mit einem Minus von rund drei Prozent zu den größten Verlierern. Die Aussicht auf weniger Militärhilfe für die Ukraine durch die Bundesregierung wegen Haushaltsproblemen kommt bei den Anlegerinnen und Anlegern des Unternehmens derzeit nicht gut an.
Gefragt waren auch Infineon, nachdem im US-Chipsektor AMD mit einem Milliardenzukauf zum KI-Branchenführer Nvidia aufschließen will. AMD, die gestern schon gut gelaufen waren, legen in New York weitere 1,6 Prozent zu.
BT-Aktionäre gucken bei den Breitbandplänen von Sky in die Röhre. Das britische Medienunternehmen Sky wird seine Breitbanddienste über das Netz des Internetanbieters CityFibre anbieten, was die Aktien des Rivalen BT in der Spitze um mehr als sieben Prozent abstürzen lässt. Damit verzeichneten die Anteilsscheine des größten britischen Telekom-Konzerns den höchsten Tagesverlust seit mehr als eineinhalb Jahren.
Bei BT Group ist die Deutsche Telekom mit zwölf Prozent einer der größten Anteilseigner. Die Beteiligung rührt aus dem Verkauf des britischen Mobilfunknetzes vor einigen Jahren. Zuletzt stieg der indische T&T-Konzern Barthi bei der BT Group ein. Er übernahm den Anteil von 24,5 Prozent im Wert von rund 3,2 Milliarden Pfund (rund 3,8 Milliarden Euro) vom bisher größten Aktionär Altice UK.
Mit einem symbolischen Spatenstich ist heute der Bau einer neuen Chipfabrik in Dresden eingeläutet worden. Die Investition von gut zehn Milliarden Euro ist ein Gemeinschaftsvorhaben des taiwanesischen Branchenriesen TSMC und der bereits in Dresden ansässigen Firmen Bosch, Infineon und NXP Semiconductor. TSMC soll 70 Prozent an dem Unternehmen halten, die anderen Partner jeweils zehn Prozent. Die Produktion soll 2027 beginnen. Schwerpunkt sind Chips für die Autoindustrie. Mit der ersten Fabrik von TSMC in Europa sind 2.000 Arbeitsplätze verbunden.
Der irische Billigflieger Ryanair hat die Bundesregierung aufgefordert, die zum Mai erhöhte Luftverkehrssteuer zurückzunehmen. Anderenfalls werde die Fluggesellschaft ihr Angebot von deutschen Flughäfen im kommenden Sommer um weitere zehn Prozent oder 1,5 Millionen Sitzplätze reduzieren und in Länder mit günstigerer Kostenbasis verlagern. Auch der deutsche Branchenverband BDL kritisierte die hohe Kostenbelastung am Standort und verlangte ein Belastungsmoratorium für die Luftfahrt.