Kursgewinne in New York Zuversicht vor der Berichtssaison
Nun rücken wieder aktuelle Unternehmenszahlen in den Fokus der Börse. An der Wall Street blicken die Anleger optimistisch auf die anlaufende Berichtssaison. Für den DAX verlief der Wochenstart holpriger.
Die Anleger in den USA blicken der nun anlaufenden Berichtssaison zum zweiten Quartal zuversichtlich entgegen. Der Standardwerteindex Dow Jones startete mit einem Aufschlag von 0,22 Prozent in die neue Woche. "Investoren stellen fest, dass die Wirtschaft wirklich widerstandsfähig war und die Unternehmensgewinne bislang ziemlich gut ausfallen", sagte Chris Zaccarelli von Independent Advisor Alliance.
An der Technologiebörse Nasdaq gab es deutlich höhere Zuwächse. Der Nasdaq 100 ging 0,87 Prozent höher aus dem Handel.
Am Freitag hatten die Banken-Schwergewichte JPMorgan, Wells Fargo und Citigroup den Anfang gemacht. Die Institute profitierten im zweiten Quartal von den gestiegenen Zinsen, da die Kunden für ihre Kredite mehr bezahlen müssen. Dagegen ging das lukrative Investment-Geschäft mit Übernahmen, Fusionen und Börsengängen zurück.
Morgen und am Mittwoch folgen die Zwischenberichte der Bank of America, Morgan Stanley und Goldman Sachs. Am Mittwoch nach Börsenschluss folgt unter anderen Tesla. In Deutschland eröffnen SAP (Donnerstag nach Börsenschluss) und Sartorius (Freitag) den Zahlenreigen.
Für das zweite Quartal werde für die US-Unternehmen eine Gewinnschrumpfung im mittleren einstelligen Bereich erwartet, meint Robert Halver von der Baader Bank. "Das zweite Quartal markiert den Tiefpunkt des Gewinnwachstums." In der zweiten Jahreshälfte 2023 würden sich die Gewinne dann zunehmend in den Wachstumsbereich vorarbeiten. Das gelte auch international. "Und Börse bezahlt Zukunft."
Die Daten zur Industriestimmung im Bundesstaat New York belasteten den Markt nicht. Der sogenannte Empire-State-Index sank im Juli auf 1,1 Zähler nach 6,6 Punkten im Juni. Analysten hatten im Schnitt eine deutlichere Eintrübung auf minus 3,5 Punkte erwartet. Mehr Klarheit dürften am Dienstag die Zahlen zu den Einzelhandelsumsätzen und zur Industrieproduktion bringen.
Am deutschen Aktienmarkt startete der DAX mit einem moderaten Minus von 0,23 Prozent in die neue Woche. Nach schwachen Konjunkturdaten aus China war der Leitindex zwischenzeitlich unter die runde Marke von 16.000 Punkten gerutscht, konnte sich aber im Schlepptau der besser aufgelegten US-Börsen wieder etwas erholen. In der vergangenen Woche hatte der deutsche Leitindex noch mit einem Plus von mehr als drei Prozent die stärkste Performance seit März hingelegt.
Die Weber Bank erwartet nach dem positiven ersten Halbjahr in den kommenden Monaten eine Konsolidierung am Aktienmarkt, begleitet von einem leichten Rückgang der Unternehmensgewinne. "Die positive Kursentwicklung hat bei schwachen Gewinnen die Bewertung des Aktienmarktes insgesamt ansteigen lassen", sagte Analyst Björn Hallex. "Die Zeichen stehen somit auf Sommerpause." Auch die Saisonalität legt eine langsamere Gangart nahe: In Vorwahljahren setzt eine Marktschwäche an der Wall Street historisch betrachtet meist in der zweiten Julihälfte ein.
Die Konjunkturnachrichten aus der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt lasteten auf der Stimmung, denn die chinesische Wirtschaft wächst langsamer als erwartet. Das chinesische Bruttoinlandsprodukt stieg zwar im zweiten Quartal im Vergleich zum Vorjahr um 6,3 Prozent, wie das Statistikamt in Peking berichtete. Das Plus resultiert jedoch in erster Linie aus dem schwachen Vergleichswert im Vorjahr. "Das Wachstumstempo im Reich der Mitte lässt weiter nach", sagte Portfolio-Manager Thomas Altmann vom Vermögensverwalter QC Partners. "Die große Belebung nach dem Ende der strikten Covid-Bestimmungen ist erst einmal zu Ende."
Wenig zuversichtlich stimmt auch der Zustand des chinesischen Immobilienentwicklers China Evergrande. Dieser legte seine lang erwarteten Geschäftszahlen für 2021 und 2022 vor. Binnen zwei Jahren häufte der einstige Star am chinesischen Immobilienmarkt umgerechnet 72 Milliarden Euro Verlust an, und ringt mit seinen Gläubigern weiter um den Abbau seines Schuldenbergs von umgerechnet 300 Milliarden Euro. Die Wirtschaftsprüfer warnen allerdings, dass das Überleben von Evergrande nicht gesichert sei. Daran gebe es "erhebliche Zweifel". Im März hatte das Unternehmen den Gläubigern im In- und Ausland eine Umschuldung vorgeschlagen, die Verhandlungen laufen aber noch. Die Aktie ist seit März 2022 vom Handel in Hongkong ausgesetzt, auch weil zahlreiche Untersuchungen laufen. Bleibt sie für 18 Monate ausgesetzt, droht dem Unternehmen die Streichung vom Kurszettel.
In die richtige Richtung geht es dagegen bei den weltweiten Inflationserwartungen: Wie eine Umfrage des Münchner ifo-Instituts ergab, erwarten Wirtschaftsexperten in vielen Teilen der Welt niedrigere Inflationsraten. Für Nordamerika rechnen die Experten nur noch mit einem Plus von 4,5 Prozent, für Ostasien inklusive China gehen die Fachleute von 5,0 Prozent aus. Für die EU insgesamt werden im laufenden Jahr im Schnitt 7,5 Prozent erwartet - hier ziehen vor allem einige osteuropäische Länder den Schnitt nach oben.
Noch deutlich optimistischer blickt die Deutsche Bundesbank auf die deutsche Wirtschaft: "Die deutsche Wirtschaftsleistung dürfte im zweiten Quartal 2023 wieder leicht gestiegen sein", heißt es in dem heute veröffentlichten Monatsbericht. Damit geht die Bundesbank davon aus, dass die deutsche Wirtschaft die Rezession überwunden hat: "Der zuvor kräftig rückläufige private Konsum stabilisierte sich wohl", so die Bundesbank: "Dazu trug bei, dass der Arbeitsmarkt nach wie vor in guter Verfassung war, die Löhne kräftig anstiegen und sich der Preisanstieg nicht weiter verstärkte."
Der Euro markierte im Tagesverlauf mit 1,1249 Dollar den höchsten Stand seit Februar 2022. Am späten Abend kostete die Gemeinschaftswährung 1,1245 Dollar. Die Europäische Zentralbank hatte den Referenzkurs am Freitagnachmittag auf 1,1221 Dollar festgesetzt.
Ausschlaggebend für die Euro-Stärke sind rückläufige Zinserwartungen an die US-Notenbank Fed wegen fallender Inflationsraten in den Vereinigten Staaten. Derzeit ist an den Märkten nur noch eine Zinsanhebung der Fed in diesem Jahr vollständig eingepreist. Der Dollar steht daher unter Druck.
Die Ölpreise haben zu Beginn der neuen Woche nachgegeben. Am späten Abend kostete ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent 78,37 Dollar und damit zwei Prozent weniger als am Freitag. Besonders die schwachen Wachstumszahlen aus China sorgten an den Rohstoffmärkten für Ernüchterung.
Am New Yorker Aktienmarkt ließ ein weiterer Fortschritt des Software-Riesen Microsoft bei der Übernahme von Activision Blizzard die Anteilscheine des Videospiel-Anbieters steigen. Ein US-Berufungsgericht hatte in der Nacht zum Samstag die Forderung der US-Wettbewerbsaufsicht FTC abgewiesen, die Übernahme mit einer einstweiligen Verfügung zu blockieren. Als letzte Hürde für den 69 Milliarden Dollar schweren Deal bleibt damit die britische Aufsichtsbehörde CMA. Um diese zu beschwichtigen, sei Microsoft bereit, einen Teil des Geschäfts mit Cloud-Gaming in dem Land abzutreten, hatte die Nachrichtenagentur Bloomberg am Freitag berichtet.
Dagegen stießen Anleger weiter Aktien von AT&T ab, die mit minus 6,5 Prozent auf den tiefsten Stand seit den 90er Jahren fielen. Die Citigroup äußerte Bedenken über mögliche Risiken für den Telekom-Riesen im Zusammenhang mit bleiummantelten Verkabelungen und stufte die Aktie auf "Neutral" ab. Das "Wall Street Journal" hatte zuvor berichtet, dass AT&T, Verizon und andere Telekom-Konzerne ein ausgedehntes Netzwerk aus mit giftigem Blei bedeckten Kabeln hinterlassen hätten, das sich über die gesamten USA erstrecke. Die Sorge um erhebliche Umrüstungskosten belastete auch weitere Telekom-Titel.
Die Neo-Bank N26 wird auch in Zukunft bei ihrem Wachstum durch Auflagen der Bankenaufsicht BaFin beschränkt. Das Berliner Start-up darf nach einer Anordnung der Behörde auch weiterhin nur maximal 50.000 Neukunden im Monat annehmen. Hintergrund sei, dass N26 trotz einiger Fortschritte nach wie vor Defizite in seinen Systemen zur Prävention von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung habe, erklärte die BaFin. Daher sei auch das Mandat eines Sonderbeauftragten verlängert worden, der bei N26 die Umsetzung der Anti-Geldwäsche-Maßnahmen überwachen soll.
Stärkster Wert im MDAX war die Krones-Aktie. Der Abfüll- und Verpackungsanlagen-Hersteller erhöht die Prognose für das Wachstum 2023 auf elf bis 13 Prozent. Bislang waren acht bis elf Prozent erwartet worden. Die Zielgrößen für das operative Ergebnis und die Rendite auf das gebundene Kapital bestätigte der Konzern. Die Gesamtleistung habe sich im zweiten Quartal dank verbesserter Produktionsprozesse gut entwickelt, obwohl die Beschaffung von Elektrokomponenten weiterhin schwierig sei.
Das Kerngeschäft des insolventen Textilkonzerns Ahlers geht an den Modefilialisten Röther. Das Geschäft mit den Marken Pierre Cardin, Baldessarini, Otto Kern, Pioneer-Jeans und Pionier Berufskleidung, ebenso wie die Auslandstöchter in Polen, der Schweiz, Frankreich, Österreich, Ungarn und Spanien und die Produktion in Sri Lanka gehen an Röther. Die Aktionäre, allen voran die Familie von Vorstandschefin Stella Ahlers, gehen leer aus. "Der Veräußerungserlös steht den Gläubigern zu", hieß es in der Mitteilung. Wie hoch sie sind, teilte das Unternehmen nicht mit. Die börsennotierte Ahlers AG und sieben Tochterfirmen mit 400 Mitarbeitern hatten im April Insolvenz wegen drohender Zahlungsunfähigkeit angemeldet.
Am Abend zog der SDAX-Titel Atoss Software an. Der Personalplanungs-Spezialist rechnet in diesem Jahr mit einem Umsatz- und Gewinnsprung. Das Münchner Unternehmen hob seine Umsatzprognose auf 142 Millionen Euro an, sieben Millionen mehr als bisher vorausgesagt. Das wäre ein Plus von 25 Prozent. Die operative Umsatzrendite (Ebit-Marge) soll mit 30 Prozent ebenfalls höher ausfallen als die bisher prognostizierten 27 Prozent. Im ersten Halbjahr lag der Umsatz mit 73 Millionen Euro um 37 Prozent über Vorjahr, die Ebit-Marge lag bei rund 33 Prozent. Atoss kündigte zudem an, sich in eine Europa-AG (Societas Europaea, SE) umzuwandeln. Die Aktionäre müssen dem Schritt aber noch zustimmen.
Auch die Deutsche Beteiligungs-AG (DBAG) schraubte am Abend ihre Geschäftsprognosen nach oben. Das SDAX-Unternehmen hat die Gebäudetechnik-Firma R+S Group mit einem Gewinn von 14 Millionen Euro verkauft. Zudem beteiligt sich die DBAG am Käufer Nokera, einem Schweizer Holz-Fertighaus-Hersteller. Für das laufende Geschäftsjahr 2022/23 (bis Ende September) rechnet die DBAG nun mit einem Nettovermögenswert (NAV) zwischen 660 und 715 Millionen Euro und einem Nettogewinn zwischen 100 und 115 Millionen Euro.
Der ebenfalls im SDAX notierte Medizin- und Sicherheitstechnikanbieter Drägerwerk konnte dagegen mit seinen Eckdaten nicht überzeugen. Das Unternehmen schaffte zwar dank einer besseren Lieferfähigkeit im zweiten Quartal einen Umsatzsprung und schrieb operativ wieder schwarze Zahlen, einige Fachleute hatten sich jedoch noch mehr erhofft. Analyst Henrik Paganetty von Jefferies sprach von insgesamt soliden Zahlen, räumte der Aktie aber nach wie vor wenig Spielraum nach oben ein.
Stärkster Wert im SDAX war die Aktie von MorphoSys. Nach einer optimistischeren Studie der Deutschen Bank steuerten die Papiere des Antikörperspezialisten wieder auf ihr Jahreshoch von 30 Euro zu. In seiner Studie betonte Analyst Emmanuel Papadakis die Bedeutung des Themenfelds Myelofibrose für die europäische Pharmabranche und die Chancen für das MorphoSys-Mittel Pelabresib, das sich gerade in einer entscheidenden Testphase gegen die bösartige Knochenmarkerkrankung befindet. Die Daten hierzu werden im vierten Quartal erwartet. Papadakis hob vorab seine Schätzungen und strich für die Aktien seine Verkaufsempfehlung. Er votiert beim Kursziel 25 Euro nun mit "Hold".
Der bayerische Dämmstoffhersteller Steico wird an den Baustoffkonzern Kingspan verkauft. Mehrheitsaktionär Udo Schramek habe 51 Prozent der Anteile an das irische Unternehmen verkauft, teilte Steico am Abend mit. Das im Freiverkehr gelistete Unternehmen kam zum Montags-Schlusskurs auf einen Börsenwert von 453 Millionen Euro. 10,1 Prozent will Schramek vorerst behalten, der das Unternehmen mit seinen 2000 Mitarbeitern weiterhin führen soll. Ein Übernahmeangebot an die übrigen Aktionäre sei nicht fällig, weil Steico seit dem Börsengang 2007 nur im Freiverkehr gelistet ist.