Händlerin an der New Yorker Börse
Marktbericht

Leichte Kurserholung Es gibt auch noch gute Nachrichten

Stand: 27.04.2022 22:14 Uhr

Das Börsenumfeld bleibt sehr schwierig, doch gute Zahlen einiger Konzerne brachten den Aktienmärkten zur Wochenmitte etwas Entlastung.

Die Aktienmärkte bewegen sich weiter in einem ausgesprochen schwierigen Umfeld. Dennoch konnte sich die Wall Street heute etwas von ihrem gestrigen Kursrutsch erholen. Dabei halfen vereinzelte erfreuliche Quartalszahlen. Während etwa Boeing enttäuschte, kamen die Bilanzen von Microsoft, Visa und Mattel gut an. Der Dow Jones konnte ein Plus von 0,2 Prozent über die Ziellinie retten, nachdem er zeitweise deutlich stärker zugelegt hatte.

Die Technologietitel des Nasdaq 100 verbuchten ein winziges Minus von 0,05 Prozent. Mehr als eine Momentaufnahme kann dies angesichts der schweren Belastungen für die Aktienmärkte nicht sein. Der Ukraine-Krieg und seine Folgen für die Preisentwicklung und die Konjunktur, daneben der Lockdown in China sowie die Sorge um die Zinsentwicklung bleiben die bestimmenden Themen.

Der DAX verbuchte nach drei Verlusttagen und einem nervösen Verlauf ein leichtes Plus von 0,27 Prozent. Und das, obwohl die Konjunkturprognosen immer düsterer werden und der Gas-Lieferstopp Russlands gegenüber Polen und Bulgarien den Preis für Erdgas nach oben schießen ließ.

Die deutsche Konjunktur steuert laut dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) auf schwere Zeiten zu. "Die Risiken für die deutsche Wirtschaft sind derzeit enorm", so DIW-Experte Guido Baldi. Eine weitere Eskalation des Ukraine-Krieges und eine Verschlechterung der Energieversorgung, etwa weil Erdgaslieferungen ausbleiben, würden die Wirtschaft zusätzlich stark belasten. Das vom DIW erstellte Konjunkturbarometer ist im April auf nur noch 86 Punkte eingebrochen und liegt damit deutlich unter dem neutralen Wert von 100 Zählern.

Der Ukraine-Krieg und die hohen Preise in Deutschland drücken die Konsumstimmung auf ein Rekordtief. Das aktuelle Barometer des Nürnberger Marktforschers GfK brach um 10,8 Zähler auf minus 26,5 Punkte ein. Damit wurde das bisherige Rekordtief vom Frühjahr 2020 während des ersten Corona-Lockdowns noch deutlich unterboten.

Zu den weniger erfreulichen Bilanzen an der Wall Street zählte die von Boeing. Der Ukraine-Krieg, Probleme beim Langstreckenflieger 777X und höhere Kosten beim Bau der neuen Präsidentenmaschine Air Force One haben dem US-Flugzeugbauer einen Milliardenverlust beschert. Boeing bezifferte den Quartalsverlust auf 1,2 Milliarden Dollar. Der Umsatz ging um acht Prozent auf 14 Milliarden Dollar zurück. Als Reaktion auf die Zahlen brach die Boeing-Aktie um mehr als sieben Prozent ein.

Gestern nach US-Börsenschluss hatten die Technologieriesen Microsoft und Alphabet Zahlen vorgelegt, die gemischt ausfielen. Ein starkes Cloud-Geschäft hat Microsoft im ersten Quartal zu deutlich mehr Umsatz verholfen. Unter dem Strich verdiente der Software-Riese 16,7 Milliarden Dollar und damit acht Prozent mehr als vor einem Jahr. Leicht enttäuschend dagegen die Ergebnisse der Google-Mutter Alphabet: Der Umsatz legte im Jahresvergleich um 23 Prozent auf gut 68 Milliarden Dollar zu. Unterm Strich sank der Gewinn von 17,9 Milliarden Dollar im Vorjahresquartal auf gut 16,4 Milliarden Dollar.

Tesla-Chef Elon Musk ist mit dem Versuch gescheitert, Auflagen der US-Börsenaufsicht für seine Tweets vor Gericht zu kippen. Die Vorgabe von 2018 sieht vor, dass Musks Tweets, die Einfluss auf Teslas Aktienkurs haben könnten, erst vom Unternehmen freigegeben werden müssen. Musk argumentierte, dass dies seine Redefreiheit einschränke. Ein New Yorker Richter wies den Antrag ab.

Die europäische Gemeinschaftswährung verliert weiter an Boden. Mit 1,0550 Dollar notierte der Euro am Abend so tief wie seit 2017 nicht mehr. Die Erwartung deutlich steigender Zinsen in den USA stärkt den Dollar weiterhin. Dazu kommen schwächere Wachstumsaussichten für viele Volkswirtschaften in der Eurozone.

Nach Gewinnen über Nacht standen die Ölpreise nur vorübergehend unter Druck. Ein Fass der Nordseesorte Brent kostete am Abend wieder rund 105,40 Dollar.

Mit einem Kurssprung von über elf Prozent setzte sich HelloFresh kurz vor Handelsschluss an die DAX-Spitze. Im ersten Quartal sei der Umsatz währungsbereinigt um 26,4 Prozent auf 1,915 Milliarden Euro geklettert, teilte der Kochboxenversender überraschend mit. Das bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (AEBITDA) ging hingegen zurück. Mit 99,3 Millionen Euro lag es aber ebenfalls über den Markterwartungen. Vor einem Jahr hatte der Wert noch bei 159,2 Millionen Euro gelegen. Die Prognose für das laufende Jahr bestätigte das Berliner Unternehmen.

Die Freude der Anleger über den Gewinnzuwachs bei der Deutschen Bank verpuffte angesichts überraschend hoher Kosten und eines vorsichtigen Ausblicks rasch. Die Aktien des Geldhauses büßten 5,6 Prozent ein. Zwar steigerte Deutschlands größte Bank den Gewinn unter dem Strich im Auftaktquartal mit 1,06 Milliarden Euro um 17 Prozent und damit stärker als von Analysten erwartet. "Die erwarteten kurzfristigen Risiken sind gut eingedämmt, aber die Deutsche Bank rechnet mit Kostendruck", so Experten der Credit Suisse. Auch die Analysten von Barclays wiesen darauf hin, dass das Institut auf der Kostenseite enttäuscht habe.

Die Aktie der Fondstochter DWS gab im SDAX um 2,5 Prozent nach. Mit einem Anstieg des bereinigten Vorsteuergewinns um zwölf Prozent auf 279 Millionen Euro erreichte die Fondsgesellschaft zwar das zweithöchste jemals in einem Quartal erreichte Ergebnis. Insgesamt sei die Bilanz aber durchwachsen ausgefallen, bemängelten die Analysten von JPMorgan. Bei den verwalteten Vermögen sei es entgegen der Erwartungen zu einem Mittelabfluss gekommen.

Die Symrise-Aktie gewann 5,7 Prozent. Der Duftstoff- und Aromenhersteller steigerte die Erlöse im ersten Quartal um rund 15 Prozent auf fast 1,1 Milliarden Euro. Dabei kamen dem DAX-Konzern auch Übernahmen und Währungseffekte zugute. Ohne diese Effekte betrug das Wachstum 8,3 Prozent. Die Konsumenten seien aktiver geworden, sagte Konzernchef Heinz Jürgen Bertram. "Das gilt für Reisen sowie für Bereiche wie Gastronomie und Freizeit. Damit stieg die Nachfrage zum Beispiel nach Anwendungen für Sonnenschutz und Feinparfümerie, aber auch nach Getränken und kulinarischen Anwendungen."

BASF will wegen des Ukraine-Krieges den größten Teil seiner Geschäfte in Russland und Belarus bis Anfang Juli einstellen. Eine Ausnahme bilde das Geschäft zur Unterstützung der Nahrungsmittelproduktion. Denn der Krieg berge das Risiko, eine weltweite Nahrungsmittelkrise auszulösen. Bereits Anfang März hatte der weltgrößte Chemiekonzern bekanntgegeben, in den beiden Ländern keine neuen Geschäfte abzuschließen. 2021 belief sich der Anteil von Russland und Belarus am Gesamtumsatz der BASF-Gruppe auf rund ein Prozent.

Trotz Lieferengpässen wegen der Corona-Krise und des Ukraine-Kriegs konnte Puma im ersten Quartal sein Geschäft kräftig steigern. Der Umsatz des drittgrößten Sportartikelkonzerns der Welt stieg währungsbereinigt um fast 20 Prozent auf 1,91 Milliarden Euro, das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) legte um 27 Prozent auf 196 Millionen Euro zu.

Mercedes-Benz hat trotz eines Absatzrückgangs aufgrund von Produktionsausfällen seine Erträge erneut gesteigert. Hauptgrund ist die Luxusstrategie des Autobauers, der die Lieferprobleme mit höheren Preisen wettmachen kann. Das bereinigte Betriebsergebnis stieg im ersten Quartal im Vergleich zum hohen Vorjahresniveau um 19 Prozent auf 5,3 Milliarden Euro. Der Umsatz des seit Ende 2021 von der Lkw-Tochter Daimler Truck getrennten DAX-Konzerns kletterte auf vergleichbarer Basis um sechs Prozent auf 34,9 Milliarden Euro.

Der Energiekonzern Uniper hat im ersten Quartal einen deutlichen Verlust eingefahren. Ursache hierfür seien Einbußen im Gasspeichergeschäft und Wertabschreibungen von rund zwei Milliarden Euro vor allem wegen der vorerst gescheiterten Gaspipeline Nord Stream 2. Das bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) lag nach vorläufigen Berechnungen bei minus 830 Millionen Euro nach plus 731 Millionen Euro im Vorjahreszeitraum. Unter dem Strich wird ein Verlust von 615 Millionen Euro erwartet nach einem Quartalsgewinn von 594 Millionen im Vorjahr.

Die Aktie der Adler Group stürzte im SDAX auf ein Rekordtief. Auch nach der Sonderprüfung von Betrugsvorwürfen durch die Wirtschaftsprüfer KPMG blieben Fragen offen, schrieb Analyst Sander Bunck von Barclays. So habe die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) bestätigt, dass ihre Untersuchung fortdauert. Auch die Anleihen der Immobiliengruppe gerieten erneut unter Druck.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 27. April 2022 um 09:00 Uhr.