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Marktbericht

DAX verliert 0,8 Prozent Unsicherheit setzt der Börse zu

Stand: 08.06.2022 22:15 Uhr

Zur Wochenmitte präsentierte sich die Wall Street lethargisch, der deutsche Aktienmarkt unentschlossen. Morgen werden die Karten aber angesichts eines wichtigen Termins neu gemischt.

Seit Ende Mai kommen die Aktienmärkte auf keinen grünen Zweig mehr. Zu trübe ist das Gemisch aus Inflations- und Zinssorgen, dazu der weiter nicht enden wollende Krieg in der Ukraine. Ohne wirklich marktbewegende Neuigkeiten driftete die Wall Street zur Wochenmitte ins Minus, was Marktteilnehmer vor allem mit Inflationssorgen angesichts der steigenden Energiepreise begründeten. Der Dow Jones büßte 0,81 Prozent ein.

Die Technologietitel der Nasdaq hielten sich kaum besser. Der Nasdaq 100 ging nach einem Ausflug ins Plus 0,76 Prozent tiefer aus dem Handel.

Der deutsche Aktienmarkt folgte einem typischen Muster: Am Tag vor einer wichtigen Entscheidung sind die Investoren selten zu Käufen aufgelegt. Zu groß ist die Unsicherheit, vor dem Ereignis auf das falsche Pferd zu setzen. Der DAX verlor 0,76 Prozent.

Auf ihrer morgigen Ratssitzung in Amsterdam wird die Europäische Zentralbank (EZB) sehr wahrscheinlich die Zinswende in der Eurozone einleiten. Die Unsicherheit lauert aber in den Details: Wird die EZB die Märkte unmissverständlich auf die erste Zinserhöhung seit elf Jahren im Juli vorbereiten? Und wie wird sie die Konjunktur- und Inflationsentwicklung einschätzen? Das würde wiederum Rückschlüsse auf das Tempo der Zinserhöhungen erlauben. Die Märkte gehen derzeit davon aus, dass der Leitzins bis September um 75 Basispunkte angehoben wird.

Die EZB-Sitzung verspricht also deutlich mehr Klarheit in diesen Fragen. Entsprechend risikoscheu verhielten sich die Investoren.

Update Wirtschaft vom 08.06.2022

Anne-Catherine Beck, HR, tagesschau24

Der Euro blieb den ganzen Tag von der erwarteten Zinswende unterstützt. Bis zum Abend konnte er sich über der Marke von 1,07 Dollar halten.

Die Ölpreise zogen weiter an. Ein Fass der Nordseesorte Brent kostete am Abend knapp 124 Dollar. Unterstützung erhält der Ölmarkt derzeit auch von der weniger angespannten Corona-Lage in großen chinesischen Metropolen. Die dortigen rigorosen Lockdowns haben die chinesische Wirtschaft und den Welthandel stark belastet.

Zu den Zinssorgen gesellten sich auch heute wieder eher gemischte Konjunktursignale. Nach der neuesten Prognose der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) wird die Weltwirtschaft nur noch um drei Prozent wachsen und damit deutlich langsamer als noch im Dezember mit 4,5 Prozent erwartet.

Im nächsten Jahr dürfte die globale Konjunktur um 2,8 Prozent anziehen, nach bisher erwarteten 3,2 Prozent. Die Inflation dürfte in den OECD-Ländern in diesem Jahr auf 8,5 Prozent klettern und 2023 auf 6,0 Prozent abebben.

Trotz prall gefüllter Auftragsbücher kommt die Produktion der deutschen Unternehmen wegen Materialengpässen und des Krieges in der Ukraine nicht richtig in Schwung. Industrie, Bau und Energieversorger stellten im April zusammen 0,7 Prozent mehr her als im Vormonat, so das Statistische Bundesamt. Von Reuters befragte Ökonomen hatten mit einem kräftigeren Anstieg von 1,0 Prozent gerechnet.

"Vom Vorkrisenniveau sind die Unternehmen weiterhin deutlich entfernt", so Konjunkturexperte Jupp Zenzen vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK). "Aufgrund der Lieferengpässe und gestiegenen Preise ist es für viele Betriebe kaum möglich, ihre Bestellungen voll abzuarbeiten."

Papiere der Deutschen Bank, der Deutschen Börse und der beiden Versicherer Münchener Rück und Hannover Rück gehörten zu den größten Verlierern im DAX. Die Finanztitel reagierten dabei auch auf einen schwachen Gewinnausblick der Schweizer Großbank Credit Suisse.

In den meisten Filialen der Deutschen Bank soll es mittelfristig kein Bargeld mehr am Schalter geben. "In der Zukunft möchte ich kein Bargeld mehr in den Filialen anbieten, denn das Vorhalten von Bargeld verursacht Kosten", so der Chef des Privatkundengeschäfts in Deutschland, Lars Stoy. Die Hauptaufgabe der Filialen solle die Beratung der Kunden bei Anlagen und Hypotheken sowie bei Konsumkrediten und Versicherungen sein. Dann würden Filialen auch wieder profitabel sein. In den meisten Filialen wird es Scheine künftig nur noch aus dem Geldautomaten geben.

Hochtief will mit einer Blitz-Kapitalerhöhung über Nacht rund 400 Millionen Euro einsammeln und damit die Übernahme der australischen Tochter Cimic mitfinanzieren. Der Essener Baukonzern will gut 7,06 Millionen neue Aktien an institutionelle Investoren verkaufen und das Kapital damit um knapp zehn Prozent erhöhen. Der spanische Hochtief-Mehrheitsaktionär ACS sei bereit, entsprechend seiner Beteiligung von 50,4 Prozent mindestens die Hälfte des frischen Geldes beizusteuern, teilte der SDAX-Konzern am Abend mit. Hochtief hatte im Februar angekündigt, den außenstehenden Aktionären von Cimic ein Übernahmeangebot zu machen und damit die Konzernstruktur zu vereinfachen. Das kostet Hochtief 940 Millionen Euro, die zunächst über Kredite finanziert wurden. Knapp die Hälfte der Summe wollen die Essener nun bei Investoren einsammeln und damit die Schulden wieder abbauen.

Die Rüstungskonzerne Rheinmetall und Krauss-Maffei-Wegmann (KMW) arbeiten bei der Wartung von NATO-Fahrzeugen im Baltikum zusammen. Dazu wollen sie ein Gemeinschaftsunternehmen in Litauen gründen, an dem sie jeweils 50 Prozent halten. Die NATO hat im litauischen Rukla derzeit 1500 Soldaten stationiert, um das Bündnisgebiet gegen eine mögliche russische Aggression zu sichern.

Eine negative Erstbewertung der Berenberg Bank belastete die Papiere von Telefonica Deutschland, die um 9,5 Prozent absackten. Laut Analyst Usman Ghazi wird eine eigentlich gute Story der Aktie maßgeblich getrübt von Abwärtsrisiken für den Free Cashflow und der daher nicht nachhaltig abgesicherten Dividende. Anleger unterschätzten derzeit auch den Konkurrenzkampf mit Vodafone um Kunden.

Die Zara-Muttergesellschaft Inditex hat die Corona-Krise hinter sich gelassen und einen Gewinnsprung geschafft, trotz der Filialschließungen in Russland und der Ukraine. Im Zeitraum Februar bis April stieg der Nettogewinn um 80 Prozent auf 760 Millionen Euro. Der Umsatz wuchs im ersten Quartal des Bilanzjahres um 36 Prozent auf 6,7 Milliarden Euro. Damit hat der weltgrößte Fast-Fashion-Konzern mit seinen Marken Zara, Massimo Dutti, Bershka und Pull & Bear die Werte der Vorkrisenzeit des Jahres 2019 übertroffen.

Nach einem Presseinterview mit Verwaltungsratschef Stefan Kirsten erholten sich die Papiere der Adler Group um 7,8 Prozent. Kirsten stellte den Anlegern im Gespräch mit dem "Handelsblatt" bis zu 1,2 Milliarden Euro an Mittelzuflüssen aus Immobiliendeals in Aussicht. Im Mai war der SDAX-Titel mit 3,80 Euro auf ein Rekordtief gefallen.

Der Nutzfahrzeugzulieferer SAF-Holland nimmt einen neuen Anlauf, den schwedischen Bremsenhersteller Haldex zu übernehmen. SAF-Holland bietet 66 Kronen je Haldex-Aktie, das ist ein Aufschlag von 46,5 Prozent auf den Vortagesschlusskurs der Haldex-Papiere. Der Gesamtwert des Angebots liegt bei umgerechnet 307 Millionen Euro. SAF-Holland wollte das schwedische Unternehmen bereits vor sechs Jahren für rund 450 Millionen Euro übernehmen, blieb aber erfolglos.