Schild "Nasdaq"
Marktbericht

Verluste an der Nasdaq US-Anleger warten ab

Stand: 09.08.2022 22:27 Uhr

Wie zuvor schon in Europa, haben sich die US-Anleger vor den morgigen Preisdaten nicht mehr vorgewagt. Vor allem die zinssensitive Technologiebörse Nasdaq tendierte zur Schwäche.

Die US-Börsen sind heute mit Verlusten aus dem Handel gegangen. In Erwartung der morgen anstehenden US-Verbraucherpreise für Juli wagten sich viele Investoren nicht aus der Deckung. Eine starke Teuerungsrate würde die Zinssorgen der Anleger schüren, die zuletzt schon aus dem rasanten Stellenaufbau in den USA Signale für größere Zinsschritte der Notenbank Federal Reserve (Fed) herausgelesen hatten.

Während der Leitindex Dow Jones nur moderat 0,18 Prozent auf 32.774 Punkte abgab, ging es an der besonders zinssensitiven Technologiebörse stärker bergab. Der Composite-Index gab um 1,19 Prozent nach, der Auswahlindex Nasdaq 100 um 1,15 Prozent. Der breiter gefasste S&P 500 verlor 0,42 Prozent auf 4122 Zähler.

Eine hohe Inflationsrate nach dem überraschend starken US-Arbeitsmarktbericht in der vorangegangenen Woche könnte aus Sicht der Börsianer den Boden für weitere kräftige Zinserhöhungen bereiten. Händler gehen davon aus, dass die Fed die Zinsen im September mit einer Wahrscheinlichkeit von rund zwei Dritteln erneut um 75 Basispunkte anheben wird.

Ökonomin Tiffany Wilding vom Vermögensverwalter Pimco geht zwar davon aus, dass sich die Kerninflation ohne die schwankungsanfälligen Komponenten Energie und Lebensmittel im Monatsvergleich gegenüber dem alarmierend hohen Wert des Vormonats abschwächen wird. Die Expertin erwartet dennoch, dass eine feste Kerninflationsrate und steigende Lohnstückkosten die Stärke des zugrunde liegenden Inflationsdrucks bekräftigen werden.

Auf den Tech-Aktien lastete neben den Zinsängsten auch ein pessimistischer Ausblick des Speicherchipherstellers Micron. Denn dem Konzern machen eine schwächere PC-Nachfrage und die anhaltenden Lieferengpässe zu schaffen.

Für das vierte Geschäftsquartal bis Ende August rechnet Micron damit, dass die Erlöse entweder noch knapp an die Prognose von rund 7,2 Milliarden Dollar heranreichen oder leicht darunter liegen. Im Vorjahreszeitraum waren es noch fast 8,3 Milliarden Dollar. Micron-Papiere geben um 3,74 Prozent nach. In ähnlichem Ausmaß büßten auch die Rivalen Nvidia und Advanced Micro Devices an Wert ein.

Derweil hat US-Präsident Joe Biden ein Gesetz unterzeichnet, das die US-Halbleiterindustrie im Kampf gegen China und Europa mit rund 52 Milliarden Dollar subventioniert. Erst im Februar hatte die EU-Kommission das europäische Pendant, den "European Chips Act", auf den Weg gebracht. Auch Micron hat angekündigt, für 40 Milliarden Dollar investieren zu wollen.

Novavax brachen dramatisch über 29 Prozent ein, nachdem der US-Biotechkonzern seine Umsatzprognose für das Gesamtjahr halbiert hatte. Grund ist die mangelnde Nachfrage nach seinem Corona-Impfstoff, vor allem in ärmeren Ländern. Doch auch in den USA bleibt Novavax auf seinem Vakzin sitzen, das dort erst kürzlich für den Einsatz bei Erwachsenen zugelassen worden war.

Es gab die Erwartung, dass vor allem Impfskeptiker zugreifen, die den mRNA-basierten Mitteln von Moderna und Pfizer kritisch gegenüber standen. Doch bisher wurden in den USA gerade einmal etwas mehr als 7300 Dosen des sogenannten Totimpfstoffs von Novavax verabreicht.

Wiederkehrende Zins- und Inflationsängste haben heute den Risikoappetit der heimischen Anleger gebremst und vor den morgigen US-Preisdaten für den Juli bei so manchen wohl für ein mulmiges Gefühl gesorgt. Der DAX blieb den ganzen Tag über im Minus und schloss letztlich bei 13.534 Punkten um 1,12 Prozent tiefer und damit nahe seines Tagestiefs bei 13.514 Punkten.

Das Tageshoch lag am Morgen bei 13.715 Punkten. Die relativ große Handelsbandbreite von rund 200 Punkten ist ein Hinweis auf die derzeit hohe Nervosität am Markt. Auch der MDAX, der Index der mittelgroßen Werte, war unter Druck und mit 2,09 Prozent noch deutlicher im Minus als der Leitindex DAX. Er ging bei 27.270 Zählern aus dem Handel.

Thema des Tages war die Zinswende in den USA, die derzeit in vollem Gang ist. Allerdings wird heftig darüber spekuliert und diskutiert, in welchem Tempo und Ausmaß die Notenbank Federal Reserve (Fed)diese vorantreibt. Deshalb kommt den morgigen Preisdaten besondere Bedeutung zu. Die Fed hat keinen Zweifel daran gelassen, dass sie die zuletzt bei einer Rate von 9,1 Prozent liegende Inflation weiter entschlossen bekämpfen will und wird.

"Die US-Inflationsrate für den Juli dürfte wegweisend für die nächste Zinsentscheidung der US-Notenbank sein", sagte Portfolio-Manager Thomas Altmann vom Vermögensverwalter QC Partners. Experten erwarten im Mittel eine Juli-Inflationsrate von 8,7 Prozent, was zwar hoch wäre, aber eine abnehmende Dynamik anzeigen würde. In diesem Fall könnte der Markt positiv auf die Zahlen reagieren mit dem Argument, der Höhepunkt der Inflationsentwicklung sei überschritten.

"Was dem Aktienmarkt jetzt gut tun würde, wäre eine Entspannung an der Inflationsfront", sagte CMC-Markets-Analyst Jochen Stanzl. "Ohne ein Ende der steigenden Preise steht die Fed dank der starken Arbeitsmarktdaten wohl nicht vor einem Ende ihrer seriellen, schnellen Leitzinsanhebungen."

Update Wirtschaft vom 09.08.2022

Anne-Catherine Beck, HR, tagesschau24

Die europäische Gemeinschaftswährung hatte am Nachmittag die Marke von 1,02 Dollar deutlicher überschritten. Im US-Handel bröckeln die Gewinne aber wieder, der Euro kostet dort 1,0210 Dollar. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0234 (Montag: 1,0199) Dollar fest.

Die Ölpreise sind im Verlauf ins Plus gedreht, und legen letztlich noch moderat zu. Ein Barrel der Nordsee-Ölsorte Brent kostete rund 0,5 Prozent mehr als tags zuvor. Marktbeobachter begründeten die Preisentwicklung mit Meldungen, dass die Lieferung von russischem Öl über den Südstrang der Pipeline Druschba (Freundschaft) nach Ungarn eingestellt worden sei. Der Transit von russischem Öl nach Ungarn wurde nach Angaben aus Moskau gestoppt. Der russische Pipeline-Monopolist Transneft machte für den Lieferstopp die Ukraine verantwortlich.

Am Ölmarkt gingen Marktteilnehmer zuletzt von einer schwächeren globalen Wirtschaftsentwicklung und damit einer geringeren Nachfrage aus. Befeuert wurden diese Ängste immer wieder durch die zahlreichen Lockdowns in China. Seitdem schwanken die Preise auf niedrigerem Niveau.

Die Produktivität der US-Wirtschaft ist im Frühjahr erneut deutlich gefallen. Das Verhältnis von Produktion und Arbeitszeit fiel im zweiten Quartal auf das Jahr hochgerechnet um 4,6 Prozent, wie das Arbeitsministerium in Washington nach einer ersten Schätzung mitteilte. Analysten hatten im Schnitt mit dem Rückgang gerechnet. Im ersten Quartal war sie mit 7,4 Prozent allerdings noch deutlich stärker gefallen. Der Rückgang im Winter war der stärkste seit 1947.

Die Lohnstückkosten zogen in den Monaten April bis Juni auf das Jahr hochgerechnet um 10,8 Prozent an. Erwartet wurde nur ein Anstieg um 9,5 Prozent. Experten zufolge ist der deutliche Anstieg der Lohnstückkosten im zweiten Quartal ein Abbild des sehr engen Arbeitsmarktes in den USA. Der starke Anstieg der Lohnstückkosten dürfte auch den hohen Preisauftrieb befeuern.

Unter den 40 Einzelwerten im DAX gab es nur wenige Gewinner. Tagessieger waren Hannover Rück, die mit dem Konkurrenten Münchener Rück nach oben gezogen wurden. Auch die als defensiv geltenden Versorger und die T-Aktie lagen am Ende im grünen Bereich.

Tagesverlierer waren HelloFresh, schwach notierten auch Chiphersteller Infineon und Online-Händler Zalando. Auch Adidas gaben über drei Prozent nach. Firmenchef Kasper Rorsted gab Fehler im wichtigen chinesischen Markt zu, setzt aber auf dessen Erholung. Im zweiten Quartal war der Umsatz von Adidas in China um 35 Prozent eingebrochen, der zweitgrößte Sportartikelhersteller der Welt musste die Prognosen für 2022 deshalb jüngst zurücknehmen. Ein längerfristiger Ausfall von China als Wachstumsmarkt könnte die Umsatz- und Gewinnziele von Adidas für die Jahre bis 2025 in Frage stellen.

Zunächst mit Verlusten gestartet, gewann die Aktie der Münchener Rück am Ende rund 1,8 Prozent und gehörte damit gegen den Trend zu den größten Gewinnern im DAX. Die Analysten der UBS haben ihre Kaufempfehlung für den Rückversicherer trotz eines Gewinnrückgangs im zweiten Quartal bekräftigt.

Auf die Aktionäre entfiel in diesem Zeitraum ein Überschuss von 770 Millionen Euro und damit gut 30 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Vorstandschef Joachim Wenning rechnet für 2022 infolge der hohen Abschreibungen jetzt zwar mit einer geringeren Rendite auf Kapitalanlagen, peilt aber weiterhin einen Konzerngewinn von 3,3 Milliarden Euro an. Allerdings stehen die Ziele aus Sicht des Vorstands unter erhöhter Unsicherheit.

Die Conti-Aktie gehörte dagegen zu den Verlierern im Leitindex DAX mit einem Abschlag von über sechs Prozent. Der Autozulieferer und Reifenhersteller ist wegen gestiegener Kosten und Abschreibungen im zweiten Quartal in die Verlustzone gerutscht. Der Nettoverlust betrug 250,7 Millionen Euro nach einem Gewinn von 545,3 Millionen Euro vor einem Jahr. Der Konzernumsatz war wie bereits bekannt um 13 Prozent auf 9,4 Milliarden Euro gestiegen. Im Tagesgeschäft belasteten aber erhöhte Kosten für Energie, Beschaffung und Logistik das Ergebnis.

Der Flughafenbetreiber Fraport rechnet angesichts der starken Reisenachfrage mit einem höheren Verkehrsaufkommen in Frankfurt in diesem Jahr. Die Aktie gehört zu den Tagesgewinnern im MDAX. Dank des Passagieransturms in Frankfurt konnte der Konzern seinen Umsatz im zweiten Quartal auf 808,9 Millionen Euro fast verdoppeln. Vor Steuern und Zinsen verdiente das Unternehmen mit 223,2 Millionen Euro ebenfalls deutlich mehr. Fraport hat seine Beteiligung am Flughafen in Sankt Petersburg vollständig abgeschrieben. Die Wertminderung bedeute aber keinen Anteilsverkauf, so Fraport-Chef Stefan Schulte. Ein Verkauf der Beteiligung sei weiterhin bis 2025 ausgeschlossen. Fraport-Papiere legten im MDAX gegen den Trend zu.

Torsten Leue soll den Versicherungskonzern mindestens bis Mai 2028 führen. Der Aufsichtsrat habe seinen 2023 auslaufenden Vertrag vorzeitig um fünf Jahre verlängert, teilte das Unternehmen mit. Leue habe den Konzern sehr erfolgreich weiterentwickelt, sagte Aufsichtsratschef Herbert Haas, der Leues Vorgänger als Vorstandschef war. Der heute 56-Jährige war 2010 von der Allianz zu Talanx gekommen und war im Vorstand zunächst für das expandierende Auslandsgeschäft mit Privat- und Firmenkunden verantwortlich.

Der Foto-Dienstleister Cewe profitiert von Preiserhöhungen für seine Produkte. Im zweiten Quartal stieg der Umsatz deshalb, aber auch dank einer höheren Nachfrage um rund 13 Prozent auf 132 Millionen Euro. Der Betriebsverlust (Ebit) schrumpfte auf 4,3 Millionen Euro von zuvor 6,4 Millionen Euro. "Die wieder deutlich wachsende Zahl von Urlaubsreisen, von Feiern und Veranstaltungen schaffen aktuell zahlreiche Foto-Anlässe, die im Laufe des zweiten Quartals zunehmend unser Geschäft gestärkt haben", so Firmenchef Christian Friege. Cewe bestätigte den Ausblick, wonach die Erlöse im Gesamtjahr zwischen 680 und 740 Millionen Euro liegen sollen.

Auch dank einer regen Nachfrage nach Elektro-Pkw hat sich der für deutsche Hersteller sehr wichtige chinesische Automarkt im Juli weiter erholt. Die Autohändler des Landes verkauften mit 1,84 Millionen Fahrzeugen zwar etwas weniger als im Vormonat, aber gut ein Fünftel mehr als im Juli 2021, wie heute in Peking veröffentlichte Daten des Branchenverbandes PCA zeigen.

Dabei machten Elektrofahrzeuge mit 486.000 mehr als ein Viertel der Verkäufe aus. Der PCA rechnet daher nun für das Gesamtjahr mit einem Wachstum der E-Auto-Verkäufe auf 6 Millionen, nach bisher angestrebten 5,5 Millionen. Das wären dann doppelt so viele wie im Vorjahr - und dabei spricht der Verband noch von einer vorsichtigen Prognose.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 09. August 2022 um 09:05 Uhr.