Händler an der New Yorker Börse
Marktbericht

Sorgen um Credit Suisse Wall Street dämmt Verluste ein

Stand: 15.03.2023 21:32 Uhr

Kaum schienen sich die Märkte nach dem SVB-Schock zu stabilisieren, schreckte eine Nachricht von der Credit Suisse die Anleger auf. Der DAX stürzte um mehr als drei Prozent ab. Am Abend beruhigte sich die Lage etwas.

Es kommt nicht oft vor, dass das Börsengeschehen in New York von Vorgängen in Europa bestimmt wird. Heute war ein solcher Tag. Wie schon in Europa nahmen auch an der Wall Street Anleger die Nachrichten von der Credit Suisse zum Anlass, aus dem nervösen Markt auszusteigen. Der Dow Jones ging 0,87 Prozent tiefer aus dem Handel.

Die Technologiewerte kamen deutlich besser davon. Der Auswahlindex Nasdaq 100 drehte im Verlauf ins Plus und schloss 0,42 Prozent höher.

Weil der Großaktionär der kriselnden Credit Suisse, die Saudi National Bank, auf Nachfrage eine zusätzliche Unterstützung des Schweizer Instituts kategorisch ausschloss, stürzte die CS-Aktie in Zürich zeitweise auf ein Rekordtief. Die von "Bloomberg TV" gestellte Frage war allerdings rein hypothetisch, und der National-Bank-Chef erklärte zudem, dass die Credit Suisse gar kein zusätzliches Kapital benötige. Die staatliche Saudi National Bank hatte die Credit Suisse Ende 2022 mit einer Kapitalspritze gestützt und hält seitdem 9,8 Prozent der Aktien.

Am Abend erklärte die Schweizer Nationalbank, sie werde der Credit Suisse "im Bedarfsfall" Liquidität zur Verfügung stellen. Die Credit Suisse erfülle die an systemrelevante Banken gestellten Anforderungen bezüglich Kapital und Liquidität, teilten die Notenbank und die Aufsichtsbehörde Finma in einer gemeinsamen Mitteilung mit.

Was den am 22. März anstehenden Zinsentscheid der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) betrifft, wächst der Anteil derer, die angesichts der jüngsten Turbulenzen am Bankenmarkt ein Aussetzen des Zinserhöhungskurses erwarten. Laut dem Fed Watch Tool der Chicagoer CME erwarten aktuell rund 54 Prozent der Marktteilnehmer einen solchen Schritt. Die aktuellen Einzelhandelsdaten haben den Handlungsdruck der Fed immerhin nicht erhöht. Nach einem guten Start ins Jahr hat der US-Einzelhandel im Februar 0,4 Prozent weniger umgesetzt. Ökonomen hatten mit einem leichteren Rückgang gerechnet.

Der deutsche Markt konnte auf die Hilfszusage der SNB für die Credit Suisse nicht mehr reagieren. Im späten Handel hatten sich die Kursverluste noch einmal ausgeweitet. Der DAX beendete den Tag 3,27 Prozent tiefer, nachdem er bereits am Vormittag die runde Marke von 15.000 Punkten preisgegeben hatte.

Auch wenn Experten weiterhin keine Ausweitung der Pleite der kalifornischen SVB in eine größere Bankenkrise sehen, hatte die Nachricht zur Credit Suisse die Unsicherheit im Vorfeld des morgigen Zinsentscheids der Europäischen Zentralbank (EZB) deutlich erhöht. Viele Beobachter erwarten weiterhin eine Zinserhöhung der EZB von 50 Basispunkten. Eine zunehmende Zahl von Experten hält es aber auch für denkbar, dass die Währungshüter auf die aktuellen Turbulenzen mit einem kleineren Schritt reagieren.

Analyst Konstantin Oldenburger vom Handelshaus CMC Markets warf die Frage auf, wie die EZB ihre künftige Geldpolitik einem Finanzmarkt kommuniziere, "der durch die ersten großen Bankenzusammenbrüche in den USA seit Lehman Brothers ziemlich unter Stress steht. Hier werden die Investoren ganz genau hinhören".

Das Institut für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel rechnet wegen anhaltender Kaufkraftverluste der Verbraucher infolge der hartnäckig hohen Inflation nicht mit einem kräftigen Aufschwung in Deutschland. Die Wirtschaftsforscher hoben zwar ihre Wachstumsprognose für 2023 an, allerdings nur von 0,3 auf 0,5 Prozent. Zum Vergleich: Die Bundesregierung geht bislang nur von 0,2 Prozent aus. Für 2024 wurde die Prognose ebenfalls heraufgesetzt - von den im Winter erwarteten 1,3 auf nunmehr 1,4 Prozent.

Das ifo-Institut hingegen erwartet einen Rückgang beim Wirtschaftswachstum um 0,1 Prozent. Damit bestätigen die Münchner Konjunkturforscher ihre Prognose aus dem vergangenen Dezember. Für 2024 wurde die Konjunkturerwartung für Deutschland minimal nach oben geschraubt. Inzwischen geht das ifo-Institut von einem Wachstum von 1,7 Prozent im kommenden Jahr aus. Das sind 0,1 Prozentpunkte mehr als bei der Prognose im Dezember.

Update Wirtschaft vom 15.03.2023

Stefan Wolff, HR, tagesschau24

Am Devisenmarkt stand der Euro deutlich unter Druck. Dass nun mit der Credit Suisse auch eine kriselnde europäische Bank im Fokus stand, steigerte die Nachfrage nach dem vermeintlich sicheren Hafen Dollar. Am späten Abend notierte die Europäische Gemeinschaftswährung bei 1,0580 Dollar.

Die Ölpreise wurden den dritten Tag in Folge von den eingetrübten Konjunkturperspektiven angesichts der Turbulenzen am Bankenmarkt belastet. Rohöl der Nordseesorte Brent verlor bis zum späten Abend 3,5 Prozent 74,35 Dollar pro Barrel (159 Liter). Am Morgen hatten noch Konjunkturdaten aus China gestützt. Die Wirtschaftstätigkeit in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt zeigte in den ersten beiden Monaten des Jahres weitere Anzeichen einer Belebung.

Wie zu erwarten, standen Bankaktien angesichts der Nachrichten zur Credit Suisse ganz oben auf den Verkaufslisten. Deutsche Bank und Commerzbank lagen erneut mit starken Verlusten am DAX-Ende.

Die E.ON-Aktie stemmte sich mit einem leichten Plus gegen den Trend. Deutschlands größter Energieversorger will nach einem besser als erwarteten Jahr noch mehr Geld für seine Energienetze in die Hand nehmen. Bis 2027 sollen die Investitionen um rund sechs Milliarden auf insgesamt 33 Milliarden Euro erhöht werden. Für das laufende Jahr rechnet der Vorstand mit einem bereinigten Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) von 7,8 bis 8 Milliarden Euro. Den bereinigten Konzernüberschuss erwartet E.ON bei 2,3 bis 2,5 Milliarden Euro.

Am Abend teilte Siemens Energy mit, dass es trotz des weltweiten Kursrutsches an den Börsen über Nacht eine Milliardensumme an frischem Kapital einsammeln will. Die geplante Kapitalerhöhung um bis zu zehn Prozent ist der letzte Baustein zur Refinanzierung der gut vier Milliarden Euro teuren Komplettübernahme der angeschlagenen Windkraft-Tochter Siemens Gamesa. Die 72,6 Millionen Aktien dürften zu je 17,22 Euro platziert werden, das wären fünf Prozent weniger als die 18,23 Euro, mit denen Siemens Energy aus dem Xetra-Handel gegangen waren. Damit würde Siemens Energy 1,25 Milliarden Euro einnehmen.

Die amerikanische Telekom-Tochter T-Mobile US übernimmt den Billiganbieter Mint Mobile für bis zu 1,35 Milliarden Dollar. 61 Prozent der Summe soll mit Aktien, der Rest soll bar bezahlt werden. Der genaue Übernahmepreis sei davon abhängig, wie sich die Geschäfte innerhalb bestimmter Zeitfenster nach der Übernahme entwickeln werden. Der Zukauf dürfte nichts am Jahresausblick von T-Mobile US ändern, hieß es weiter. Damit will T-Mobile-Chef Mike Sievert etwas mehr auf den Tisch legen als das "Manager Magazin" Ende Januar berichtet hatte. Dort war noch von bis zu einer Milliarde Dollar die Rede gewesen. Mint Mobile gehört seit 2019 zum Teil dem kanadischen Schauspieler Ryan Reynolds und zielt auf besonders preissensible Kunden.

MorphoSys hat im vergangenen Jahr seine Verluste deutlich verringert. Analysten hatten mit einem deutlich schlechteren Ergebnis gerechnet. Der auf neue Krebstherapien spezialisierte SDAX-Konzern profitierte 2022 von höheren Umsätzen mit seinem Medikament Monjuvi sowie gestiegenen Lizenzeinnahmen. Der Konzernumsatz stieg um 55 Prozent auf 278,3 Millionen Euro. Den operativen Verlust konnte MorphoSys um 57 Prozent auf knapp 221 Millionen Euro reduzieren. Unter dem Strich fiel zwar noch ein Fehlbetrag von gut 151 Millionen Euro an, 2021 hatte das Biotech-Unternehmen allerdings noch einen Verlust von fast 515 Millionen ausgewiesen.

BMW stellt sich für das laufende Jahr auf Wachstum ein. Der Absatz dürfte insgesamt leicht zulegen, die Preise dürften stabil bleiben, so der Münchner Autobauer. Schon in den ersten beiden Monaten sei eine deutlich höhere Nachfrage nach Elektroautos zu spüren gewesen, insbesondere aus China. Bereits deutlich vor 2030 könnten mehr als die Hälfte aller verkauften BMW-Autos über einen vollelektrischen Antrieb verfügen, 2023 sollen es 15 Prozent werden.

Nach der Explosion der Kalipreise und einem Rekordjahr 2022 hat der Boom beim Düngemittel- und Salzhersteller K+S vorerst ein Ende. Die Kalipreise hätten sich nach der Überhitzung im vergangenen Frühjahr inzwischen deutlich normalisiert, sagte Vorstandschef Burkhard Lohr bei der Vorstellung der Bilanz. Der Umsatz dürfte deshalb 2023 sinken und das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) auf 1,3 bis 1,5 Milliarden Euro zurückgehen. Im vergangenen Jahr hatte sich das Ebitda dank der deutlich gestiegenen Preise für Kali auf 2,4 Milliarden Euro mehr als verdoppelt. Der Umsatz kletterte um 77 Prozent auf 5,7 Milliarden Euro.

Die Lufthansa-Aktie schlug sich besser als der Gesamtmarkt. Die Schweizer Großbank UBS hat den MDAX-Titel von "Neutral" auf "Buy" hochgestuft und das Kursziel von 9,30 auf 13,25 Euro angehoben. Analyst Jarrod Castle rechnet laut einer Studie von gestern Abend mit einer anhaltenden Erholung des Luftverkehrs und der Profitabilität.

Dagegen kehrten Anleger dem Chemiekonzern Lanxess aus dem MDAX nach einem enttäuschenden Ausblick auf das erste Quartal den Rücken. Für das erste Quartal erwartet Lanxess angesichts der weiter hohen Energiepreise einen Rückgang des bereinigten Ergebnis auf 180 bis 220 Millionen Euro. Damit liege der Konzern unter den Erwartungen, sagte ein Händler.

Die strengen Corona-Maßnahmen in China haben den Gewinn des taiwanischen Apple-Zulieferers Foxconn im vierten Quartal gedrückt. Unter dem Strich verdiente das Unternehmen 40 Milliarden Taiwan-Dollar (1,22 Milliarden Euro) und damit zehn Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Die Produktion von iPhones war vor Weihnachten und dem chinesischen Neujahrsfest im Januar unterbrochen worden, nachdem Tausende von Arbeitern pandemiebedingt die Foxconn-Fabriken im chinesischen Zhengzhou verlassen mussten.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 15. März 2023 um 09:00 Uhr in "Update Wirtschaft.